Die Zahlen einer Statistik und das Gefühl, das mit diesen Zahlen verbunden ist, sind oft zwei verschiedene Dinge. Das wurde deutlich, als Alexander Stachel, der Leiter des Singener Polizeireviers, die Kriminalstatistik des Jahres 2023 für Singen vorstellte.
Die blanke Zahl an Delikten, die auf dem Gebiet der Gemeinde Singen und ihrer Ortsteile begangen wurden, geht nämlich zurück – zumindest, wenn man die Verstöße gegen das Ausländerrecht herausrechnet, etwa illegale Grenzübertritte. Und das Niveau bleibt damit auch deutlich unter dem des Vor-Corona-Jahres 2019. In der Diskussion im Gremium ging es aber trotzdem größtenteils um das Sicherheitsgefühl in der Stadt, zu dem manche Gemeinderäte offenbar immer wieder angesprochen werden.
Diese Zahlen präsentierte der Polizeirevierchef
Die Zahl der Straftaten stieg zwar auf 4347 (2022: 4035). Wenn man Verstöße gegen das Ausländerrecht, etwa das Aufenthaltsgesetz oder das Asylgesetz, bei der Betrachtung außen vor lässt, sinkt die Zahl der Straftaten jedoch auf 3394 (2022: 3462). „Das liegt deutlich unter dem Vor-Corona-Niveau“, ordnete Stachel die Zahlen für das Gremium ein. Im Vor-Corona-Jahr 2019 verzeichnet die Kriminalstatistik 3751 Straftaten ohne Verstöße gegen das Ausländerrecht.
Bei den Körperverletzungen zeigt sich derselbe Effekt. Im Vergleich zu 2022 (297) ist der Wert 2023 zwar auf 355 angestiegen. Im Jahr 2019 verzeichnete die Polizei aber noch 433 Körperverletzungen in Singen. Stark verringert haben sich den Zahlen zufolge auch die Diebstähle. 1243 Diebstähle verzeichneten die Polizisten im Jahr 2023 (2022: 1293; 2019: 1400). Bei den Ladendiebstählen gab es eine Steigerung von 10,7 Prozent auf 591 Taten (2022: 534; 2019: 554). Stachel sagte dazu allerdings mit Bezug auf eine Stadt in der Größe von Singen, das seien nicht wirklich viele.
Auch bei den Wohnungseinbrüchen könne man auf sehr gute Zahlen blicken – „auch wenn jeder Einbruch schlimm und die Aufklärungsquote schlechte ist“, so der Polizeirevierchef. Unter dem Delikt Wohnungseinbruchdiebstahl verzeichnet die Polizei ganze 13 Taten (2022: 19), davon fünf am Tag (2022: sieben).
953 Verstöße gegen ausländerrechtliche Regelungen hat die Polizei 2023 ebenfalls verzeichnet (2022: 573). Die Zahl der unerlaubten Grenzübertritte sei zwar deutlich angestiegen (2023: 873; 2022: 484). Im Vergleich zu 2015 sei der Wert aber immer noch gering, erklärte Stachel. Schließlich zeigte Stachel noch Zahlen zu Drogenkriminalität in Singen. Es gebe keine bekannte offene Drogenszene in der Stadt, schickte er voraus. Auch in diesem Bereich sehen die Zahlen günstig aus. Für 2023 zählte die Polizei 264 Delikte (2022: 263). 2019 waren es aber noch 297.
Bei der Zahl der Tatverdächtigen (2023: 2889; 2022: 2497) hob Stachel die Zahl der tatverdächtigen Kinder unter 14 Jahren hervor, die 2023 bei 183 lag (2022: 159). Diese Steigerung hänge ebenfalls mit dem Ausländerrecht zusammen, denn auch Kinder kämen unerlaubt über die Grenze. Rechnet man Verstöße gegen das Ausländerrecht heraus, bleiben noch 1954 Tatverdächtige übrig, ähnlich viele wie 2022 (1940).
So wurden die Zahlen diskutiert
Mehrere Gemeinderäte machten in der Aussprache die gefühlte Sicherheit zum Thema. Hans-Peter Stroppa (CDU) hakte angesichts des Anstiegs bei den Körperverletzungen nach dem Sicherheitsgefühl nach. Stachel räumte ein, dass sich in der Innenstadt etwa rund ums Einkaufszentrum Cano immer wieder junge Menschen aufhalten würden, die sich nicht benehmen wie gewünscht. Die Polizei sei dort präsent, und zwar mit Fußstreifen, nicht mit Streifen im Auto. Doch das gehe wegen der Personalsituation nicht permanent.
Dietrich Bubeck (Grüne) berichtete aus dem Kommunalwahlkampf, man habe sich von einer älteren Dame Vorwürfe wegen der Sicherheitslage anhören müssen. Alexander Stachel konnte die Bedenken entkräften. Bei Körperverletzungen gebe es normalerweise keine wahllosen Angriffe auf Passanten und auch nicht auf ältere Menschen. Die Konflikte würden eher unter Jugendlichen ausbrechen. Eberhard Röhm (Grüne) sagte dazu, man habe nicht den gigantischen Zuwachs an Delikten, wie immer wieder behauptet werde.
Walafried Schrott (SPD) fragte in diesem Zusammenhang, ob die Menschen sensibler für Sicherheitsthemen geworden sind. Stachel antwortete, dass Zahlen und Gefühl mitunter nicht zusammenpassen. Dass es vor der Corona-Pandemie höhere Zahlen bei den Körperverletzungen gab, bedeute nicht, dass die Innenstadt ein gefährliches Pflaster gewesen sei.
In diesen Zusammenhang passte auch die Frage nach Videoüberwachung, die Franz Hirschle (CDU) stellte. Stachel hielt sich mit einer Bewertung zurück, da es sich um ein Thema der Stadt handle. „Wenn etwas Verwertbares herauskommt, nehmen wir das an“, sagte er aber auch noch. Das bestätigte Oberbürgermeister Bernd Häusler. Wenn etwas passiere, frage die Polizei nach Videomaterial. Die Videoüberwachung zu installieren, sei aber eine kommunale Aufgabe.
Doch es gab auch andere Themen, etwa Angriffe auf Rettungs- und Einsatzkräfte. Danach hatte Birgit Kloos (SÖS) gefragt. Im Bereich des Polizeireviers Singen gebe es zwar einen leichten Anstieg bei Angriffen auf Polizisten, so Stachel. Eine regelrechte Bedrohungslage gebe die Statistik aber nicht her. Wie man bei Drogendelikten im Vergleich dastehe, wollte Hubertus Both (Freie Wähler) wissen. Auf Landesebene seien diese Delikte um 5,4 Prozent zurückgegangen, sagte Alexander Stachel dazu. Für Singen weist die Statistik einen leichten Anstieg von einem Fall oder 0,4 Prozent aus. Und Dirk Oehle (Neue Linie) dankte Stachel stellvertretend für die Polizisten für Schutz und Präsenz.