Die Stadt Singen will bis 2035 klimaneutral werden. Hierfür hat die Stadt unterm Hohentwiel schon einige Hürden genommen: Es gibt ein Klimaanpassungskonzept, das Thema Wasserstoff treibt Stadt und Wirtschaft um und eine von der Stadtverwaltung entwickelte Entsiegelungspotenzialanalyse soll bei künftigen Projekten als Instrument dienen, um Flächen mit Entsiegelungspotenzial identifizieren zu können. Nun nimmt sich Singen der Wärmeplanung weiter an: Sie erteilt dem Betrieb Solarcomplex das Fernwärme-Wegenutzungsrecht für die beiden Gebiete Bruderhof und Musikinsel.

Seit dem Sommer 2023 hat die Stadtverwaltung in einem rund anderthalbjährigen Prozess gemeinsam mit dem Gemeinderat erörtert, wie die Wärmeplanung in Singen umgesetzt werden kann. Gemeinsam wurde dann entschieden, sich dem Markt ein Stück weit zu öffnen, der Interesse an der Umsetzung in der Stadt signalisiert hat, wie die städtische Klimaschutzbeauftragte Johanna Volz im Ausschuss für Stadtplanung, Bauen und Umwelt erklärte.

Das könnte Sie auch interessieren

Nun hat die Singener Firma Solarcomplex ein Fernwärme-Wegenutzungsrecht für fünf Jahre für die Gebiete Musikinsel und Bruderhof beantragt. Doch was genau bedeutet das? Wie Volz im Ausschuss erklärte, gehe ein Wegenutzungsrecht nicht mit einer Bau- und Lieferverpflichtung einher und es bestehe auch kein Exklusivrecht dadurch.

„Wenn es eine solche Verpflichtung gebe, dann würde man von einer Konzession sprechen. Daran sind aber die Energieversorger nicht interessiert, weil die Kundenakquise schwierig ist“, erklärte Johanna Volz. Daher habe man sich für ein Fernwärme-Wegenutzungsvertrag entschieden.

Größere Überschneidungen der Anbieter sollen vermieden werden

Mit den Wegenutzungsverträgen könne die Stadt zwar ein wenig steuern, wer wo Fernwärme ausbaut, damit die Gebiete nicht von Anbietern blockiert sondern über verschiedene Energieversorger verteilt werden. Die Stadt gehe davon aus, dass Mitbewerber bereits vergebene Flächen eher nicht beplanen würden. Doch theoretisch sei es möglich, dass mehrere Anbieter im gleichen Gebiet ein Wegenutzungsrecht bekommen. „Wenn nicht wichtige Gründe dagegen sprechen, können wir das nicht verweigern“, so Volz. Es gebe derzeit schon Überschneidungen, wenn auch wenige.

Johanna Volz leitet die Stabsstelle Klimaschutz und Klimaanpassung.
Johanna Volz leitet die Stabsstelle Klimaschutz und Klimaanpassung. | Bild: Susanne Gehrmann-Röhm (SK-Archiv)

Um aber größere Überschneidungen zu vermeiden, teile die Stadt den jeweiligen Anbietern, die sich bei der Verwaltung melden, transparent mit, ob bereits ein Mitbewerber in dem Gebiet unterwegs sei. Es obliege dann dem Anbieter, ob er dennoch Detailuntersuchungen dort anstreben wolle. Immerhin: „Es laufen mit verschiedenen anderen Anbietern Detailuntersuchungen in anderen Stadtgebieten“, gab Volz einen Ausblick.

Die Singener Firma Solarcomplex verfolge laut der städtischen Klimaschutzbeauftragten den Plan, im Jahr 2026 mit der Akquise zu beginnen. „Erst am Ende des Prozesses, wenn eine gewisse Quote erreicht ist und auch alle anderen Faktoren stimmen, kann das Projekt realisiert werden“, so Volz.

Das könnte Sie auch interessieren

Oberbürgermeister Bernd Häusler betonte, dass ein Wegenutzungsvertrag für ein Gebiet nicht automatisch bedeute, dass dort auch tatsächlich ein Wärmenetz entstehe. „Man braucht genügend Anschlusswillige, damit es sich für das Unternehmen rechnet.“ Das Unternehmen sei nicht gezwungen, ein Wärmenetz zu bauen und zu betreiben.

Walafried Schrott (SPD) betonte, dass es ein langjähriger Prozess sei, Fernwärme auszubauen. Daher sei es gut, dass man nun die Weichen dafür stelle, um dem Ziel der Klimaneutralität ein Stück näher zu kommen. „Das ist der erste Schritt zur Umsetzung.“

Walafried Schrott (SPD)
Walafried Schrott (SPD) | Bild: SPD (SK-Archiv)

„Wir haben das Glück, dass noch nicht so viele Kommunen so weit sind mit dem Thema, die Betriebe aber nach passenden Objekten für den Ausbau von Fernwärme suchen. Wir müssen jetzt den Vorsprung nutzen und den Betrieben dieses Wegerecht einräumen“, sagte Eberhard Röhm (Grüne).

Eberhard Röhm (Grüne)
Eberhard Röhm (Grüne) | Bild: Grüne (SK-Archiv)

Der Ausschuss stimmte dem Wegenutzungsvertrag für Solarcomplex geschlossen zu. Auch der Gemeinderat hat dem in seiner jüngsten Sitzung zugestimmt.