Wegen einer dreisten Betrugsmasche musste sich eine 30-jährige Frau vor dem Stockacher Amtsgericht verantworten. Die Frau soll laut Staatsanwaltschaft im Mai und Juni 2019 sechs Handyverträge eines britischen Mobilfunkanbieters in einem Stockacher Handyladen abgeschlossen haben, ohne diese zahlen zu wollen.
So sei sie an Handys im Wert von 5941,40 Euro gelangt, um sie weiterzuverkaufen. So weit die Anklage. Doch wie sich im Laufe der Verhandlung zeigte, war der Frau nicht so einfach nachzuweisen, dass sie sich an den Vertragsabschlüssen bereichern wollte. Zurück blieben mehr offene Fragen als Antworten.
30-Jährige gibt Angst als Grund für ihre Beteiligung an
Die Angeklagte schilderte vor Gericht eine Leidensgeschichte. Sie sei mit ihrem Ex-Partner sechs Jahre lang zusammen gewesen. Er habe ihr davon erzählt, dass er jemanden kenne, der wisse, wie man gut Geld machen könne. „Er sagte dann zu mir, ich müsste ein paar Dinge unterschreiben“, sagte sie. Der Ex-Partner sei gewalttätig gewesen. Auch ihr Sohn habe das mitbekommen und sei selbst Opfer der Gewalt geworden.
Aus Angst habe sie die Handyverträge unterschrieben. Der Ex-Partner habe gesagt: „Wenn du das nicht unterzeichnest, mache ich dich fertig“, sagte die 30-Jährige. Sie habe nichts bezahlen müssen. Ihr damaliger Partner habe gesagt, das würde er mit seinem Kumpel aus dem Laden regeln. Ihre Unterschrift habe sie unter drei oder vier Papiere gesetzt, sagte sie vor Gericht. Den Laden des Mobilfunkanbieters in Stockach habe sie nie betreten. Den Kumpel des Ex-Partners, der in dem Landen gearbeitet habe, habe sie an einer Tankstelle in Engen getroffen.
Angeklagte erstattet selbst Anzeige
Ihr Sohn habe ihr außerdem berichtet, dass der Ex-Partner an ihre Dokumente gegangen sei und so an die Geburtsurkunde des Sohnes gelangte. Für ihn wurde vorgeblich einer der Verträge geschlossen, wofür das Dokument gebraucht wurde. Auf Nachfrage von Richterin Julia Elsner erklärte die Angeklagte zudem, dass der Anbieter nie Geld vom Konto abgebucht habe und, dass sie nie Handys gesehen habe. Nachdem sie eine Rechnung bekam, habe sie selbst Anzeige erstattet.
Der Polizist, der die Anzeige aufnahm, bestätigte, dass die Frau gesagt habe, sie habe die Verträge wegen der Drohungen des Ex-Partners unterschrieben. Außerdem sei es schwierig gewesen vom Anbieter die Verträge für die Ermittlungen zu bekommen. „Ich hatte den Eindruck, dass da vom Anbieter kein Interesse bestand“, sagte er.
Betreiber erzählt ganz andere Version
Der Betreiber des Handyladens erzählte vor Gericht eine ganz andere Geschichte, die viele Fragen offen ließ. Er sagte aus, dass die Angeklagte in den Laden gekommen sei, um sieben Verträge abzuschließen. Richterin Julia Elsner wies darauf hin, dass sie eine Übersicht mit sechs Verträgen vom Anbieter bekommen habe. Eine Kautionsrechnung, die ab fünf Verträgen gemacht werden müsse, stimme bis auf eine Ausnahme ebenfalls nicht mit den Verträgen überein. „Ich kann mir das nicht erklären“, sagte der Betreiber daraufhin.
Doch weitere Dinge passten nicht zusammen. Denn der Betreiber besaß Unterlagen zu den Verträgen, die eigentlich zum Anbieter hätten geschickt werden müssen. Er sagte, diese habe er noch in einem Ordner aufbewahrt. Doch gleich darauf verwickelte er sich wieder in Unstimmigkeiten. Er behauptete nämlich, dass er sich gut an die Angeklagte erinnern könne. Sie sei damals mit einem Kinderwagen in den Laden gekommen. Der Sohn der 30-Jährigen ist allerdings schon im Jugendalter. An ein Treffen mit der Angeklagten an einer Engener Tankstelle könne er sich nicht erinnern.
Widersprüche mehren sich
Nach der Aussage eines weiteren Polizisten verdichteten sich die Ungereimtheiten. Der Beamte habe den Ladenbetreiber nach der Anzeige der Angeklagten vorgeladen. In der Vorladung sei aber nicht drin gestanden, um welchen Fall es konkret geht. Dennoch sei der Mann mit den Vertragsunterlagen der 30-Jährigen zur Vernehmung erschienen. Der Ex-Partner der Angeklagten hätte etwas mehr Licht in den Fall bringen sollen. Der Mann erschien aber trotz Vorladung nicht vor Gericht.
Letztlich empfahl die Staatsanwältin, das Verfahren einzustellen. Ein Freispruch komme für sie nicht in Frage, weil die Angeklagte mindestens Beihilfe zu krummen Geschäften geleitet habe. Sie habe gewusst, dass ihr Ex-Partner bereits wegen Betrugs in fünf Fällen vorbestraft ist. Der Empfehlung der Staatsanwaltschaft folgte Richterin Julia Elsner. Sie sagte: „Sie haben geholfen, Straftaten zu begehen, aber Ihre Situation muss man nicht bestrafen.“ Das Verfahren wurde schließlich gegen eine Geldauflage von 300 Euro eingestellt. Das Geld geht an die Welthungerhilfe.