Sie geben sich am Telefon als Polizisten oder nahe Verwandte aus, um meist ältere Menschen zu verunsichern – und zu betrügen. Denn Opfer sind dann mitunter bereit, Bargeld oder Wertsachen zu übergeben. Kriminelle Trickbetrüger treiben auch im Hegau ihr Unwesen und passen ihre Vorgehensweise dabei immer wieder an. Wer sich der neuesten Maschen nicht bewusst ist, kann schnell selbst zum Opfer werden.

Das weiß auch Kriminalhauptkommissarin Heidrun Angele vom Polizeipräsidium Konstanz. Sie ist Expertin für polizeiliche Prävention und sieht, wie nicht nur Senioren vermehrt Opfer von Betrug werden. Sie kennt aber auch die Methoden der Täter und möchte vermitteln, wie diese vorgehen. Dazu hat sie in einem Vortrag vor dem Seniorenrat in Singen die häufigsten Maschen aufgezeigt und erklärt, wie man sich vor diesen schützen kann.

Achtung am Telefon

Oft werfen die Betrüger, die in der Regel aus dem Ausland arbeiten, einen Blick in die Telefonbücher. Dabei achten sie vor allem auf Namen, die vornehmlich bei Senioren verbreitet sind. „Wer seine Nummer im Telefonbuch stehen hat, sollte mit betrügerischen Anrufen rechnen“, sagt die Präventionsexpertin. Auch wer seine Nummer an anderer Stelle zu leicht herausgibt, könnte von Betrügern angerufen werden. Täter würden meist aus Callcentern aus dem Ausland agieren, um so viele Anrufe wie möglich an verschiedene Telefonnummern zu tätigen.

Kriminalhauptkommissarin Heidrun Angele hält im Seniorenrat einen Vortrag über Trickbetrüger und Täuschungsversuche am Telefon.
Kriminalhauptkommissarin Heidrun Angele hält im Seniorenrat einen Vortrag über Trickbetrüger und Täuschungsversuche am Telefon. | Bild: Amir Murati

Dabei handele es sich um ein Massenphänomen der organisierten Kriminalität. Um sich zu schützen, empfiehlt die Polizistin, unbekannte und ausländische Nummern zu meiden und diese nicht zurückzurufen. Unterdrückte Nummern seien häufig betrügerischer Natur.

Die wichtigsten Tipps der Kriminalhauptkommissarin:

  • Man sollte vermeiden, bei unbekannten, ausländischen oder unterdrückten Nummern ans Telefon zu gehen.
  • Die Polizei würde niemals nach Wertgegenständen oder Bargeld fragen.
  • Behalten Sie Ihre PINs und Passwörter immer für sich.
  • Wenn Sie glauben, dass sich am Telefon als jemand anders ausgegeben wird, sollten Sie auflegen und unter der bekannten Nummer zurückrufen.
  • Geben Sie Geld oder Wertgegenstände niemals an unbekannte Personen.
  • Holen Sie sich Hilfe bei Vertrauenspersonen und erstatten Sie Anzeige bei der Polizei.
Das könnte Sie auch interessieren

Panik durch Schockanrufe

Einmal angenommen, ist das nächste Ziel der Täter, die Angerufenen zu schockieren. In einer häufigen Masche geben sie sich als Kind aus, das in einen Unfall verwickelt war. Die Angerufenen sollten für die Kaution eine hohe Geldsumme zahlen, um Untersuchungshaft zu vermeiden. Angele betont: „So etwas wird man von der deutschen Polizisten niemals hören.“ In anderen Fällen täuschen sie eine finanzielle Notlage vor oder geben sich fälschlicherweise als Polizisten aus.

Um das Opfer weiter unter Druck zu halten, wird die Situation wiederholt als sehr dringlich dargestellt. Damit sich die Betroffenen auch keine sonstige Hilfe holen, werden sie zur Verschwiegenheit verpflichtet. Sobald das Opfer zum Zahlen bereit ist, wird eine Person angekündigt, die das Geld abholen soll – oder ein Übergabeort bei einem Gericht oder einem Polizeiposten vereinbart.

Das könnte Sie auch interessieren

„Opfer, die unter Schock stehen, denken dadurch, dass es sich wirklich um die Stimme ihres Kindes handelt“, erklärt Angele. Sie selbst kennt Fälle, bei denen Betroffene einen großen Teil ihres Vermögens verloren haben, und bedauert, dass sich manche Opfer nach so einem Betrug Vorwürfe machen und aus Scham keine Hilfe bei der Polizei suchen. Sie betont, dass sich jeder in einer Schocksituation überstürzt verhalten könnte. Menschen aus allen Schichten der Gesellschaft können betroffen sein. Ihr zufolge sollte man bei verdächtigen Anrufen sofort auflegen und selbst die Polizei unter 110 oder seine Verwandten unter der bekannten Nummer erreichen.

Das gleiche gilt für Nachrichten über das Handy, wenn Täter sich als Enkel oder andere Verwandte ausgeben, die die Opfer mit einem neuen Handy erreichen wollen. Daran schließen sich meistens Forderungen nach Geldbeträgen an. Generell empfiehlt die Polizistin, mit Verwandten immer persönlich über höhere Geldbeträge zu sprechen. Am Handy sollte man sich auch immer darüber vergewissern, mit wem man wirklich schreibt.

Diebstahl durch falsche Helfer

Heidrun Angele warnt vor allem vor falschen Polizisten. Bei dieser Masche werde das Opfer zuerst darauf hingewiesen, dass Einbrecher in der Umgebung aktiv seien und mit einem Einbruch zu rechnen sei. Danach komme die Frage, ob man Bargeld oder Wertgegenstände zu Hause habe. Bejaht man diese Frage, werde man angewiesen, diese Wertsachen vor der Haustür zu deponieren oder einem Polizisten in Zivil zu geben, der die Wertsachen abhole und aufbewahre. Was selbstverständlich frei erfunden ist: „Die Polizei bewahrt keine Wertgegenstände auf“, so Angele.

Das könnte Sie auch interessieren

In einem anderen Fall habe ein falscher Bankmitarbeiter unter einem Vorwand nach der PIN der Bankkarte gefragt. Im nächsten Schritt sei der falsche Mitarbeiter dann vorbeigekommen, um die Bankkarte mitzunehmen. „Die echte Polizei fragt selbstverständlich nie nach Bargeld oder Wertgegenständen und die Bank ihre Kunden auch nie nach dem PIN“, betont die Expertin für polizeiliche Prävention.

Die Anzahl der Betrugsmaschen ist praktisch endlos. Die Polizei warnt auch vor falschen Microsoft-Mitarbeitern, vermeintlichen Mitarbeitern der Deutschen Rentenversicherung oder angeblichen Beamten von Europol oder Interpol.

Enkel sollen sich Zeit für Großeltern nehmen

Claus Friberg, Vorstandsmitglied des Seniorenrats Singen, weiß wie beschämt betroffene Senioren sich fühlen können. Betroffene würden ihre Geschichten meist für sich behalten und sich nicht darüber austauschen. Er und Heidrun Angele würden alle Betroffene dazu ermutigen, mit ihren Fällen zur Polizei zu gehen und mit ihnen zu sprechen. Beide betonen, dass sich Opfer keine Vorwürfe machen sollten.

Das könnte Sie auch interessieren

Friberg bedauert vor allem, dass sich niemand Zeit nehme, die Funktionsweisen moderner Geräte ausführlich zu erklären: „Viele solcher Fälle wären vermeidbar, wenn sich Enkel etwas Zeit für ihre Großeltern nehmen würden, um die ihnen die Technologie näher zu bringen.“ Sein Seniorenrat biete auch allgemeine Hilfe bei Problem mit Computern, Handys und anderen Geräten an. Hier könne man sich auch Rat bei verdächtigen Nachrichten oder Links besorgen.