Wenn von der Gemeindereform in den 1970ern die Sprache ist, fällt manchmal das altmodische Wort Mitgift. Diese fiel im Fall der Hochzeit von Stockach und Hindelwangen 1971/72 hoch aus: „Hindelwangen war eine flächenreiche Gemeinde“, erzählt Wolf-Dieter Karle, der 1974 Lehrer in Stockach wurde und seit 1994 Ortsvorsteher von Hindelwangen ist. Stockach habe im Vergleich dazu wenig gehabt. Die Gemarkung Hindelwangen grenze an Wahlwies und Nenzingen sowie an Zoznegg in die andere Richtung. Hindelwangen umklammere die Kernstadt von Stockach.

Die Stadt Stockach und die Gemeinde Hindelwangen waren die ersten, die im damaligen Landkreis Stockach zusammenwuchsen. Im Lauf des Jahres folgten weitere Zusammenschlüsse, bis Stockach am Ende neun Ortsteile gewonnen hatte: Nach Hindelwangen erst Winterspüren, dann Mahlspüren im Tal/Seelfingen, Espasingen, Zizenhausen, Mahlspüren im Hegau und Raithaslach. Später folgten noch Hoppetenzell und Wahlwies.
„Die Wahlwieser waren die letzten, die zu Stockach kamen“, erzählt Hubert Kunicki, der in den 70ern im Stadtrat saß. Es habe staatliche Mittel für die Eingemeindungen gegeben. Doch je länger eine Gemeinde gewartet habe, desto weniger sei dies gewesen.

Fritz Metterhauser senior, damals ebenfalls im Stadtrat, erinnert sich noch an die Verhandlungen zwischen Stockach und Wahlwies. Der eigenständige Ort habe sich erst gesträubt und bei einem Treffen auf der Nellenburg sei dem inzwischen verstorbenen Stadtrat Heinrich Wagner der Kragen geplatzt. Er habe die Wahlwieser gefragt, ob sie denn jetzt wollen oder nicht. „Jede Gemeinde wollte das Beste für sich rausholen“, sagt Metterhauser.
Kunicki hat damals die Wappen aller Orte gesammelt. Er sei zu allen Rathäusern gefahren und habe danach gefragt. Doch manche wollten sie nicht hergeben, erzählt er. Der Verein Handel, Handwerk und Gewerbe (HHG) habe später einen Bierkrug mit allen Wappen herausgegeben.
Bodman und Ludwigshafen wurden 1975 im Zuge der Gemeindereform eine Gemeinde, Orsingen und Nenzingen ebenso. Auch Mühlingen mit seinen heutigen Ortsteilen, Eigeltingen sowie Hohenfels formten sich.

Über das Ende des Landkreises Stockach erzählt Metterhauser, dass die Stadt mit dem Verlust des Status als Kreisstadt entmachtet worden sei: „Das Gebiet war vorher groß. Stockach hat viel verloren.“ Der Landkreis reichte bis in den heutigen Kreis Sigmaringen hinein. Zudem mussten die Angestellten im Landratsamt woanders hin. Auch Hubert Kunicki spricht von Verlusten – sowohl für Stockach, als auch den einstigen Kreis Überlingen. „Es war ein langes Ringen, wer zu wem gehört“, erzählt Kunicki.
Es sei so gedacht gewesen, dass die Seestädte etwas für sich machen. „Uns wollten sie nach Tuttlingen/Meßkirch stecken. Ich habe aber gesagt, wir wollen und brauchen die Anbindung an den See.“ Aber sei die Stadt damals stark nach Meßkirch orientiert gewesen und diese Bindung sei verloren gegangen. Die heutige Verwaltungsgemeinschaft Stockach sei aufgrund der Kreisreform entstanden.
Und das Stockacher Landratsamt? Dessen Einweihung war eigentlich erst Anfang 1970. Es habe nach der Kreisreform leergestanden, erzählt Kunicki. Erst später sei das Stockacher Rathaus aus der Hauptstraße dorthin gezogen.