Wer die erste diesjährige Fahrt der Etzwiler Museumsbahn mitmachen wollte, musste am vergangenen Sonntag, 5. September, recht früh aufstehen. Pünktlich um neun dampfte die Lok 527596, die die Eisenbahnfreunde Zollernbahn zur Verfügung stellten, mit fünf angehängten Wagen aus den 1950er-Jahren vom Bahnhof Singen in Richtung Schweiz mit dem Endpunkt Etzwilen los. Mit darin befanden sich fünfzig gutgelaunte und erwartungsvolle Fahrgäste.
Karl-Heinz Terlecki aus Singen freute sich, dass Fahrten mit dem historischen Zug jetzt endlich wieder stattfinden können. Der neunjährige Fabian, der mit Opa Alfred Pohl unterwegs war, outete sich als junger Eisenbahn-Nostalgiker mit einer großen Begeisterung für Dampfloks.
Eisenbahn weckt Erinnerungen
Und für den einen oder anderen Passagier waren die persönlichen Erinnerungen der Anstoß für die Fahrt: Gerhard Unmuth war beispielsweise Anfang der 1980er-Jahre Waagmeister bei der Deutschen Bundesbahn in Radolfzell. Zu seinen Aufgaben gehörte es, zusammen mit der SBB die Güterzüge auf der damals für den Warentransport noch offenen Strecke Etzwilen-Singen zu untersuchen.
Die Museumsbahn, deren deutscher Endpunkt lange Jahre der alte Bahnhof in Rielasingen war, kann seit August 2020 wieder in Singen einfahren. Das wurde damals mit einer Rundfahrt begangen, bei der allerdings die Loks gewechselt werden mussten. Die Dampflok, mit der die Rundfahrt in Schaffhausen startete, war zu schwer für die Überquerung der Hemishofer Eisenbahnbrücke – dem Höhepunkt der Museumsbahnfahrten.
Lok aus 1944

Dieses Problem gab es bei den insgesamt drei Retour-Touren der Etzwiler Bahn am Sonntag, 5. September, nicht: Mit einem Gewicht von 134 Tonnen konnte die Dampflok 527596 die Brücke problemlos überqueren. Das Bauwerk, das sich in einer Höhe von 25 Metern siebzig Meter weit über den Rhein spannt, ist übrigens als Denkmal von nationaler Bedeutung eingestuft.
Es handelt sich bei der Lok um eine sechsachsige Güterzuglok mit fünf gekoppelten Treibrädern Baujahr 1944. Diese sogenannte Kriegslok, wurde ab 1942 bis Kriegsende 7000 Mal gebaut.

Seit Kurzem zeichnet sich ab, dass die grenzüberschreitende Museumsbahnlinie Singen-Etzwilen für den öffentlichen Personennahverkehr reaktiviert werden könnte. Die Landesregierung hat das Potenzial verschiedener stillgelegter oder nur noch für den Museumsbahnbetrieb zugelassener Bahnstrecken überprüfen lassen. Diese Studie spricht der Strecke Singen-Etzwilen potenziell eine beträchtliche Nutzerzahl zu.
Eine Machbarkeitsstudie soll detailliertere Zahlen und Fakten liefern. Diese Überlegungen stoßen nicht überall auf Sympathie: Eine vorwiegend aus Anwohnern bestehende Bürgerinitiative hat sich gebildet. Im Gegensatz zu ihr würde der Verein zur Erhaltung der Bahnlinie Etzwilen-Singen eine Reaktivierung sehr begrüßen.
Stimmen zur möglichen Reaktivierung der Strecke
„Auf die Wiedereinführung des Personenverkehrs hinzuwirken, ist als Vereinszweck in unseren Statuten aus dem Jahr 2001 fest verankert“, sagt Werner Wocher. Bedenken, dass bei einem eng getakteten S-Bahnbetrieb die Fahrten der Museumsbahn eingeschränkt werden könnten, hat der Co-Präsident des Vereins nicht.
Das lasse sich durch entsprechende Absprachen vermeiden: „Für die Fahrten der Museumsbahn findet man bestimmt offene Zeitfenster.“ Stephan Birchmeier von der Museumsbahnstiftung SEHR&RS betont, dass die Trägerschaft offen für alles sei, jedoch keine Finanzierung leisten könne.

Was halten die Fahrgäste von einer Reaktivierung? Für Ralph Plennert aus Singen, der sich noch gut an die Stilllegung der Bahnstrecke erinnert, wäre eine Wiederinbetriebnahme perfekt: „Die Region würde besser vernetzt.“
Karl-Heinz Terlecki meint: „Wenn der Bedarf da ist, sollte man das machen.“ Der frühere DB-Waagmeister Unmuth sähe darin einen Beitrag zum Umweltschutz. Noch keine feste Meinung hat Alfred Pohl aus Arlen, einem Ortsteil von Rielasingen-Worblingen: Ob sie für die Gemeinde gut wäre, müsste man erst einmal noch abwarten, sagt er.