Ein eigenes Café. Kastanienbäume. Romantische Tischdecken. Am besten in einem renovierten Bauernhof. Oben wohnt die Familie. Unten verköstigt Sarah Fürst ihre Gäste mit selbst gemachten Kuchen und Torten. Nicht etwa in Stuttgart oder Berlin, wo junge Eltern mit Retro-Kinderwägen vegane Kuchen verdrücken und Matcha-Latte schlürfen. Die 21-jährige Konditorin will diesen Traum in ihrem Heimatort Winterspüren wahr werden lassen, einem Ortsteil von Stockach.

860 Einwohner. Der Bus kommt selten. Jeder kennt sich. Das muss man mögen. Schon für viele Mittfünziger ist das – gelinde gesagt – unattraktiv. Für die meisten jungen Menschen ist es der größte Albtraum auf dem Dorf zu versauern. Sarah Fürst ist anders. Sie will dort Wurzeln schlagen, wovor sich die Jugend fürchtet. „Ich würde schon mal nach Berlin oder ins Ausland gehen – kurzzeitig. Winterspüren ist und bleibt mein Zuhause“, sagt sie.

 

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Dass sie ein Dorfkind ist und bleiben will, merkte Fürst schnell. Mit 16 Jahren begann sie ihre Ausbildung zur Konditorin in Konstanz, zog dafür von zu Hause aus. Das Handwerk gefiel ihr. In der See-Metropole fehlte ihr aber etwas: „Ich bin ein Familienmensch und habe mein gewohntes Umfeld vermisst.“ Hinzu kam die Anonymität. Und Partys waren noch nie so richtig ihr Ding.

Wieder zurück im Elternhaus 

Fürst schätzt die Ruhe, ihre Nachbarn, mit denen sie gerne abends ein Bier trinkt. Oder diese Senioren, die Fürst gerne mit ihren Leckerein überrascht und für ein Nachmittags-Pläuschchen besucht. Die Konsequenz: Nach Abschluss der Lehre in Villingen-Schwenningen, zog Fürst wieder in ihr Elternhaus. Dort bewohnt sie allein das Erdgeschoss.

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Die Wände sind rosa. Über dem Fenster hängen runde Kuchenformen. Dutzende Plastikdosen reihen sich feinsäuberlich nebeneinander auf. Sie sind mit Zimt oder Mandeln in typischer, schnörkeliger Mädchenschrift gekennzeichnet. Aus einem Spritzbeutel tropft frisch geschlagene Buttercreme. Die Backstube von Sarah Fürst wirkt wie ein überdimensionales Puppenhaus, in dem Kinder Omas Kaffekränzchen nachspielen. „Das ist mein Reich. Meine Heimat“, sagt sie.

Sarah Fürst entspannt gerne auf einem Hügel. Von dort hat sie einen tollen Blick über Winterspüren.
Sarah Fürst entspannt gerne auf einem Hügel. Von dort hat sie einen tollen Blick über Winterspüren. | Bild: Tesche, Sabine

Viele junge Menschen sehen ihre Zukunft gerade nicht im Heimatdorf, in dem sie aufgewachsen sind. Landflucht, Urbanisierung, Städtezuwachs sind Begriffe, die in der Medienlandschaft seit Jahren herumgeistern. Statistiken belegen, dass immer mehr Menschen deutschlandweit in Städte ziehen.

Dieser Trend bestätigt sich in den Landkreisen Konstanz, Schwarzwald-Baar und Waldshut nur bedingt. Im Jahr 2017 hielt sich hierzulande der Zu- und Fortzug bei 18 bis 30-Jährigen die Waage. Tendenziell ziehen sogar mehr junge Menschen in die Region, als von ihr fort. Beispiel Konstanz: 11 150 Menschen in dieser Altersspanne zogen in den Landkreis. 9730 verließen den Bodensee.

Der Traum von der eigenen Familie

Sarah Fürst will ein Landei bleiben. Sie träumt von einer vierköpfigen Familie. Mit Haustieren und Eigenheim. Im besten Fall mit eben diesem renovierten Bauernhof. „Geld ist mir gar nicht so wichtig“, sagt Fürst bescheiden. Das alles mag naiv klingen, aber die 21-Jährige weiß genau, was sie will und dass ihr dafür einige Schwarzwälder-Kirschtorten gelingen müssen.

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Der erste Schritt in die Selbstständigkeit ist getan. Fürst hat ein Kleingewerbe angemeldet. Sie backt für Hochzeiten und Geburtstage in ihren eigenen vier Wänden. Das Gesundheitsamt musste ihr dafür eine Genehmigung erteilen. „Ich will mir erst mal einen Namen machen“, sagt sie selbstbewusst. Und das kann simpel sein. Gerade wenn es keine Konkurrenz gibt. Gerade dann, wenn sich eine junge, engagierte Konditorin schnell herumspricht.

Gerade in Winterspüren. Ein weiterer Grund, warum sie ihren Traum vom Café hier leben will. Eine Mischung aus Liebe zur Heimat und wirtschaftlichem Know-how. So könnte man die Entscheidung für die Heimat und gegen die Ferne bei Sarah Fürst beschreiben. Jetzt fehlt nur noch der renovierte Bauernhof. Eine Familie. Kastanienbäume. Romantische Tischdecken. Kuchen und Torten sind schon in der Röhre.

Hier finden Sie alle Teile der Serie #Heimatliebe