An der Beethoven-Gemeinschaftsschule in Singen werden zum ersten Mal Schüler mit dem Realschulabschluss verabschiedet. Drei Absolventen, Schulleiter Oliver Schmohl, Konrektorin Tina Tücking und Klassenlehrerin Julia Irion erzählen von ihren Erfahrungen und Eindrücken.
„Eigentlich wollten wir die 24 Absolventen gern in größerem Rahmen gebührend verabschieden“, sagt Tina Tücking. Doch die Corona-Krise lässt eine große Feier derzeit nicht zu. So werden die 24 Schüler am 24. Juli ihr Zeugnis in ganz kleinem Rahmen bekommen.
Nach den Ferien auf weiterführende Schulen
Lene Höxter, Angelina Colantuono und Fabian Gorzola (alle 16 Jahre) sind entspannt. Noch wenige Tage, und sie haben ihren Realschulabschluss in der Tasche. Für sie war die Wahl der Beethoven-Gemeinschaftsschule genau die Richtige. „Nun stehen mir alle Möglichkeiten offen. Es war auf jeden Fall die richtige Entscheidung“, sagt Lene Höxter. Nach den Sommerferien will sie an der Mettnauschule in Radolfzell am Sozialwissenschaftlichen Gymnasium im Profil Gesundheit und Pflege beginnen und in drei Jahren das Abitur machen.
Angelina Colantuono will ebenfalls am Sozialwissenschaftlichen Gymnasium, aber mit dem Profil Pädagogik und Psychologie das Abitur machen und Fabian Gorzola hat sich auf dem Technischen Gymnasium der Hohentwiel-Gewerbeschule im Profilfach Informatik angemeldet. „Für Lene, Fabian und Angelina war es wohl die beste Wahl, eine straighte Schulkarriere ohne Stolpersteine“, sagt Tina Tücking.
Unterricht auf drei Niveaustufen
Die Eltern der Drei haben sich vor sechs Jahren bewusst entschieden, ihre Kinder auf die Beethovenschule zu schicken. Seit dem Schuljahr 2014/15 ist sie eine Gemeinschaftsschule. Die Umstellung bedeutete, dass es nun eine Mischung aus Hauptschul-, Realschul- und Gymnasiallehrern in der Sekundarstufe gibt. Der Unterricht findet auf drei Niveaustufen statt, dem grundlegenden G-Niveau (Hauptschulabschluss), dem mittleren M-Niveau (Realschulabschluss), sowie dem erweiterten E-Niveau für den Weg zum Abitur. „Bis zum Ende der Klasse sieben können die Schüler noch zwischen den Niveaus wechseln“, so Tina Tücking.
„Regelmäßig finden sogenannte Lernstandsgespräche mit den Schülern und Eltern statt“, ergänzt Oliver Schmohl. „Über ihren Zwischenstand reden wir außerdem mit den Schülern bei den Coaching-Gesprächen“, sagt Julia Irion. Für den Unterricht bekommen die Schüler für jedes Fach Kompetenzraster, auf denen detailliert steht, was gelernt werden muss. Wer einen Lernjob erledigt hat, bekommt einen grünen Punkt.
Hausaufgaben sind eher die Ausnahme
„Wir lernen, uns ein Ziel zu setzen, bis wann wir einen Lernjob beendet haben wollen“, sagt Lene Höxter. Bis 16 Uhr sind die Schüler normalerweise in der Schule. Bis einschließlich der siebten Klasse können in der Schulzeit auch sämtliche Aufgaben erledigt werden. Wer allerdings als Profilfach die dritte Fremdsprache Spanisch wählt, wie Lene Höxter es gemacht hat, hat zuhause noch Arbeit, zum Beispiel mit dem Lernen von Vokabeln.
In Klasse acht wird bei einer Klassenlehrerkonferenz darüber gesprochen, welcher Weg für die einzelnen Schüler richtig ist. „Die spätere Entscheidung ist besser als schon nach Klasse vier“, sagt Oliver Schmohl. Er spricht aus Erfahrung, denn oft bekommt er Anrufe von Eltern, die ihr Kind von der Realschule oder vom Gymnasium zurück auf die Gemeinschaftsschule bringen wollen. Was dann gar nicht unbedingt einfach ist, auch wenn ein Schulplatz frei wäre. Ungefähr 50 bis 70 Anfragen bekomme er pro Schuljahr. Rückkehrer müssten dann eine Schnupperwoche machen, bevor sie aufgenommen werden.
Soziales Verhalten gehört um Lernprozess
„Wir legen sehr viel Wert auf das soziale Miteinander“, sagt Tina Tücking. Jeder Schüler bekommt für bestimmte Bereiche Verantwortung. So hat Lene Höxter Schülerstreitschlichtung und Mensadienst mit aufgebaut oder sich als Umweltmentorin engagiert. Angelina Colantuono hat eine Theater-Spiel-AG für Jüngere geleitet und Fabian Gorzola brachte sich als Schulsanitäter und in der Licht- und Tonhelfergruppe ein. Helferjobs seien mindestens einmal pro Schuljahr Pflicht, so Tücking.
Gut lief für die Zehntklässler auch die Prüfungsvorbereitung in Corona-Zeiten. „Weil die Schüler selbstständiges Arbeiten gewohnt sind, kam uns das auch beim Home Schooling zugute“, sagt Schmohl. „Die Schüler waren zwar mit dem Stoff durch, aber wir haben sie trotzdem nicht allein gelassen“, so Julia Irion. In kleineren Gruppen habe man sich über Skype verabredet. „Mir hat es Struktur für den Tag gegeben, wenn wir um 8.30 Uhr verabredet waren“, sagt Lene Höxter.