Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen, doch es sieht schlecht aus für den baldigen Bau einer neuen Kindertagesstätte in der Nordstadt. Der Gemeinderat stimmte in seiner jüngsten Sitzung dem Sparkonzept der Stadtverwaltung zu, in dem die Bruderhof-Kita im laufenden Haushaltsjahr mit 3,6 Millionen Euro der größte Einzelposten ist – die Gesamtkosten belaufen sich voraussichtlich auf sechs Millionen Euro. Zwar will man die Finanzentwicklung in kurzen Abständen im Auge behalten, doch selbst bei vorsichtiger Einschätzung ist von einer Verschiebung des Vorhabens um mindestens ein Jahr auszugehen.
PLan B heißt Pflichterfüllung
Oberbürgermeister Bernd Häusler verwies auf die durch Corana entstandene „brenzlige Situation der Stadt“ mit voraussichtlichen Einnahmeverlusten von mehr als 18 Millionen Euro. Er legte deshalb einen Plan B vor, der sich im Bereich der Kinderbetreuung als eine Beschränkung auf die Pflichtaufgaben zusammenfassen lässt. Konkret heißt das: Der Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz soll gewährleistet werden, wobei prinzipiell auch Plätze in einer etwas entfernteren Betreuungseinrichtung als zumutbar gelten. Sollten die Kapazitäten nicht reichen, sind beispielsweise Erweiterungen mittels Container-Modulen denkbar.
Erfolglose Lobby-Arbeit von Eltern
Vor dem Hintergrund der jahrelangen Debatte um die Bruderhof-Kita fiel die Zustimmung des Gemeinderats überraschend eindeutig aus – es gab lediglich zwei Enthaltungen. An der Akzeptanz des Verwaltungsvorschlags änderte dabei auch die Lobby-Arbeit von Eltern und deren Vertretungen im Vorfeld der Gemeinderatssitzung nichts. Im Gegenteil weckten sie bei einigen Stadträten den Widerstandsgeist.

Die FDP-Fraktionssprecherin Kirsten Brößke beispielsweise beschwerte sich über Inhalt und Tonfall in den Anschreiben der Elternvertretungen. „Die Aufgabe des Vorhabens fällt allen schwer, doch wir müssen uns für lange Zeit von Wunschkonzerten verabschieden“, so ihre Auffassung. Wichtig sei jetzt nur die Erfüllung des Rechtsanspruchs, von Zusagen für den Zeitpunkt der Projektumsetzung rät sie ab.

Isabelle Büren-Brauch dagegen kann die Empörung der Eltern verstehen. „Corona zeigt, dass Kinder und Familien keine Lobby haben“, sagte sie, „die Kinder sind die Verlierer der Krise.“ Bezogen auf die geplante Bruderhof-Kita erinnerte sie an den sich über zehn Jahre hinziehenden Kampf um den Neubau, der „jetzt relativ lässig dem Rotstift„ zum Opfer fällt. Die Grünen-Stadträtin stellte dabei einen Zusammenhang mit der erst jüngst gefallenen Ratsentscheidung zur „Luxussanierung“ des Kreuzensteinplatzes her.

Ähnlich äußerte sich Regina Brütsch. Seit Jahren begnüge man sich in der Nordstadt mit Provisorien, weshalb die Proteste der Eltern für die SPD-Fraktionssprecherin keine Unbotmäßigkeiten darstellen, sondern „lediglich die Not beschreiben“. Regina Brütsch sieht allerdings durchaus die Chance dass der Neubau nicht auf den Sankt-Nimmerleinstag verschoben wird. Sie geht von einem Nachtragshaushalt aus, über den dann Reserven zumindest für eine Teilfinanzierung des Projekts geschaffen werden könnten.