Es ist soweit: Cem Özdemir ist in Stockach angekommen und wurde beim Empfang des Narrengerichts im Bürgerhaus Adler Post vorgestellt. Er begann seine kurze Ansprache mit einem ernsten Thema, nämlich einem kurzen Statement zu den Anschlägen in Hanau vom späten Mittwochabend. Dabei vermuten Ermittler einen fremdenfeindlichen Hintergrund. Unter großem Applaus der geladenen Gäste im Saal rief Özdemir von der Bühne herunter: „Die Fasnacht ist bunt. In der Fasnacht hat Rassismus keinen Platz.“
Doch der mittägliche Empfang dient eigentlich dazu, dass Beklagter und Gerichtsnarren schon ein erstes Mal die Klingen kreuzen. Özdemir musste schon einiges einstecken. Das Ansinnen des Beklagten, einen Freispruch zu erreichen, wies Narrenrichter Jürgen Koterzyna jedenfalls gleich zurück.
Und nur weil er Träger der goldenen Narrenschelle und anderer fasnächtlicher Auszeichnungen sei, sei Özdemir noch lange nicht einer von ihnen, den Narren. Auch das also kein Hinderungsgrund für eine Verurteilung.
Auch dass Özdemir Vegetarier ist, war ein Thema auf der Bühne. Man habe im Stadtgarten speziell ein Gemüsebeet angelegt, wo man sich beispielsweise frische Karotten holen könne, sagte Koterzyna – oder eben einfach zum Buffet gehen, das traditionell zur Veranstaltung gehört. und der Tatsache, dass der Beklagte sich ein wenig verspätete – vermutlich habe sein Dienstfahrrad einen Platten, erklärte Koterzyna.
Özdemir konterte mit dem Hinweis darauf, dass Kläger Wolfgang Reuther, seines Zeichens Kommunalpolitiker der CDU, keine Ahnung habe, davon aber reichlich. Seine juristische Ausbildung habe der Kläger wohl beim türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan bekommen, so Özdemir. Was die Weinstrafe angeht, so bezeichnete sich Özdemir als Spezialist für vergorenes Ayran – „das schmeckt sehr gut, wenn man es nicht selber trinken muss.“ Und er wies mit drei Bibelzitaten darauf hin, dass das Kollegium nicht richten möge, auf dass es nicht selber gerichtet werde.