Gleich zwei traditionsreiche Stockacher Fasnachtsgruppen haben in diesem Jahr Grund zu feiern. Denn neben den Alt-Stockacherinnen werden auch die Hänsele 90 Jahre alt. Ihren runden Geburtstag feiern sie am Freitag, 26. Januar, mit dem 51. Hänseleball im Bürgerhaus Adler Post. Lars Wegmann, seit Lätare 2023 der Hänselemoschter, erläutert gemeinsam mit Alt-Alt-Moschter Rainer Mannl die Geschichte der Hänsele in Stockach.

Die Gruppe dient ausschließlich dem Erhalt und der Pflege der Tradition und des Brauchtums der Stockacher Fasnacht. Sie ist eigenständig und gleichzeitig eine der Gliederungen des Hohen Grobgünstigen Narrengerichts zu Stocken. Ihr Hauptaugenmerk liegt auf der Zeit zwischen Dreikönig und Lätare.

Lars Wegmann ist der zwölfte Hänselemoschter. Neben ihm liegt der Schellenbaum, den Drehermeister Manfred Engelmann einst eigenmächtig ...
Lars Wegmann ist der zwölfte Hänselemoschter. Neben ihm liegt der Schellenbaum, den Drehermeister Manfred Engelmann einst eigenmächtig angefertigt und dem damaligen Hänselemoschter Klaus Gabele übergeben hatte. | Bild: Claudia Ladwig

Aktuell hat die Gruppe 216 Mitglieder, darunter 173 Erwachsene und 43 Junghänsele. Der Hänselerat besteht aus Hänselemoschter Lars Wegmann, Vize Jürgen Steppacher, Kassier Jürgen Holz, Schrifter Florian Winkler, Kämmerer Joachim Klett sowie den Beisitzern Matthias Stolp, Achim Bernhard, Stefan Schaffart, Dominik Block, Donato Abbruzzese und Andreas Beller. Holger Langenberg hat als Alt-Moschter ein Beisitzer-Recht.

Gründung im Jahr 1934

Im Zuge der Vorbereitungen zum großen Narrentreffen 1933 in Stockach kamen Erinnerungen an frühere Hänsele auf, berichten Wegmann und Mannl. Bereits mehr als 50 Jahre zuvor hatte es Vorläufer der Hänsele gegeben, die allerdings eher in Lumpenhäsern durch die Gassen gehüpft waren. Aus der Idee einer Wiederauferstehung wurde Realität, als sich Adolf Herrmann, August Rettich und Richard Schneider zusammentaten.

Schnell war klar, dass nur Männer bei den Hänsele aufgenommen werden sollten. Außerdem wollten die Herren, dass sich das Häs von anderen Hänselegruppen unterscheidet. Man einigte sich auf dachziegelförmige Blätzle in der Farbfolge rot, grün, gelb, blau, orange und schwarz. Am 4. Februar 1934 wurden die neuen Hänsele der Öffentlichkeit im Rahmen eines Narrenspiegels vorgestellt.

Diese Regeln gelten für das richtige Häs

Die Vorläufer hatten Karbatschen gehabt, sagt Rainer Mannl. Bei einem Unfall sei damit jedoch jemand verletzt worden und die damalige Gruppe habe sich aufgelöst. Die neuen Hänsele erhielten etwas anderes, nämlich eine geräucherte Saubloter (Schweinsblase) an einem aus Weidenruten geflochtenen Stock. Mannl erklärt: „Wenn wir im Umzug zur Musik der Hans-Kuony-Kapelle jucken, erzeugen die 13 Glocken an unseren Häs einen melodischen Klang und wir schwingen dazu die Saubloter über den Köpfen der Umzugsbesucher.“

Das Hänsele-Ballett 2020 bei einem Auftritt
Das Hänsele-Ballett 2020 bei einem Auftritt | Bild: Hänsele-Archiv

Es gibt eine strikte Häsordnung. Lars Wegmann zählt die wichtigsten Punkte auf: „Ein Hänsele muss sauber und ordentlich aussehen. Bei Bedarf lässt man das Häs reinigen. Zum Häs gehören ein schwarzer Hänselerollkragenpulli, schwarze Handschuhe, schwarze Schuhe, schwarze Socken und die Hänseleplakette.“ Der Hänselekopf mit geschlossenem Latz macht das Häs vollständig. Der Latz darf während eines Umzugs nicht gelüftet werden. Für die übrige Zeit tragen die Hänsele Schiffle als Kopfbedeckung.

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Während die Ursprungshäser teilweise selbst genäht worden waren, übernahm diese Arbeit für die neuen Hänsele Karl Schumacher, der rund 60 Jahre lang über 300 Häser schneiderte. Beim letzten Häs war er bereits 87 Jahre alt. Nach einem kurzen Zwischenspiel fing Ursula Hoffmann vor etwa 30 Jahren als Hässchneiderin an.

Für die Häser wird der Filz gekauft und selbst ausgestanzt. Durchschnittlich 2000 bis 2500 Blätz werden dann von Hand auf einen Overall genäht. Lars Wegmann betont: „Das Häs ist nicht Eigentum des Trägers. Man bewahrt es zwar zuhause auf, aber wenn man austritt, muss man es abgeben.“

Termine über das ganze Jahr verteilt

Dann nennen die beiden Männer Aufgaben und Termine, die unterm Jahr anfallen. Es gibt monatliche Stammtische, im November gehen sie in Seelfingen zum Schießen, mit den Junghänsele findet ebenso wie mit den Erwachsenen ein Ausflug statt. Es gibt eine Halbzeitveranstaltung und den Familienwandertag am 1. Mai.

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Zum Jahresende findet das Saubloter-Fest für die Sechs- bis 16-Jährigen statt. Dabei werden 500 Saubloter mit einem Kompressor aufgeblasen, die anschließend trocknen müssen, bevor sie geräuchert werden. Lars Wegmann ergänzt: „Wir unterstützen außerdem das Narrengericht beim Schweizer Feiertag, bewirten beim Feierabendhock und kümmern uns um das Auf- und Abhängen der Weihnachtsbeleuchtung in der Stadt.“

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Das Jahr der Volljährigkeit ist das Probejahr für die Aufnahme zu den erwachsenen Hänsele. Wenn sich der Anwärter bewährt, indem er Bereitschaft zur Integration und Interesse an der Gruppe zeigt, Arbeitseinsätze übernimmt und sich vielfältig engagiert, stimmt die Vollversammlung an Lätare darüber ab, ob er aufgenommen wird und ein Blätzlehäs erhält. Bewerben kann sich jeder männliche Einwohner aus Stockach und den Ortsteilen.