Der Bereich rund um den Singener Busbahnhof und das Einkaufszentrum Cano gilt immer wieder als Schauplatz von Auseinandersetzungen. Nicht zuletzt deswegen wird im Gemeinderat immer wieder über eine Videoüberwachung diskutiert. Doch nicht nur dort soll es zu Vorfällen gekommen sein: In den sozialen Medien tauchen immer wieder Meldungen auf, dass die Sicherheitskräfte im Cano ruppig zur Sache gehen sollen. Zuletzt hatte ein Hegauer mit einem Video heftige Vorwürfe gegen den Sicherheitsdienst im Einkaufszentrum sowie die Singener Polizei erhoben. Doch was ist an den Vorwürfen dran?
Laut Berat Ahmetoglu, neuer Leiter des Cano, arbeite das Einkaufszentrum seit der Eröffnung mit einem professionellen und zertifizierten Sicherheitsdienst zusammen. „Das Cano ist durch den zentralen Bahnhof und die belebte Innenstadt mit Herausforderungen konfrontiert, die auch in Großstädten anzutreffen sind. Dies ist normal und Teil des urbanen Lebens“, so Ahmetoglu. Die Sicherheitskräfte waren immer wieder gefordert, Ende 2023 gingen etwa mehrere Jugendliche vor dem Cano aufeinander los. In Relation zu den hohen Frequenzen und der Innenstadtlage seien größere Vorfälle allerdings die Ausnahme, betont Ahmetoglu.

Angesprochen auf die Kritik am Sicherheitsdienst gibt sich der Center-Chef gelassen: „Die Erfahrungen mit dem Sicherheitsdienst sind durchweg positiv. Der Sicherheitsdienst trägt maßgeblich dazu bei, dass das Center für Besucher und Mitarbeiter ein sicherer und reibungsloser Ort bleibt.“
Eine Nachfrage bei der Polizei in Konstanz ergibt allerdings: Allein seit Dezember 2024 liegen der Polizei drei Sachverhalte in Zusammenhang mit den Sicherheitskräften vor. „Dabei handelt es sich um Streitigkeiten und Körperverletzungsdelikte. Hier sind die Verfahren noch anhängig“, schreibt Polizeisprecherin Tatjana Deggelmann. Im Dezember gerieten zum Beispiel Sicherheitsdienst und Fahrradfahrer aneinander.

Dieser Hegauer erhebt heftige Vorwürfe
David Nachtigall ist einer der Hegauer, die augenscheinlich ein Problem mit der Sicherheitsmannschaft im Cano hatten. Er hat vor Kurzem ein Video in den sozialen Medien hochgeladen, in dem er schwere Vorwürfe erhebt – gegen die Cano-Sicherheitskräfte, aber auch die Singener Polizei. Im Gespräch mit dem SÜDKURIER schildert Nachtigall einen Vorfall vom Stadtfest Ende Juni 2024.
Nach einem verbalen Streit mit dem Sicherheitsdienst habe ein Mitarbeiter ihn nach eigener Aussage zweimal gegen die Brust getreten. Ein Mal im Inneren des Cano, das zweite Mal vor dem Einkaufszentrum. „Dort hängen zwei Kameras, die das aufgezeichnet haben müssen“, so Nachtigall.
Vor Gericht musste allerdings er sich verantworten und wurde nach eigenen Angaben wegen Beleidigung zu 600 Euro Geldstrafe verurteilt. Die Beleidigung habe er eingeräumt, hadere aber mit den Ermittlungen in diesem Fall. Denn exakt die zwei Minuten, die den Vorfall vor dem Cano hätten aufzeichnen müssen, seien nicht auf dem Video zu sehen. Nachtigall geht sogar so weit und beschuldigt die Polizei, die zwei Minuten vom Video gelöscht zu haben. „Ich habe deswegen eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den zuständigen Polizisten eingereicht“, so Nachtigall. Er wirft der Polizei zudem vor, das Verfahren verschleppt zu haben.
Das Dienstaufsichtsverfahren läuft
Eine Nachfrage beim Polizeirevier in Konstanz ergibt: Der Polizei ist das Video von David Nachtigall bekannt. „Die Ermittlungen wurden aufgenommen und dauern an“, teilt Polizeisprecherin Tatjana Deggelmann mit. Der Vorwurf, dass einer Dienstaufsichtsbeschwerde nicht nachgegangen worden sei, treffe nicht zu. „Die Beschwerde wurde Ende Oktober eingereicht und bearbeitet. Mittlerweile liegt der Vorgang bei der Staatsanwaltschaft, sodass keine weiteren Auskünfte erteilt werden können“, so Deggelmann weiter.
Ein Blick auf das Profil von David Nachtigall in den sozialen Medien zeigt: Das Video mit seinen Anschuldigungen ist nicht mehr online. Das begründet er damit, dass die Polizei ihm versichert habe, dass die Ermittlungen in seinem Fall nun laufen.
Ist der Fall von David Nachtigall ein Einzelfall? Der Centerleiter Berat Ahmetoglu schreibt dazu: „In Einzelfällen erreichen uns Rückmeldungen, die wir intern prüfen. Unser Ziel ist es, kontinuierlich hohe Standards zu gewährleisten, weshalb wir eng mit dem Sicherheitsdienst zusammenarbeiten und auf konstruktive Kritik reagieren.“
Das Cano pflege eine enge Zusammenarbeit mit der Stadt und den polizeilichen Behörden, um ein sicheres Umfeld für alle zu gewährleisten. „Sollte es Vorfälle geben, die ein Einschreiten der Polizei erfordern, unterstützen wir die Behörden proaktiv mit allen notwendigen Informationen.“ Das sorge für schnelle und transparente Lösungen. Ahmetoglu sagt aber auch: „Solche Fälle sind jedoch selten und stellen Ausnahmen dar.“
Und der Cano-Sicherheitsdienst schweigt
Für die Sicherheit im Cano ist die WSD Security mit Sitz in Winterbach bei Stuttgart verantwortlich. Der SÜDKURIER hat auch bei WSD um eine Stellungnahme zu den Vorwürfen gebeten. Die Redaktion wollte etwa wissen, was die Firma den Vorwürfen eines aggressiven und ruppigen Sicherheitsdienstes entgegne oder bei wie vielen Fällen die Sicherheitsmitarbeiter im Jahr 2024 im Cano eingreifen mussten. Als Antwort kam lediglich, dass WSD die Fragen der Redaktion nicht beantworten könne.