Im Tarifstreit des öffentlichen Dienstes (TVöD) fordern die Gewerkschaft Verdi, dbb beamtenbund und tarifunion die Erhöhung der Entgelte im Volumen von acht Prozent, mindestens aber monatlich 350 Euro für eine Laufzeit von zwölf Monaten. Was abstrakt klingt, betrifft etwa 1000 Mitarbeiter im Singener Rathaus – und weil deren Gehälter über Steuergelder erwirtschaftet werden, auch jeden Einwohner. Was die Tarifverhandlungen für die Stadt Singen bedeuten könnten, erklärt Stefan Mohr, persönlicher Referent von Oberbürgermeister Bernd Häusler, auf Nachfrage des SÜDKURIER.
Für die Stadtverwaltung würden die geforderten acht Prozent dann Mehrkosten in Höhe von 3,2 Millionen Euro mit sich bringen. „Andere Tarifverhandlungen haben aber gezeigt, dass der Abschluss wahrscheinlich einen niedrigeren Wert haben wird. Zudem ist die Laufzeit entscheidend“, teilt Mohr mit. Und er weist zur Einordnung an den Tarifabschluss der IG Metall Baden-Württemberg hin, der für viele Tariferhöhungen eine gewisse Vorreiterrolle habe. Dieser Tarifabschluss vom Dezember 2024 besagt zwei Prozent mehr Geld ab April 2025, weitere 3,1 Prozent mehr ab April 2026.
Aber nicht nur die Stadtverwaltung Singen würde durch eine erneute Tariferhöhung finanziell hart getroffen werden. Auch alle anderen Hegau-Gemeinden müssen mit höheren Kosten rechnen. Laut Bürgermeister Marcus Röwer (Volkertshausen) würde eine Tariferhöhung um stolze acht Prozent für die Gemeinde Mehrkosten von knapp 200.000 Euro pro Jahr bedeuten. Bürgermeister Holger Mayer (Hilzingen) spricht von jährlichen Mehrkosten von rund 520.000 Euro. Auch wenn sich die jetzige Runde am Abschluss der IG-Metall-Verhandlungen orientieren würde, rechnet Mayer vor: Eine Anpassung um etwa vier Prozent würde Mehrkosten beim Personal von rund 260.000 Euro pro Jahr mit sich bringen.
Wie wollen die Kommunen das finanzieren?
Aber irgendwoher muss das Geld kommen und die Finanzen der Kommunen werden knapper. Tariferhöhungen könnten daher auch unliebsame Folgen für das Personal im Rathaus haben – zumindest in Singen. „Es wurde im städtischen Haushalt 2025 keine Tariferhöhung eingepreist. Es muss mit der Fluktuationsmasse und dem Abbau von Stellen abgefangen werden“, teilt Stefan Mohr mit.
Bürgermeister Marcus Röwer betont, dass sich im Haushalt von Volkerthausen, der aktuell noch in der Beratung sei, eine Tariferhöhung von vier Prozent wiederfindet und die entsprechenden Haushaltsansätze dementsprechend um knapp 100.000 Euro erhöht wurden. „Wir gehen davon aus, dass das abschließende Verhandlungsergebnis nicht der aktuellen Forderung von acht Prozent zum Verhandlungsstart entsprechen wird. Wie umfangreich die Erhöhung tatsächlich ausfällt, wird voraussichtlich erst im März feststehen“, sagt er.
Gemeinden müssen schauen, was noch leistbar ist
Grundsätzlich sehen die Bürgermeister im Hegau die Tariferhöhungen als notwendig an, zeigen aber auch ein gewisses Maß an Besorgnis. Stefan Mohr schreibt etwa, dass Oberbürgermeister Bernd Häusler die deutliche Tariferhöhung 2023 aufgrund der hohen Inflation befürwortete. Bei der aktuellen Tarifverhandlung wäre für ihn hingegen eine moderate Erhöhung akzeptabler, so Mohr weiter.

Bürgermeister Marcus Röwer schildert indes ein weiteres Problem, das mit den Tariferhöhungen einhergehe: Gemeinden müssten dann den Gürtel enger schnallen. „Wir müssen das Geld dann bei den freiwilligen Leistungen, die eine Kommune zum Wohl seiner Einwohner erbringt, einsparen. Letzten Endes schmälert jede unumgängliche Kostensteigerung beim Personal und in anderen Bereichen den freien Gestaltungsrahmen der Kommunen, wenn Steuern und Zuweisungen nicht in gleichem Maße steigen. Das ist momentan leider der Fall“, so Röwer.
Die Kommunen müssten sich zunehmend auf Pflichtaufgaben beschränken und sich von nicht zwingend notwendigen freiwilligen Aufgaben mehr und mehr verabschieden.
„Tarife anzupassen ist grundsätzlich richtig, da die Beschäftigten gestiegenen Lebenshaltungskosten ausgesetzt sind. Gleichzeitig sind wir in einer Situation, in der alle staatlichen Ebenen mit schwächelnden Steuereinnahmen zu kämpfen haben“, betont der Rathauschef von Volkertshausen. Zudem sei die Lage auch in vielen anderen Branchen derzeit nicht rosig. Deshalb müsse das Tarifergebnis ausgewogen sein. „Ich habe Vertrauen darin, dass konstruktive Tarifverhandlungen ein angemessenes Tarifergebnis zutage fördern werden“, hofft er.