Halbzeit für die heiße Phase der Fasnacht: Mit dem Gedenkgottesdienst für die verstorbenen Narren und dem traditionellen Uffwirmkaffee im Goldenen Ochsen starteten die Stockacher Narren am Montag in die zweite Fasnachtswoche. Und obwohl es im Programm geballte Frauenpower gab, wurden die Forderungen nach einer Frauenquote im Narrengericht, die die diesjährige Beklagte noch gefordert hatte, von einer echten Stockacher Vollblutnärrin relativiert.

Lea Ossola, Leiterin der Altstockacherinnen, hat sich von den diesjährigen Kündigungen in den Reihen des Narrengerichts inspirieren lassen und fantasierte in einem launigen Beitrag darüber, die Nachfolge von Roland Drews als Hans-Kuony-Darsteller zu übernehmen. Prädestiniert wäre sie für die Rolle allemal, befand sie. Lippenstift und gestrickte Strumpfhosen seien schließlich durchaus auch etwas für Frauen. „Weiße Spitze am Hals und Ärmel, sauber und rein, muss auch bei den Altstockacherinnen sein“, so Ossola. Auch der erhobene Zeigefinger sei ihr als Lehrerin nicht fremd, merkte sie an.

Das könnte Sie auch interessieren

Klares Fazit zur Frauenquote

Doch daraus wird wohl nichts, denn „die Einzelfiguren bleiben in Männerhand, wahrscheinlich haben sie einfach kein Geld für ein Frauengewand“, mutmaßte Ossola. Ihr Fazit fällt klar aus: Beim Narrengericht wäre sie höchstens die Mutter Teresa, die sich um männliches Gejammer über abgefallene Glöckchen und Kopfschmerzen nach durchzechten Nächten kümmern müsste. Da bleibt sie lieber Alt-Stockacherin.

Lea Ossola will nicht die Mutter Teresa des Narrengerichts werden.
Lea Ossola will nicht die Mutter Teresa des Narrengerichts werden. | Bild: Josef Jaklin

Schon davor hatte Bürgermeisterin Susen Katter das Wort ergriffen und sich dabei angeschickt, die Männerriege des Narrengerichts unter Denkmalschutz zu stellen. Das milde Urteil für die diesjährige Beklagte und CDU-Politikerin Julia Klöckner habe sie verwundert. Schließlich habe sie während der Narrengerichtsverhandlung zwischenzeitlich sogar Mitleid gehabt – und das nicht mit der Beklagten.

Als Klöckner zur Revolte gegen das Narrengericht aufgerufen hatte, habe sie förmlich die Nervosität und die Schweißperlen im Gesicht des Narrenrichters gesehen, scherzte sie. „Vermutlich musste er sich das Prinzip: Mach die Augen zu, mach die Augen zu, dann siehst du nichts, dann hörst du nichts, dann merkst du nichts davon, zu Herzen nehmen“, so Katter.

Selbst im Vatikan übernehmen Frauen Führungspositionen

Sie ließ das Thema Frauenquote nicht so schnell hinter sich wie Lea Ossola und verwies darauf, dass sogar im Vatikan nach fast 2000 Jahren mit Schwester Raffaella Petrini Frauen Führungspositionen übernehmen dürfen. Immerhin: gemessen an der Dauer für diese Entscheidung habe das Narrengericht auch nochmal über 600 Jahre Zeit, bis es so weit ist, so Katter.

Eine Urkunde für 60 Jahre als Stockacher Laufnarr gab es für Herbert Birmele (zweiter von links), Klaus Vollmer (Mitte) und Heinz Martin ...
Eine Urkunde für 60 Jahre als Stockacher Laufnarr gab es für Herbert Birmele (zweiter von links), Klaus Vollmer (Mitte) und Heinz Martin (zweiter von rechts). Zu den ersten Gratulanten gehörten Narrenrichter Jürgen Koterzyna (links) und Ordensmeister Markus Vollmer (rechts). | Bild: Josef Jaklin

Große Projekte in der Warteschleife

Die Bänkelsänger der Laufnarren hatten eine politische Oper in mehreren Akten im Gepäck. Egal ob Hornbach-Baumarkt, Pflegeheim im Baugebiet Kapellenäcker oder der Aachpark. Für all das werden seit Jahren schöne Pläne geschmiedet. Aber: „Nei nei, s‘ isch nix passiert, nei nei, s‘ isch nix passiert“, tönte es mit den Klängen des närrischen Gassenhauers durch den Goldenen Ochsen.

SÜDKURIER-Redakteur Dominique Hahn erhielt für die mediale Begleitung des Narrengerichts das Hans-Kuony-Kreuz.
SÜDKURIER-Redakteur Dominique Hahn erhielt für die mediale Begleitung des Narrengerichts das Hans-Kuony-Kreuz. | Bild: Josef Jaklin

Noch länger als diese Bauprojekte geht die Geschichte des Tourismus in der Hans-Kuony-Stadt zurück, wie der Vortrag von Gerichtsnarr Stefan Keil deutlich machte. Um sich Inspirationen dafür zu holen, wie er als Bürgermeister von Orsingen-Nezingen seine Gemeinde zu einem Erholungsort machen kann, hatte er in den Geschichtsbüchern geblättert.

Dabei sei er auf eine Begebenheit gestoßen, die sich ereignet haben soll, kurz bevor im Frühjahr 1770 Marie Antoinette, die Tochter der habsburgischen Monarchin Maria Theresia, auf ihrer Brautfahrt von Wien nach Frankreich eine Station in Stockach gemacht hat.

Einen Laufnarrenschlag gab es für den neuen evangelischen Pfarrer Ulf Weber. Als Paten standen der katholische Pfarrer Thomas Huber ...
Einen Laufnarrenschlag gab es für den neuen evangelischen Pfarrer Ulf Weber. Als Paten standen der katholische Pfarrer Thomas Huber (links) und Fürsprech Christoph Stetter (rechts). Hinter Weber hat sich bereits Pritschenmeister Michael Kempter in Stellung gebracht. | Bild: Josef Jaklin

WC-Kuriosum aus dem Reich der Fantasie

An die Stadt sei damals in Vorbereitung des Besuchs die Frage herangetragen worden, ob es vor Ort ein WC gebe. Eine Frage, die die damaligen Ratsherren ratlos gemacht habe. Erst der Stadtpfarrer konnte helfen, in der Annahme, dass man bei Hofe das Waldkapellchen bei Loreto damit meine, das man dort sicherlich mit C schreibe.

Das könnte Sie auch interessieren

Voller Stolz konnte der Rat also an den österreichischen Hof melden: Stockach verfügt ein WC, das in nur 15 Minuten Fußmarsch erreichbar ist, über 60 Plätze verfügt und insbesondere an Sonn- und Feiertagen gerne von der Bevölkerung aufgesucht werde. Regelmäßig würden die dortigen Zeremonien auch mit Orgelmusik begleitet. Die launigen Ausführungen dieses historischen Missverständnisses aus dem Reich der Fantasie sorgten für zahlreiche Lacher bei den Narren.

Für die musikalische Begleitung des Uffwirmkaffees sorgte der ehemalige Narrenrichter Karl Bosch mit seinem Akkordeon.