Ein Krankenhaus zu leiten, war wohl noch nie ein Zuckerschlecken. Das Singener Krankenhaus hat derzeit aber ein besonders heikles Umfeld. Das Bundesgesundheitsministerium arbeitet an einer groß angelegten Krankenhausreform. Immer mehr Eingriffe sollen ambulant ohne Aufenthalt im Krankenhaus erfolgen. Und der Gesundheitsverbund Landkreis Konstanz (GLKN), zu dem das Singener Klinikum gehört, steckt im Umbruch. Verhandelt wird ein neues Medizinkonzept für die Kreiskliniken und der mögliche Neubau eines Krankenhauses im Bereich Hegau – den die Städte Singen und Radolfzell jeweils für sich reklamieren.

Vor diesem Hintergrund traf sich kürzlich der Singener Krankenhausförderverein zur Mitgliederversammlung – was einen Einblick ins Befinden am Krankenhaus gab. Landrat Zeno Danner war aus Konstanz angereist, um den etwa 25 versammelten Mitgliedern den Stand bei der Neuausrichtung des GLKN nahezubringen.

Einstige Kritikerin ist nun Vorsitzende

Und es gab einen Wechsel im Amt der Vorsitzenden. Ab sofort steht Veronika Netzhammer dem Verein vor, die von 1996 bis 2011 Landtagsabgeordnete der CDU für den Wahlkreis Singen war – eine Frau, die unter anderem als Singener Gemeinderätin gegen die Gründung des GLKN Ende 2011 angekämpft hat. Netzhammer löst Juliane Bani als Vorsitzende ab. Deren Ehemann, der niedergelassene Neurochirurg Aram Bani, ist derzeit im Rechtsstreit mit dem GLKN um das Ende der Kooperation zwischen seiner Praxis und dem Krankenhaus – was allerdings an dem Abend höchstens unausgesprochen eine Rolle spielte.

Vorstand und Beirat des Singener Krankenhausfördervereins (von links): Anita Stadelhofer, Frauke Soukop, Frank Hinder, Heinz ...
Vorstand und Beirat des Singener Krankenhausfördervereins (von links): Anita Stadelhofer, Frauke Soukop, Frank Hinder, Heinz Brennenstuhl, Petra Martin-Schweizer, Karl Mohr, Veronika Netzhammer, Andreas Trotter, Alexander Endlich, Franz Hirschle, Singens OB Bernd Häusler und Volker Steinecke. | Bild: Freißmann, Stephan

Netzhammer brachte sich nach Danners Vortrag in Position, zum Beispiel mit dem Appell, die Krankenhäuser in kommunaler Hand zu behalten – und dafür genug Geld vorzuhalten, um am Ende nicht doch noch auf einen Privatinvestor angewiesen zu sein. Auch die Gemeinden, die den Kreis mit ihrer Umlage finanzieren, hätten noch viele andere Aufgaben. Danner betonte, dass der Umbau des GLKN auch zum Ziel habe, die Krankenhäuser in kommunaler Hand zu behalten.

Neuer Vorstand und viele Kosten

Der Konstanzer Landrat Zeno Danner erklärt den Stand der Neuordnung am Gesundheitsverbund.
Der Konstanzer Landrat Zeno Danner erklärt den Stand der Neuordnung am Gesundheitsverbund. | Bild: Freißmann, Stephan

Der Landrat selbst hatte zuvor ein paar politische Botschaften mitgebracht. Zum Beispiel: „Es ist fest davon auszugehen, dass es einen Aufruhr geben wird, wenn das Grundstück ausgewählt ist.“ Denn eine der beiden Städte, die den Neubau gerne wollen, Radolfzell und Singen, wird am Ende leer ausgehen. Vier Grundstücke seien derzeit im Rennen, sagte Danner, nämlich die beiden von Radolfzell vorgeschlagenen Grundstücke, das von Singen vorgeschlagene Grundstück und auch die Fläche vor dem jetzigen Singener Krankenhaus – dieser räumte er aber wenige Chancen ein, ließ Danner durchblicken.

Ausrichtung für die Zukunft ist ein Balanceakt

Der Balanceakt der Verantwortlichen ist nun, den Verbund so für die Zukunft auszurichten, dass man auf alles vorbereitet ist, was Regierungspläne und der Trend zur ambulanten Medizin mit sich bringen könnten. Nicht zuletzt steckt auch die Frage des Geldes dahinter. Denn für das Mammutprojekt ist der Kreis auf Landeszuschüsse angewiesen. Da gelte es, möglichst zielgenau zu planen. Er selbst rechne mit 400 Millionen Euro für einen Neubau, so Danner. Die ersten Zahlen der Gutachter, die die Struktur des GLKN durchleuchtet haben, lagen laut Informationen vom März 2022 bei 270 Millionen Euro.

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Danner ließ auch eine Spur Angriffslust durchscheinen: „Wir werden mit dem Land diskutieren.“ Und bisher seien die Signale so, dass man Geld bekomme – nur die konkrete Höhe sei noch unklar. Das Argument des Kreises: Selbst wenn man sich im Bestand optimal aufstelle, käme ein jährliches Defizit von 14 Millionen Euro für den ganzen Verbund dabei heraus. 2021 lag das tatsächliche Defizit bei etwa 20 Millionen Euro und dieser Wert wird von den Verantwortlichen seither immer wieder genannt.

Die scheidende Vorsitzende des Singener Krankenhausfördervereins, Juliane Bani, mit dem stellvertretenden Vorsitzenden Frank Hinder.
Die scheidende Vorsitzende des Singener Krankenhausfördervereins, Juliane Bani, mit dem stellvertretenden Vorsitzenden Frank Hinder. | Bild: Freißmann, Stephan

Warum kam es überhaupt zu diesem Defizit, das den Landkreis zum Handeln zwingt? Und garantiert ein Neubau, dass es verschwindet? Das wollten Veronika Netzhammer beziehungsweise Vereinsmitglied Alfred Waibel wissen. GLKN-Geschäftsführer Bernd Sieber nannte mehrere Gründe für das Defizit. So würden die Kosten steigen, zum Beispiel wegen Tarifabschlüssen und Inflation. Der Landesbasisfallwert, der maßgeblich für die Abrechnung ist, halte dabei allerdings nicht mit.

Durch die Behandlung von mehr Fällen könne man das nicht mehr ausgleichen, da lege auch die Personaluntergrenzenverordnung fürs Pflegepersonal enge Grenzen: „Wir machen Betten dicht, um nicht deswegen Strafe zahlen zu müssen“, so der Geschäftsführer. Auch die Ambulantisierung reduziere die Zahl der stationären Fälle, und Mindestmengen regulieren, welche Behandlung überhaupt angeboten werden kann.

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Dass es mit einem Neubau kein Defizit mehr gibt, garantiere indes niemand, gab Landrat Danner freimütig zu. Aber würde man weiter im Bestand arbeiten, würde das Defizit mit Sicherheit nicht mehr verschwinden. Der Landrat kommt zu dem Schluss: „Nichtstun ist keine Option.“ Doch bis der geplante Neubau da ist, habe man in Singen ein sehr gutes Krankenhaus, betonte Beiratsmitglied und Arzt Franz Hirschle in der Diskussion.