Die Fronten schienen noch im Oktober 2021 verhärtet: Der von der Stadtverwaltung als neuer Standort vorgeschlagene Platz hinter der Obdachlosenunterkunft in der Bahnhofstraße stieß bei den Verantwortlichen des selbstverwalteten Jugendtreffs Teestube auf kaum Gegenliebe. Zu wenig Platz, zu wenig Außenfläche, zu wenig Freiraum – die Teestube-Freunde riefen zum Protest auf. Doch jetzt scheint es, dass sich eine Lösung abzeichnet. Wie Oberbürgermeister Bernd Häusler auf Nachfrage schildert, würden sich die Pläne konkretisieren.
Dass die Teestube vom Scheffelareal weichen muss, steht schon seit Jahren fest. Doch jetzt liegt die Kündigung vor und ein neuer Standort wird konkreter. Der Zeitplan bis zum Umzug ist noch nicht genau terminiert, dies hängt auch mit dem Zeitplan beim Scheffelareal zusammen. Was aber feststeht: Das Haus wird abgerissen, weil das Scheffelareal zwischen Scheffel-, Bahnhof-, Haupt- und Hegaustraße saniert und mit neuen Wohn- und Geschäftshäusern bebaut wird.

„Wir versuchen eine Lösung zu finden, dass die Teestube eine neue Heimat findet“, betont Häusler. Von dem eigentlich von der Teestube favorisierten Plan, ein älteres Bestandsgebäude zu finden, habe man aber schnell Abstand nehmen müssen. „Da ist es außerordentlich schwierig, etwas zu finden, denn diese Häuser sind sehr schnell wieder vom Markt“, sagt er.
Nicht alle Gemeinderäte sind begeistert
Deshalb soll es jetzt ein Neubau werden. Kostenpunkt: 1,4 Millionen Euro. Zu viel für manche Stadträte, wie die jüngste Beratung über den Haushalt 2022 zeigt. „Die Umsiedlung der Teestube gibt uns augenblicklich etwas Denksport auf“, sagte etwa Dirk Oehle (Neue Linie). Die Wünsche der Jugendlichen seien sehr ausgeprägt, was sich in den Kosten widerspiegle.
Kirsten Brößke (FDP) wurde noch deutlicher. Sie stellte zur Debatte, ob es Aufgabe der Stadt sei, eine kleine Randgruppe so außerordentlich zu unterstützen. Es gebe viele Maßnahmen, etwa eine dreiteilige Sporthalle oder die Sanierung des Hallenbades, die höhere Priorität hätten. „Investitionen dieser Größe müssen auch dem Großteil der Bürger zugutekommen“, sagte sie. Die Diskussion um die Teestube entwickelte sich mit zum kritischsten Punkt in der Haushaltsdebatte, weshalb die für 2022 veranschlagten 640.000 Euro erst einmal mit einem Sperrvermerk versehen wurden. Dies bedeutet, das Projekt wartet noch auf Freigabe vom Gemeinderat.

Auch die Jugendtreffverantwortlichen selbst können die Einwände nachvollziehen. „Für uns sind die 1,4 Millionen Euro auch ein riesiger Batzen“, sagt Lara Fichtner vom Teestuben-Vorstandsteam. Sie hätten nicht gedacht, dass man sich in diesem Budget bewegen werde. „Wir haben keinen Neubau gefordert“, macht Fichtner deutlich. Auch OB Bernd Häusler macht angesichts der Baukosten deutlich: „Das Geld ist keine Investition in die Teestube, sondern in ein städtisches Gebäude, das die Teestube nutzt.“
So sehen die Pläne laut dem Teestuben-Team aus
In der Teestube selbst ist man froh, dass sich die Gespräche, die man mit der Stadt bereits seit fast zwei Jahren führt, positiv entwickelt haben. „Die Stadt ist uns wirklich sehr weit entgegengekommen“, sagt Lara Fichtner. Die Grundfläche des neuen Standortes habe sich in der Zwischenzeit beinahe verdoppelt. Zwei Gebäude sollen laut Fichtner in der Bahnhofstraße entstehen. Im ersten sollen die Wohngemeinschaft, ein Büro, der Gruppenraum samt Bühne und Theke entstehen. Im zweiten Gebäude sollen die Garagen, die Werkräume, der Umsonstladen und eine barrierefreie Dusche samt Toilette für Menschen ohne Wohnsitz untergebracht werden.

Zudem soll es einen überdachten Innenhof geben. Für OB Häusler ist vor allem die Lage des neuen Standortes ideal: Nahe der Innenstadt und am Bahnhof, aber weit genug weg von normaler Wohnbebauung. „Für einen Jugendtreff ist das eine gute Geschichte“, sagt er. Auch wenn es die Teestube irgendwann einmal nicht mehr geben solle, könne die Stadt das neue Gebäude anderweitig nutzen. Das sehen auch die Teestuben-Verantwortlichen so: „Ein toller Kompromiss, den wir zusammen mit der Stadt gefunden haben“, sagt Fichtner.
Wie geht es nun weiter?
Der Zeitplan für die Entwicklung des Scheffelareals ist laut OB Häusler streng getaktet. Eine Ausschreibung sei noch im Juli möglich. „Unser aller Ziel ist eine zeitnahe Umsetzung“, sagt er. Damit könnte der Bau 2023 starten. Dort wo jetzt noch Gewächshäuser und Garagen sind, sollen laut Häusler etwa 140 Wohnungen im Sanierungsgebiet Scheffelareal entstehen.
Der Mietvertrag der Teestube am bisherigen Standort endet laut Lara Fichtner zum 31. März. Danach greife eine monatliche Duldung durch die Stadtverwaltung bis der Neubau stehe, sagt Fichtner und ergänzt: „Wir sind zwar autonom, aber wir sind ein Teil von Singen.“ Laut Häusler solle ein nahtloser Übergang ermöglicht werden. Für den Neubau an der Bahnlinie rechne er mit einer Bauzeit von etwa neun Monaten. „Wir bauen dort keine Luxushütte“, betont er.