Der Eigentümerverband Haus und Grund wehrt sich weiterhin gegen den ersten Mietspiegel für Singen und Rielasingen-Worblingen. Über ihn soll am Dienstag im Singener Gemeinderat und am 21. Februar im Gemeinderat von Rielasingen-Worblingen entschieden werden.
Während Stadtverwaltung und Mieterbund den vom EMA-Institut erstellten Mietspiegel als korrekt und rechtens ansehen, will der Eigentümerverband, dass die Vermieter ebenfalls einbezogen werden. Eine Einigung gab es nicht, bei der Fortschreibung des Mietspiegels in zwei Jahren sollen laut der Tagesordnung des Gemeinderats die Daten aber neu erhoben werden. Dabei könnten dann die Vermieter einbezogen werden.
Auswirkungen auf den Mietmarkt
Haus und Grund widerspricht der Feststellung von städtischer Seite und aus dem Gemeinderat, dass der jetzt vorliegende Mietspiegel keine Auswirkungen auf den bestehenden Mietmarkt habe. Der Rechtsberater des Ortsverbands Singen-Hegau, Florian Zimmermann, Fachanwalt für Miet- und Wohneigentumsrecht, hat eine fachliche Einschätzung des Mietspiegels vorgenommen.
Zimmermann sieht durch den Mietspiegel hohe Mietrückforderungen auf die Vermieter zukommen. Da Singen die Mietpreisbremse gilt, dürfe die Miete bei einem neuen Mietvertrag nicht mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen, die durch den Mietspiegel festgelegt sei.
Beispielrechnung ergibt hohe Rückzahlungen
Der Mieter habe, wenn die Miete den Vergleichswert übersteige, das Recht, die zu viel gezahlte Miete vom Vermieter zurückzufordern. Aus einer von Haus und Grund Singen vorgelegten Vergleichsmiete für eine 3,5-Zimmerwohnung betrage die Miete 900 Euro, also 10,71 Euro pro Quadratmeter. Gemäß dem Mietspiegel-Entwurf betrage die ortsübliche Vergleichsmiete für diese Wohnung höchstens 8,10 Euro pro Quadratmeter. Der Mieter könne also, wenn eine Rüge innerhalb der 30 Monate erfolgt sei, für 30 Monate 4.546 Euro zurückverlangen, rechnet der Experte vor. Er müsse auch zukünftig nur noch 748 Euro pro Monat Miete bezahlen.
Die Vermieter seien dann in der Pflicht, erklärt der Haus und Grund-Vorsitzende Bernhard Hertrich, in einem aufwändigen Verfahren nachzuweisen, dass die Wohnung von den Ausstattungskriterien abweiche und besser sei. Dies führe nicht zum Rechtsfrieden, sondern zu Streitereien. Hertrich besteht weiter darauf, dass in einem Mietspiegel, die Vermieter einbezogen werden müssten, weil nur sie Auskünfte über zum Beispiel bauliche Maßnahmen machen könnten.
Nur Mieter zu befragen sei nicht üblich
Die Vermieter seien dann in der Pflicht, erklärt der Haus- und Grundvorsitzende Bernhard Hertrich, nachzuweisen, dass die Wohnung von den Ausstattungskriterien abweiche und besser sei. Dies führe nicht zum Rechtsfrieden, sondern zu Streitereien. Laut dem deutschen Mietspiegelreport 2022 sei außerdem nicht üblich, dass nur Mieter befragt würden, erklärt Hertrich. Eine Nachfrage bei anderen Ortsverbänden habe ergeben, dass diese den Mietspiegel abgelehnt hätten, weil sie nicht einbezogen wurden.
Der Mieterbund widerspricht dem erneut und dessen Vorsitzender Winfried Kropp erklärt, dass der Eigentümerverband es mit der Wahrheit nicht so genau nehme. In dem von den Eigentümern zitierten Mietspiegelreport seien auch Mietspiegel einbezogen, die auf Grundlage unwissenschaftlicher Datensammlungen erstellt worden seien. Auch die Sache mit den Rückforderungen hält Kropp für unrealistisch. Die Mietpreisbremse habe faktisch kaum Auswirkungen auf den Mietmarkt, weil es sich kein Mieter mit dem Vermieter verscherzen wolle, schon gar nicht bei Vertragsabschluss. Beim zitierten Beispiel sei die Miete völlig überhöht und verstoße gegen das Mietrecht. „Ich habe schon bei einigen Mietspiegeln mitgewirkt, aber so etwas wie mit dem Eigentümerverband in Singen hat keiner je erlebt“, sagt Kropp.