1,4 Millionen Euro. Für diese Summe bekommt man etwa 47 Mittelklasse-Autos vom Typ VW Golf, wenn auch in einer zugegeben günstigen Ausführung. Auch 2800 Spielkonsolen sind für diesen Betrag zu haben. Der Gesundheitsverbund Landkreis Konstanz (GLKN) hat diesen Betrag anders ausgegeben. Nämlich für die Trennung von Neurochirurg Aram Bani.

Denn so viel Geld muss vom GLKN an die Praxis von Bani fließen. Das schreibt Mirja Poenig, Richterin am Landgericht Konstanz und dessen Pressesprecherin, auf die Frage, wo das zivilrechtliche Verfahren zur Trennung von GLKN und Praxis Bani steht. Zur Zahlung dieses Betrages habe sich der GLKN im Rahmen eines Vergleichs verpflichtet, der Ende Januar vor dem Zivilsenat Freiburg des Oberlandesgerichts Karlsruhe geschlossen worden sei, wie Poenig weiter erklärt.

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Dieser Betrag beendet einen langwierigen Rechtsstreit, der sich im Kern um die Frage drehte, ob der GLKN den Kooperationsvertrag mit der Praxis Bani zu Recht vor Ablauf der regulären Frist gekündigt hat. Das geschah, nachdem der niedergelassene Arzt seinerseits den Vertrag über die neurochirurgische Rufbereitschaft gekündigt hatte – dies allerdings fristgerecht unter Einhaltung der sehr viel kürzeren Kündigungsfrist, die darin festgeschrieben war.

Keine Stellungnahme der beteiligten Parteien

Von den beiden Parteien gab es keine Stellungnahme zu dem Vergleich. Die Praxis Bani verweist darauf, man habe vereinbart, dass das Krankenhaus die Pressearbeit übernehme. Und Bernd Sieber, Geschäftsführer des GLKN, schreibt auf Anfrage, beide Seiten hätten Stillschweigen vereinbart. Auch auf Nachfrage wollte er die Summe weder bestätigen noch dementieren. Er betont in seiner Antwort aber, dass „sämtliche wechselseitigen Ansprüche abgegolten und damit der Streit beendet“ seien.

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Damit bleibt die Frage unbeantwortet, ob aus Sicht des GLKN der Vergleich mit dieser Summe angemessen ist. Immerhin findet der Vorgang vor dem Hintergrund einer problematischen Finanzlage des GLKN statt. Man dürfe aber davon ausgehen, dass alle Seiten das Für und Wider eines solchen Vergleichs intensiv abgewägt hätten, schreibt Sieber weiter.

Außerdem sei durch Abschluss eines Vergleichs „auch eine Grundlage für ein mögliches zukünftiges Miteinander gegeben“, denn im Gegensatz zu einem Richterspruch gebe es keine Gewinner und Verlierer. Sieber betont, dass seine Auskünfte zu diesem Thema im Einvernehmen mit der Praxis Bani erfolgten.

Rechtsstreit zwischen Krankenhaus und Land

Auch an anderer Stelle knirscht es beim Thema Neurochirurgie. Anhängig ist nämlich auch ein Rechtsstreit zwischen dem GLKN und dem Land Baden-Württemberg. Zur Erinnerung: Das Singener Krankenhaus beendete die Zusammenarbeit mit den beiden niedergelassenen Neurochirurgen Bahram Hashemi und Aram Bani, die für viele Jahre die neurochirurgische Versorgung der Patienten weit über die Region hinaus per Kooperationsvertrag sichergestellt hatten.

Bei Hashemi standen schwere, aber letztlich haltlose Vorwürfe dahinter, die dieser gegen mit dem Krankenhaus verbundene Ärzte erhoben haben soll. Der Vorgang habe das Vertrauensverhältnis zerrüttet, wie Sieber bei früherer Gelegenheit erklärte.

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Bei Bani führten Differenzen über die Ausgestaltung der Zusammenarbeit schlussendlich zum Bruch. Und ein Urteil des Bundessozialgerichts machte die bisherige Form der Kooperation mit einem niedergelassenen Arzt unzulässig. Danach hat das Krankenhaus diesen Teil der Versorgung selbst in die Hand genommen und mit Sven Gläsker einen eigenen Chefarzt für Neurochirurgie eingestellt.

GLKN will eigene neurochirurgische Hauptabteilung

Das Ziel des GLKN: der Aufbau einer eigenen Hauptabteilung. Dies hat das Sozialministerium des Landes nach dem Stand der SÜDKURIER-Recherchen allerdings mit dem Argument abgelehnt, das Land sei im Hinblick auf Neurochirurgie im Durchschnitt ausreichend versorgt. Der Gesundheitsverbund sieht das anders und reichte im August 2024 Klage beim Verwaltungsgericht ein.

Das Verfahren sei weiterhin anhängig, schreibt Sieber. Claudia Krüger, stellvertretende Leiterin der Stabsstelle Presse und Kommunikation beim Stuttgarter Sozialministerium, bestätigt das. Einen Termin vor dem Verwaltungsgericht Freiburg gebe es noch nicht, so Krüger. Darüber hinaus gebe man keine Auskünfte.

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Doch das Krankenhaus scheint entschlossen zu sein. Man habe „die Erlangung einer neurochirurgischen Hauptabteilung als klares strategisches Ziel des GLKN festgelegt“ und verfolge dieses „konsequent und mit Weitsicht“, so Sieber.

Von der Vorhaltung einer eigenen Hauptabteilung hängt auch ab, wie viele Leistungen das Krankenhaus in der Neurochirurgie anbieten und mit den Krankenkassen abrechnen darf. Neurochirurgische Eingriffe werden, dem Risiko entsprechend, sehr hoch vergütet – was dem Gesundheitsverbund als Ganzes zugutekommen dürfte.

GLKN ist zufrieden mit eigener Neurochirurgie

Mit der Entwicklung der derzeitigen Sektion Neurochirurgie, die zur Klinik für Unfall- und Handchirurgie gehört, sei man schon jetzt sehr zufrieden: „Wir haben innerhalb kürzester Zeit eine Abteilungsstruktur aufgebaut und bilden bereits Fachärzte aus“, so Klinikchef Sieber. Die Internetseite des GLKN weist neben Chefarzt Gläsker fünf Oberärzte und vier Assistenzärzte aus.

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Und auch in die ambulante Versorgung von Patienten in der Neurochirurgie steigt der GLKN ein. Man habe bereits im vergangenen Jahr einen neurochirurgischen Kassensitz dafür erworben und in das bestehende Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) des GLKN in Engen integriert, erklärt Sieber. Noch dieses Jahr solle dieser Kassensitz nach Singen verlagert werden.

Welche Bilanz zieht der Klinikgeschäftsführer nun aus den Vorgängen rund um die Singener Neurochirurgie, die mit der plötzlichen Schließung der Praxis von Bahram Hashemi im Juli 2021 begannen und nach wie vor nicht vollständig aufgearbeitet sind? „Wenn ich darauf zurückblicke, bleibt für mich die Erkenntnis, dass es richtig war, die gesamte Thematik stets offen mit dem Aufsichtsgremium zu besprechen und transparent zu informieren“, schreibt Sieber. Man werde auch künftig um Leistungsbereiche kämpfen, wenn man „inhaltlich, strategisch oder fachlich zutiefst davon überzeugt“ sei. Und er schließt: „Die Neurochirurgie ist ein relativ kleiner, aber sehr wichtiger Fachbereich – auch für den Erhalt unseres Traumazentrums.“