Stellen Sie sich vor, es ist der bislang heißeste Tag in diesem Kalenderjahr. Das Thermometer zeigt knackige 35 Grad Celsius an. Sie sitzen in einem Zug nach Stuttgart, haben den Bahnhof in Singen gerade verlassen und dann passiert das: Nur wenige Meter später – in der Nähe der ehemaligen Landesgartenschau – geht plötzlich nichts mehr. Über Stunden sitzen sie im Zug fest. So geschehen am vergangenen Montag in einem Intercity von Singen nach Stuttgart.

Einer der Fahrgäste im Zug ist Jürgen Lais aus Konstanz. Er wollte eigentlich entspannt mit dem Intercity (IC) nach Stuttgart zum Einkaufen mit einem Bekannten. Eigentlich. „Auf einmal ging es nicht mehr weiter“, sagt er. Erst nach rund drei Stunden wurden Lais und seine Mitfahrer aus dem defekten Zug gerettet.
Bereits bei der Einfahrt stockt der IC
Um 10.35 Uhr war der IC planmäßig aus Singen abgefahren, sollte um 12.43 Uhr in der Landeshauptstadt ankommen. Da die Antriebsmaschine plötzlich streikte, kam es dazu allerdings nicht. Und auch Tage nach der Hitze-Panne im IC ist Lais sauer. „Der Zug ist schon sehr stockend in den Singener Bahnhof eingefahren“, sagt Lais. Bevor der IC weiterfuhr in Richtung Stuttgart, sei der Zugführer ausgestiegen und um den IC herumgelaufen.
Danach ging die Fahrt immer wieder stückchenweise in Richtung Engen. „Wir sind immer ein paar Meter gefahren, dann stehengeblieben und das ganze wieder von vorne“, erzählt Lais. Irgendwann kurz nach Singen blieb der IC dann komplett liegen und es habe eine Durchsage gegeben, dass technische Probleme vorliegen.
Wie die Pressestelle der Deutschen Bahn auf SÜDKURIER-Nachfrage mitteilt, sei der Zug wegen einer technischen Störung an der Lok liegengeblieben. „Unser Fahrpersonal hat nach Start in Singen mehrfach versucht, die Fahrt fortzusetzen. Das Fahrzeug konnte aber die Antriebsleistung nicht mehr auf die Schiene bringen. Die Ursache dafür ist noch unklar“, heißt es dazu in der Stellungnahme der DB.

Für die Fahrgäste sei der unfreiwillige Stopp nur schwer auszuhalten gewesen. Zwar habe das Zugpersonal laut Jürgen Lais etwas Wasser ausgeteilt. „Doch frische Luft gab es kaum“, sagt er. Zudem sei immer wieder das Licht ausgefallen und die Lüftung habe sich verabschiedet. „Und es hat teilweise im Zug nach Kühlwasser gerochen“, so Lais weiter. Der Zug selbst sei pickepackevoll gewesen. „Mehrere Schulklassen, viele ältere Menschen und sogar Babies“, sagt Lais. Aussteigen sei nicht möglich gewesen, denn die Türen blieben geschlossen.
Die DB begründet diesen Sachverhalt in ihrer Stellungnahme wie folgt: „Die Örtlichkeit, an der der Zug zum Halten kam, ist schlecht zugänglich und hat sich zur Evakuierung der Fahrgäste nicht geeignet.“ Deshalb habe die DB eine Hilfslok angefordert, die den Zug zurück nach Singen gezogen habe. Dort sei der Zug laut DB etwa gegen 13.30 Uhr wieder eingetroffen, sodass die Fahrgäste ihre Reisen mit anderen Verbindungen hätten fortsetzen können.
Auch mit Blick auf die ausgefallene Belüftung sowie das Licht im IC decken sich die Aussagen von Fahrgast Lais und die der Deutschen Bahn nicht. So teilt die Pressestelle der DB mit, dass an an den Anschuldigung mancher Zuggäste nichts dran gewesen sei: „Während des Stillstands auf der freien Strecke war die Stromversorgung des Zugs dauerhaft gewährleistet – sowohl die Klima- als auch die Toilettentechnik waren nicht abgehängt.“
Schlussendlich gibt Lais entnervt auf
Jürgen Lais ist sich sicher: „Normalerweise hätte der Zug gar nicht losfahren dürfen.“ Als der IC dann endlich im Singener Bahnhof zurück gewesen sei, wollte der Konstanzer dennoch versuchen, nach Stuttgart zu kommen – so wie viele Fahrgäste auch. Aber auch daraus wurde nichts, denn bereits kurz nach dem Betreten des Ersatzzuges habe es auch dort technische Schwierigkeiten gegeben, die zu einer unbekannten Verspätung geführt hätten. „Zudem war dort so viel los, dass die Leute schon in den Gängen standen. Man hat uns dort quasi eingepfercht“, schildert der genervte Bahnkunde. Am Ende ist Jürgen Lais dann in Singen einkaufen gegangen. Nach Stuttgart ist er an diesem Tag nicht mehr gekommen.