Es war eine der heißesten Fragen in diesem Jahr in Singen: Wer wird den Wiederaufbau der Scheffelhalle architektonisch begleiten? Die Antwort auf diese Frage steht spätestens nach einem Bericht im SÜDKURIER fest: Ben Nägele und sein Geschäftspartner Alexander Kionka vom Büro Solar-System-Haus mit Sitz im Singener Stadtteil Friedingen heißen die beiden Planer. Vielen ist der Name Ben Nägele ein Begriff, denn es handelt sich um den gleichen Architekten, der auch an der Machbarkeitsstudie für die Sanierung der alten Scheffelhalle gearbeitet hatte.
Mit dem SÜDKURIER sprechen die beiden nun über den geplanten Wiederaufbau, ihre persönlichen Beziehungen zur alten Scheffelhalle und zum super-engen Zeitplan.
„Das ist kein Prestigeprojekt“
Schon beim Betreten des Besprechungsraum in Friedingen wird deutlich: Der Wiederaufbau der Scheffelhalle ist für Ben Nägele und Alexander Kionka kein Projekt wie jedes andere. Der Monitor zeigt ein illustriertes Bild der alten Scheffelhalle, wie sie vor dem verheerenden Brand an der Singener Aach stand. Daneben steht ein Flipchart mit dem Grundriss, auf dem Tisch liegen Skizzen, Pläne und Zeichnungen – überall steht das Wort „Scheffelhalle“.
Doch Alexander Kionka stellt gleich zu Beginn des Gesprächs klar: „Das ist kein Prestigeprojekt für uns, wir wollen uns nicht architektonisch verwirklichen. Uns geht es darum, den Singener die Scheffelhalle 2.0 zurückzugeben.“

Die Planer, die beide in Singen wohnen, sprechen von einem engen Handlungsrahmen, der ihnen mit auf den Weg gegeben wurde. Was sie damit meinen? Der Gemeinderat hat sich dafür ausgesprochen, dass die neue Scheffelhalle nach den historischen Plänen – aber als möglichst stützenfreier Holzbau – gestaltet werden soll. „Wir werden die Scheffelhalle aber nicht historisch eins zu eins nachbauen“, sagt Ben Nägele.
Vielmehr vergleicht er den Wiederaufbau mit einem Auto. „Es geht darum, wie bei einer Auto-Ikone eine Art Neuauflage zu schaffen, die sich am Original orientiert“, sagt er. Dazu gehören für ihn etwa die Empore mit den zwei Treppen, die beiden Bühnen, der prägende Giebel und die Dachform. „Wir werden dort keinen Flachdach-Kubus hinstellen“, verspricht er.
Dabei solle bewusst der optische Charme der alten Scheffelhalle aufgegriffen werden. Die Worte, die Nägele und Kionka dabei benutzten, passen zur Scheffelhalle, wie sie viele Singener in Erinnerung haben. „Die Scheffelhalle war ruppig und derb, aber hatte ihren unverwechselbaren Charakter“, sagt Nägele. Kionka wird deutlicher: „Ein Linoleum-Boden wäre unpassend.“ Vielmehr sollen die Baustoffe auch Gebrauchsspuren vertragen, ohne dabei künstlich oder billig zu wirken.
Machbarkeitsstudie ist ein Vorteil
Beim Wiederaufbau setzten Nägele und Kionka auch auf die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie aus dem Jahr 2020. Kionka vergleicht das mit einem 100-Meter-Rennen. „Wir sind warmgelaufen, wissen, wo der Startpunkt ist und warten jetzt auf den Startschuss für den Bau.“ Die Ermittlung der Grundlagen habe mit der Machbarkeitsstudie bereits stattgefunden. „Da können wir drauf aufbauen“, sagt Kionka.
Der Zeitplan ist eng – aber machbar
Und loslegen müssen die beiden Planer mit ihrem Team zügig. Denn der Zeitplan ist eng gestrickt. Die Stadt muss bis zum Jahr 2023 mit dem Wiederaufbau der Scheffelhalle begonnen haben, um den vollen Neuwert zu erhalten. Geschieht das nicht, würde die Versicherung lediglich den Restwert des Gebäudes begleichen, der wesentlich niedriger ausfallen würde. Zum anderen soll der Neubau, pünktlich zum 100. Geburtstag der alten Scheffelhalle, im Jahr 2025 wieder stehen.

Für Nägele und Kionka bedeutet das: Noch in diesem Jahr soll eine erste Entwurfsplanung stehen, danach folgt eine Kostenschätzung. Weiter geht es mit einem Baubeschluss, den der Gemeinderat fassen muss, sowie der Ausschreibung und Vergabe der Hauptgewerke – alles vor November 2023. „Das ist ambitioniert, aber machbar“, betont Nägele.
Aber eines dürfe nicht passieren: „Wir dürfen allerdings jetzt keine Zeit verschwenden. Für zehn Entwurfsvarianten haben wir keine Zeit“, so Nägele weiter.
Dass sie eine Halle für die Singener und Hegauer bauen, darüber lassen Nägele und Kionka keine Zweifel aufkommen. „Die neue Scheffelhalle soll und muss davon leben, dass sie häufig genutzt wird“, sagt Kionka. Ein besonders wichtiger Punkt sei hier etwa auch der Schallschutz. So könne es laut Kionka nicht sein, dass mit der Scheffelhalle ein neuer Veranstaltungsort entstehe, bei dem um 20 Uhr wegen zu viel Lärm Schluss sein müsse. Damit Nachbarn nicht von zukünftigen Veranstaltungen in der Scheffelhalle gestört würden.
Hinter den Baukosten steht ein Fragezeichen
In Sachen Baukosten halten sich Nägele und Kionka bedeckt. Da man sich erst in den Anfängen der Planung befinde, seien Zahlen nicht seriös. „Es wird von uns keine Zahlen geben, bevor wir nicht ausgiebig gerechnet haben“, betont Nägele.
Auch Oberbürgermeister Bernd Häusler gab sich jüngst gegenüber dem SÜDKURIER zurückhaltend: Wie teuer der Wiederaufbau am Ende werde, lasse sich aktuell nur sehr schwer abschätzen. „Wir wissen noch nicht, was uns die Halle am Ende kosten wird“, sagt der Singener Rathauschef. Laut Presseabteilung der Stadt sei eine Kostenprognose bei den derzeitigen Baukostensteigerungen schwierig. Für eine belastbare Aussage müsse zumindest ein Vorentwurf des neuen Gebäudes vorliegen. Aber einen Zahlenkorridor von fünf bis sieben Millionen Euro nennt Häusler dann doch.