Michael Klinger und Marcel Fringer strahlen um die Wette. Der Gottmadinger Bürgermeister und der Gemeindepräsident von Thayngen haben den neuen Rhyhas schon vor dem offiziellen Start in Singen getestet. Denn zur Kick-Off-Veranstaltung mit geladenen Gästen aus Regierung und Politik reisten die Nachbarn selbstverständlich mit dem Rhyhas an. „Auf die Sekunde pünktlich“, schwärmt Fringer. „In beide Richtungen.“ Klinger bezeichnet diesen Tag als Glückstag.

Streckenchefin Alexandra Bernauer und Michael Jampen vom Bundesamt für Verkehr vor dem neuen Rhyhas kurz vor der Abfahrt in Singen.
Streckenchefin Alexandra Bernauer und Michael Jampen vom Bundesamt für Verkehr vor dem neuen Rhyhas kurz vor der Abfahrt in Singen. | Bild: Trautmann, Gudrun

Beide Gemeinden hatten in der Vergangenheit extrem unter zahlreichen Zugausfällen oder Kapazitätsengpässen auf der Strecke gelitten und unzählige Beschwerdebriefe an das Verkehrsministerium in Baden-Württemberg geschrieben. Dem Land gehört die Strecke. Als Betreiber von Netz 19 bekam die DB Regio ihre Probleme trotz aller Beteuerungen einfach nicht in den Griff.

Berufspendler und Schüler verloren das Vertrauen und wendeten sich von der Schiene ab. Die Bahn verlor immer mehr Kunden auf der Strecke. Schließlich hatte das Verkehrsministerium Baden-Württemberg als Besteller genug von der Misere und verhandelte über eine vorzeitige Vertragsauflösung.

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Bei der Neuausschreibung für die Strecke erhielt die SBB GmbH als einziger Bieter am 1. Juli 2022 den Zuschlag. Was danach begann, bezeichnen die neuen Betreiber als sportlich. Denn schon zum Fahrplanwechsel Mitte Dezember sollten die neuen Züge fahren.

Erst mussten Personal und Züge her

Der neue Geschäftsführer Gregor Frei spricht von einer großen Herausforderung, in so kurzer Zeit ausreichend Personal zu finden und die Fahrzeuge bereitzustellen. Allein die Teilnehmerliste aus Behördenvertretern und Politik an der Probefahrt von Singen nach Schaffhausen lässt erahnen, was für ein aufwendiger Prozess bis zum pünktlichen Start des neuen Rhyhas zu durchlaufen war. Allen Beteiligten war die Erleichterung am ersten Betriebstag anzumerken. Überall freudige Gesichter und ein reger Austausch über die Grenze hinweg.

Der Geschäftsführer der SBB GmbH Gregor Frei lauscht den Worten von Regierungsrat Martin Kessler.
Der Geschäftsführer der SBB GmbH Gregor Frei lauscht den Worten von Regierungsrat Martin Kessler. | Bild: Trautmann, Gudrun

Einen einfachen, grenzenlosen Verkehr wolle die SBB GmbH den Menschen diesseits und jenseits der Grenze bieten, verspricht Gregor Frei. „Dabei wollen wir uns mit einem neuen Qualitätskonzept profilieren und Bahnkunden zurückgewinnen“, so der Geschäftsführer. „Dazu gehört, dass wir eine Streckenmanagerin eingestellt haben, die sich ausschließlich um den Rhyhas kümmert.“

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Alexandra Bernauer ist das Gesicht des Rhyhas. Sie versichert, dass jede eingehende Beschwerde innerhalb von fünf Stunden beantwortet werde. Aber hier soll es ja nicht um Beschwerden gehen. Davon gab es in der Vergangenheit genug. Die SBB GmbH will ihre Nutzer mit einem integralen Halbstunden-Takt und Verlässlichkeit begeistern. Und zwar an sieben Tagen die Woche von 5.30 bis 0.30 Uhr.

Damit werde die S-Bahn auch zu einer kulturellen Verbindung, weil Theater- und Konzertbesuche leicht mit dem Nahverkehr machbar sind. „Unser Ziel ist es, bis 2030 die Zahl der Fahrgäste im öffentlichen Verkehr zu verdoppeln“, erklärt Alexandra Bernauer. „Unser Versprechen ist 98 Prozent Pünktlichkeit, so dass die Kunden ihre Anschlusszüge immer erreichen.“

Die Anzeigen an den Bahnhöfen verweisen auf den ersten Betriebstag des Rhyhas.
Die Anzeigen an den Bahnhöfen verweisen auf den ersten Betriebstag des Rhyhas. | Bild: Trautmann, Gudrun

Singens Oberbürgermeister Bernd Häusler und Michael Klinger zeigten sich über das neue Angebot im Namen der Nutzer erleichtert. Kurzfristig habe man die Befürchtung gehegt, dass sich der Kanton Schaffhausen aus der Co-Finanzierung zurückziehen könnte, falls die Leistung auf der Strecke sich nicht deutlich verbessern würde, sagte Häusler und verteilte Vorschusslorbeeren. Diese Gefahr sei mit der Vergabe an die SBB GmbH gebannt.

Schweizer Qualität auf deutschen Strecken

Michael Klinger richtete den Blick nach vorne. „Wir brauchen den öffentlichen Verkehr für die Mobilitätswende“, sagte er. Der Konstanzer Landrat Zeno Danner freute sich darüber, dass nun endlich – mit Beteiligung des Landkreises – „Züge in Schweizer Qualität auf deutscher Strecke fahren“. Ihm gefällt auch die Namensgebung: „Der Rhyhas passt gut in die Familie von Seehas und Seehäsle„.

Der Schaffhauser Regierungsrat Martin Kessler blickte ebenfalls in die Zukunft, und zwar auf die Jahre 2027/2028. „Wir wollen, dass die SBB GmbH die Strecke dann weiter betreiben kann“, sagte er. Und weiter noch: „Wir wünschen uns, dass das Angebot auf der Hochrheinstrecke vervollständigt und die Region an den Bodensee angeschlossen wird“.