Die Teestube bekommt ein neues Quartier. Der Singener Gemeinderat hat in seiner jüngsten Sitzung entschieden, dass die Stadt ein neues Gebäude errichtet, das von der selbst organisierten freien Jugendeinrichtung genutzt wird. Realisiert werden soll es auf einem Grundstück an den Bahngleisen, das im Bereich hinter der Obdachlosenunterkunft an der Bahnhofstraße liegt. Gebaut werden soll eine abgespeckte Version dessen, was ursprünglich vorgesehen war. Kostenpunkt: 860.000 Euro nach heutiger Schätzung.
Die Stadtverwaltung hat sich allerdings auch nach Zuschüssen erkundigt. Man rechne mit Geld von Bund oder Land, sagte Stadtplaner Tilo Brügel in der Sitzung – zum Beispiel mit etwa 230.000 Euro aus dem Bundesprogramm Soziale Integration im Quartier, falls der Antrag erfolgreich sein sollte. Mit diesem Ratsbeschluss ist auch der Weg frei für das Sanierungsgebiet Scheffelareal. Denn dort liegt das bisherige Quartier der Teestube – und das muss dem Abrissbagger weichen, um Platz für Neubauten zu machen.

Bei Vertretern der Teestube sorgt der Beschluss für Freude. „Es ist eine total tolle Nachricht, dass die Gemeinderäte das genehmigt haben“, sagt Lara Fichtner vom Vereinsvorstand. Viele von der Teestube hätten auch bei der im Vergleich zum ersten Entwurf günstigeren Version des neuen Gebäudes nicht damit gerechnet, dass dieser Plan durchgeht, sagt sie. Denn: „Es ist immer noch eine ganze Menge Geld.“ Dafür sei man dem Gemeinderat sehr dankbar – ebenso wie den Mitarbeitern der Stadtverwaltung, mit denen die Teestuben-Vertreter viele Ideen entwickelt haben.
Kontroverse Diskussion im Gemeinderat
Dem Ratsbeschluss vorausgegangen war eine kontroverse Diskussion. Kritik kam von CDU und FDP. Hier wurden unter anderem die nach wie vor hohen Kosten genannt. Die ursprünglichen Pläne für den Neubau, die Vertreter von Stadtverwaltung und Teestube in Workshops entwickelt haben, hätten 1,4 Millionen Euro kosten sollen. Das hatte für breite Kritik unter den Gemeinderäten gesorgt, die Pläne wurden auf das jetzige Maß reduziert. Nun sprachen Hans-Peter Stroppa (CDU) und Christine Waibel (FDP) davon, dass durch steigende Baukosten wohl eher mit mehr als einer Million Euro für den Neubau zu rechnen wäre. „Das ist immer noch zu hoch bei einer kleinen Klientel“, sagte Stroppa. Waibel empfand diesen Betrag als „in keinem Verhältnis“ für einen Erwachsenentreff. Stroppa führte zudem an, dass er befürchte, die Teestube könne sich abschotten, wenn sie jetzt von der Straße entfernt liege.
Baupläne und Tag der offenen Tür
Andere Räte argumentierten für den Neubau. Markus Weber (Neue Linie) etwa sagte: „Wir brauchen die Vielfalt.“ Manche Menschen würden das Erscheinungsbild des Gebäudes an der Hauptstraße kritisieren, so Weber. Nun solle der Neubau abseits der Straße liegen und das sei auch nicht recht. Isabelle Büren-Brauch (Grüne) argumentierte, dass die Teestube eine wichtige Einrichtung in der Stadt sei, die viele Singener begleitet habe. Sie sei froh, dass der Bauplan reduziert wurde, aber beim Beschluss gehe es auch darum, ob man die Einrichtung in der Stadt haben wolle oder nicht.
Auch Stroppas Argument, dass ein großer Teil der Teestuben-Gänger gar nicht aus Singen komme, fand ein Echo. Regina Brütsch (SPD) sagte, dass viele der jungen Erwachsenen zwar nicht selbst aus Singen stammen würden, aber ihren Lebensmittelpunkt in der Stadt hätten. Silke Stockebrand (SÖS) sagte dazu, auch Besucher von Stadthalle und Gems kämen nicht alle aus Singen. Und schließlich herrschte bei manchen Gemeinderäten die Sorge, dass es mit dem Sanierungsgebiet Scheffelareal nicht weitergehen könnte, wenn die Teestube kein neues Quartier bekäme. Hubertus Both (Freie Wähler) merkte an, man könne nicht nach Gutdünken entscheiden, welche Einrichtung einem gefällt oder nicht.
Der Mietvertrag mit der Teestube sei inzwischen gekündigt, erklärt Lara Fichtner vom Vereinsvorstand. Allerdings dulde die Stadt, der das Gebäude inzwischen gehört, dass die Einrichtung noch weiter in dem Gebäude bleibe, was auch Stadtplaner Tilo Brügel bestätigt. Den WG-Bewohnern in dem Gebäude, die vor allem früher am Projekt Teestube teilgenommen und mit ihrer Miete zur Finanzierung der Einrichtung beigetragen haben, habe sie schon gekündigt, sagt Fichtner. Einer davon sei auch schon ausgezogen.
Ob die Teestube an ihrem jetzigen Quartier bleiben könne, bis der Neubau steht, sei aber noch nicht klar, erklärt Stadtplaner Brügel. Denn in den Zeitplan spielen auch Baupläne eines privaten Grundstückseigentümers hinein, die sich auch auf das städtische Teestuben-Grundstück erstrecken. Bei der Abstimmung gab es schließlich neun Gegenstimmen von CDU und FDP, 19 Ja-Stimmen und eine Enthaltung.