141 Schüler besuchen aktuell die Wessenbergschule in Singen. 13 Klassen mit durchschnittlich zwölf Schülern gibt es im Sonderpädagogisches Bildungs- und Beratungszentrum mit dem Förderschwerpunkt Lernen (SBBZ). Und damit ist die Bildungseinrichtung picke-packe voll, wie Silke Hartleb gegenüber dem SÜDKURIER schildert. „Die Zahlen sind eine Hausnummer für unsere Schule“, sag die Leiterin der Wessenbergschule. Oder anders formuliert: In dem SBBZ gibt es zu wenig Räume für zu viele Schüler. In den vergangenen vier Jahren stieg die Schülerzahl von 97 auf aktuell 141 Schüler.
Großer Bedarf an Förderangebot
Und die Raumnot könnte sich zum Beginn des neuen Schuljahres 2022/23 noch einmal verschärfen. Denn aktuell würden laut Silke Hartleb 41 Überprüfungsfälle für eine Aufnahme zum Schulstart im September vorliegen. Sollte die Mehrzahl der Anträge genehmigt werden, und davon geht Hartleb aktuell aus, würden die Schüleranzahl noch einmal ansteigen.

Im Vergleich dazu würden laut Hartleb lediglich elf Schüler aus der neunten Klasse und neun Schüler aus den achten Klassen die Schule verlassen. Des Weiteren seien innerhalb eines Jahres 18 Schüler nach Singen zugezogen, die bereits einen festgestellten Förderbedarf Lernen gehabt hätten. „Damit bekamen wir auf einen Schlag über eine Klasse mehr“, so Hartleb. Denn ablehnen dürfe man als SBBZ die zugezogenen Schüler mit dem Förderschwerpunkt Lernen nicht. „Bis Ende März wissen wir, wie viele neuen Schüler neu dazukommen“, sagt sie.
Um der Raumnot Herr zu werde, müssen Schulleiterin Silke Hartleb und ihre Stellvertreterin Simone Riegger kreativ sein. So wurde bereits zu Beginn des laufenden Schuljahres eine Außenstelle bei der Freien Evangelischen Gemeinde nebenan errichtet. „Seit einem Jahr hat unsere achte Klasse dort ihr Klassenzimmer“, sagt Riegger. Es sei sehr hilfreich gewesen, dass man dort untergekommen sei. Ein Aber bleibt dennoch. „Damit ist uns geholfen, aber ideal ist es natürlich nicht“, so Riegger weiter. Kurzerhand wurde zudem das Betreuungszimmer aufgegeben und in ein Klassenzimmer umgewandelt. „Das neue Betreuungszimmer ist jetzt im ehemaligen Schwarzlichtraum im Keller“, ergänzt Hartleb.
Situation könnte sich verschärfen
Für die Schulleitung heißt es nun erst einmal abwarten. Ende März würden laut Rektorin Silke Hartleb die exakte Anmeldezahlen für das neue Schuljahr vorliegen. Was für sie aber auf keinen Fall in Frage komme, sei die Umnutzung etwa von Fachräumen für Kunst oder Musik, um dort weitere Klassen unterzubringen. „Unsere Kinder haben oft Misserfolge, die wir in diesen Nebenfächern auffangen können“, so Hartleb.
Erweitern wird schwierig
Bei der Stadt Singen weiß man um die Problematik. Laut Bürgermeisterin Ute Seifried sei die Nachfrage an der Wessenbergschule in den vergangenen drei Jahren stark angestiegen. Davor habe man eher einen Rückgang registriert. „Wir haben davor viele Schüler in den normalen Schulen durch die Inklusion behalten“, so Seifried.
Ein Blick in de Zahlen gibt ihr Recht: In den vergangenen vier Jahren stieg die Schülerzahl an der Wessenbergschule von 97 auf aktuell 141. Deshalb braucht es aktuell 13 statt damals neun Klassenzimmer. Bis 2019 hätten sich die Schülerzahl auf einem relativ gleichbleibendes Niveau mit neun Klassen bewegt. 2021 sei man sprunghaft auf elf Klassen und 2021/2022 auf 13 Klassen gestiegen. „Wenn wir die Klassen größer machen, befürchten wir, dass wir dann auf die Kinder nicht mehr einzeln eingehen und sie gezielt fördern können“, so Seifried.
Nur ein Drittel der Schüler kommt aus Singen
Der Grund für die steigenden Zahlen sind laut Seifried unterschiedlicher Natur. „Wir haben steigende Zahlen, nicht nur bei den Flüchtlingen. Ein Drittel der Kinder kommt von außerhalb. Es kann nicht mehr nur Aufgabe von Singen sein“, sagte sie weiter. Auch andere Sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentren würden steigende Schülerzahlen verzeichnen. Viele Kinder hätten auch eine Entwicklungsverzögerung im Bereich Sprache. „Aber uns ist natürlich schon bewusst, dass nicht jede Kommune ein eigenes SBBZ leisten kann“, so Siefried weiter. Sie hoffe nun, dass der Höchstwert der Schülerzahlen nun erreicht sei. Aber sicher sei sie sich nicht.
Was für die Stadt Singen absolut nicht in Frage komme, sei Schüler gerade aus den Umlandgemeinden abzulehnen, so Siefried. Obwohl die Stadt als Schulträger dazu in der Lage wäre – gerade jetzt, da es so eng im Gebäude werde. „Die Kinder brauchen diese Art von Schulform“, betont sie. Aber es stelle sich die Frage, ob die Stadt anbauen müsse, sollt sich die Zahlen weiter nach oben entwickeln.
Ein Anbau ist grundsätzlich realistisch
Das sei laut Seifried grundsätzlich möglich, etwa indem man auf das jetzige Gebäude aufstocke oder im hinteren Bereich der Schule einen erneuten Anbau realisiere. „Aber eine Schule braucht auch ein gutes Außengelände und das wollen wir den Kindern eigentlich nicht wegnehmen“, so Seifried. Die Schule wurde zuletzt 2017 erweitert. Eine weitere Möglichkeit: Der Landkreis übernehme die Schulträgerschaft. „Weil eben viele Kinder aus dem Umland kommen.“ Dazu würde man Gespräch mit dem Landkreis suchen, sollte sich die Raumsituation nicht entspannen.
Ein Zusammenhang, der nicht für die steigenden Schülerzahlen an der Wessenbergschule verantwortlich ist, sei laut Seifried die Schließung der Pestalozzi-Schule vor einigen Jahren. „Die Zahlen damals haben die Schließung absolut gerechtfertigt“, betont sie auch angesichts der aktuellen Zahlen.