In der Arbeitsgruppe Handel und Gastronomie wird lebhaft darüber gesprochen, wie man nach Ladenschluss mehr Leben in die Stadt bekommt. „Was mir fehlt, ist die Einstellung: Das ist meine Stadt, da mache ich was“, erklärt Claudia Kessler-Franzen vom Standortmarketing-Verein Singen aktiv bei der Auftaktveranstaltung zum Innenstadtentwicklungsprogramm 2040.

Singen aktiv organisiere immer wieder Veranstaltungen, wie das Sommer- oder das Adventsprogramm, das viele Menschen in die Stadt bringe. Doch es fehle an Eigeninitiative aus der Stadt heraus und der Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen. Hans Wöhrle vom Handelsverband sieht in der Gastronomie einen Schlüssel zur Belebung der Innenstadt abends und am Sonntag, wo zum Beispiel nur wenig Cafés geöffnet hätten.

Gastronom beklagt fehlende Gemeinschaft

„Es gibt unter den Gastronomen kein Miteinander, sondern eher ein Gegeneinander“, erzählt Alexander Schellhammer als Gründer der Gaststätte Zwölfe in der Scheffelstraße von seinen Erfahrungen. Von gemeinsamen Aktionen, wie einer Kneipennacht, könnten alle profitieren. Eine vielfältigere Gastronomie würde auch mehr Menschen abends in die Stadt locken.

Kitty Molnar, Centermanagerin des Cano, ist zum Thema Stadtbild der Meinung, dass Singens Innenstadt ein Wiedererkennungswert fehle. „Ich kann kein Konzept erkennen“, erklärt sie. Singen sei eine Patchwork-Stadt und es fehle ein einheitliches Stadtbild.

Den Stadtplan vor Augen: Teilnehmer der Auftaktveranstaltung Innenstadtentwicklungsprogramm Singen 2040 diskutieren, was in Sachen ...
Den Stadtplan vor Augen: Teilnehmer der Auftaktveranstaltung Innenstadtentwicklungsprogramm Singen 2040 diskutieren, was in Sachen Handel und Gastronomie verbessert werden kann. | Bild: Weiß, Jacqueline

Es kommen viele Anregungen und Ideen bei der sechsstündigen Auftaktveranstaltung im Bürgersaal zur Sprache, die federführend von der Singener Stadtplanung gemeinsam mit Singen aktiv organisiert und vom Stadtplanungsbüro Pesch und Partner aus Stuttgart umgesetzt wurde. Ideen wie Popup-Shops, Künstler oder kostenlose Beratungsangebote in leerstehende Geschäfte zu bringen, sind nur einige davon.

80 Teilnehmer sind alle Innenstadtakteure

Die rund 80 Teilnehmer sind Innenstadtakteure und kommen unter anderem aus dem Handel, der Gastronomie, von der Stadtverwaltung, der Kultur, aus dem Gemeinderat, dem Jugendkomitee und den Baugenossenschaften. Sie bringen ihre Perspektiven, Erfahrungen und Interessen zum Thema ein, wie sich die Innenstadt bis 2040 entwickeln soll.

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Ideen sind unter anderem im Bereich Mobilität, die Ekkehardstraße zu einer Straße nur für Radfahrer und Fußgänger zu machen, wenn sie nicht mehr Bundesstraße ist. Ein andere Idee ist, einen kostenlosen Ringbus in der Stadt einzuführen. In der Arbeitsgruppe öffentlicher Raum wurden über Wünsche nach mehr Sicherheit und Sauberkeit, Sitzgelegenheiten, Schattenplätze und Spielplätze in der Stadt und einer Umgestaltung des Ekkehardplatzes gesprochen.

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Im Bereich Wohnen und Gemeinschaft ging es zum Beispiel um bezahlbaren Wohnraum, gemeinschaftliches Wohnen nach dem Motto „mehr zusammen leben, als nebeneinander her“ und Grün im Wohnumfeld. Beim Thema Nutzung der Innenstadt wurde der Wunsch nach mehr gemeinschaftlichen Räumen und Angeboten, die von allen genutzt werden können, laut.

Viele Perspektiven dürfen einfließen

Für Patricia Menrad-Gräble vom Fachbereich Stadtplanung, die die Veranstaltung mit organisiert hat, ist die Diskussion mit unterschiedlichen Teilnehmern in der ersten Phase wichtig und spannend, weil dann viele Perspektiven einfließen. „Außerdem kann man einfach mal frei Ideen entwickeln, ohne zu fragen, was es kostet“, erklärt sie. Erst später müsse man sich Gedanken über die Umsetzung und Finanzierung.

Bereits das Innenstadtentwicklungsprogramm 2020 habe gute Ergebnisse hervorgebraucht, sagt sie und nennt als Beispiele die Hegaustraße, den Herz-Jesu-Platz oder den Bahnhofsvorplatz, die durch die Umgestaltung enorm an Aufenthaltsqualität gewonnen haben. Eine andere Beleuchtung, Sitzgelegenheiten und Begrünung seien Resultat des Programms. Claudia Kessler-Franzen sieht, dass Singen schon viel habe, was eine Stadt attraktiv macht. „Wir haben eine große Vielfalt an Geschäften und zum Beispiel die 15-Minuten-Stadt, das heißt, dass man in 15 Minuten alles erreichen kann“, erklärt sie.

Alexander Schellhammer von der Gaststätte Zwölfe wünscht sich mehr Leben in der Stadt.
Alexander Schellhammer von der Gaststätte Zwölfe wünscht sich mehr Leben in der Stadt. | Bild: Weiß, Jacqueline

Gastronom Alexander Schellhammer nimmt für sich von der Veranstaltung mit, dass es viele Ideen gibt, aber eine gewisse Planlosigkeit herrsche. Er wünscht sich ein lebendigeres Kneipenleben in der Stadt: „Früher gab es in Singen über 100 Kneipen.“ Es brauche übergreifende Konzepte, um mehr Leben in die Stadt zu bringen. Linda Kelmendi, Projektmanagerin für Integration bei der Stadt, findet, dass die Diskussion viele gute Ideen gebracht habe, aber wenig realistische Umsetzungsmöglichkeiten. Jeder vertrete seine eigenen Interessen und die seien zum Beispiel bei Händlern und Bewohnern in der Innenstadt sehr unterschiedlich.

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