Der Niedergang des alten weißen Mannes, der Kampf der Frauen für ihren Platz in der Fasnacht und eine Abhandlung über die nicht vorhandene Intelligenz von Zimmerern: Mit all diesen Themen befassten sich die Rednerinnen und Redner beim Uffwirmkaffee des Narrengerichts. Und dann gab es noch eine Enthüllung darüber, was im Rathaus in Wirklichkeit passiert, nachdem die Narren die Macht in der Stadt übernommen haben.

Aber von Anfang an: Andächtig und aufmerksam waren die Stockacher Narren in den Endspurt der närrischen Tage gestartet. Mit einem Gottesdienst für die verstorbenen Narren in der St. Oswald Kirche. „Ich hoffe, jetzt sind weiterhin alle so andächtig und aufmerksam“, so Narrenrichter Jürgen Koterzyna beim anschließenden Uffwirmkaffee im Goldenen Ochsen mit Blick auf die bevorstehenden närrischen Beiträge.

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Nachruf auf den alten weißen Mann

Den Auftakt machte Narrenschreiber Marcel Reiser. Er schloss sich mit einem Nachruf auf den alten weißen Mann nahtlos an das Verstorbenen-Gedenken an. Schließlich stand am Anfang Gott, der Herr, der den Adam erschaffen hat. Doch schon mit der Erschaffung der Eva hätten die Probleme angefangen. „Die Bibelkenner:innen werden es wohl wissen, sie wurden wegen Eva aus dem Paradies geschmissen“, reimte Reiser. Von da ab hätten die Frauen die Macht der Männer immer weiter unterwandert.

Narrenrichter Jürgen Koterzyna (links) und Gastredner Tobias Keck, Geschäftsführer der Winzergenossenschaft Hagnau (links).
Narrenrichter Jürgen Koterzyna (links) und Gastredner Tobias Keck, Geschäftsführer der Winzergenossenschaft Hagnau (links). | Bild: Dominique Hahn

Zuletzt hätten die Männer sogar im Stockacher Rathaus die Macht an Susen Katter verloren. Wichtig sei es deshalb, dass man einmal im Jahr für ein paar Tage den alten, weißen Männern zumindest den Anschein von Macht lasse, führte der Gerichtsnarr aus.

Frauen erklären, wie es wirklich ist

Gegenwind gab es aber schon wenig später von Vera und Lea Ossola, die launig die 90-jährige Geschichte des Erfolgszugs der Frauen in der Stockacher Fasnacht nachzeichneten. Selbst als die Frauen sich das Recht der Teilnahme an der Fasnacht durch Streikandrohung erstritten hatten, hatten lange noch die Männer das Sagen. Streng nach dem Motto „Wenn die Männer schon daheim nichts zu sagen haben, dann wenigstens in der Öffentlichkeit“, scherzte Lea Ossola.

Gänzlich zu Grabe getragen wurde der männliche Machtanspruch dann von den Bänkelsängern der aktiven Laufnarren, die als Aachbach-Perlen in Kittelschürzen und Perücken auftraten und dem einzigen Mann in ihrer Runde, der auch als solcher auftrat, das Leben schwer machten.

Laufnarrenschlag für Florian Zindeler Video: Dominique Hahn

Doch auch außerhalb der Hans-Kuony-Stadt wundert man sich bisweilen über die Rolle der Frau in der Stockacher Fasnacht, wie Tobias Keck, Geschäftsführer der Winzergenossenschaft Hagnau, bemerkte. Bei den ersten Weinproben, die er mit den Stockacher Narren veranstaltete, habe er sich gewundert, dass auch Frauen anwesend seien, obwohl diese beim Narrengericht ja eigentlich verboten seien. Er sinnierte darüber, woran das wohl liegen mag und kam mit Blick auf die Narrenkappen zum Schluss, dass es mit der Anzahl der Zipfel zu tun haben müsse.

Eine Narrenkappe gab es dann übrigens auch noch für den Hohenfelser Bürgermeister Florian Zindeler. Er wurde zum Laufnarren geschlagen.

Der ehemalige evangelische Pfarrer von Stockach Rainer Stockburger ist zwar vor geraumer Zeit nach Steißlingen umgesiedelt. Dass er Stockach zumindest an der Fasnacht noch tief verbunden ist, machte er in seinem Redebeitrag deutlich. Obwohl er sich offenbar nicht mehr genau an den korrekten Narrenruf erinnern kann und deshalb zunächst einige unterschiedliche ausprobieren musste.

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Der Zweitschlüssel zum Rathaus

Spannende Internas hatte Altbürgermeister Rainer Stolz dabei: In seiner Anfangszeit als Bürgermeister habe er sich immer gefragt, wie er nach der Machtübernahme ohne Schlüssel ins Rathaus kommen soll. Ein Altgerichtsnarr habe ihm dann einen Zweitschlüssel überreicht. Diesen gab Stolz nun an Susen Katter weiter. Denn „das wollt ihr sicher nicht, dass da oben nur die Narren regieren“, betonte Stolz.

Bürgermeister Rainer Stolz zog den Zweitschlüssel zum Rathaus aus der Tasche, mit dem sich zukünftig auch seine Nachfolgerin Susen ...
Bürgermeister Rainer Stolz zog den Zweitschlüssel zum Rathaus aus der Tasche, mit dem sich zukünftig auch seine Nachfolgerin Susen Katter während der Fasnacht Zutritt zu ihrem Amtszimmer verschaffen kann. | Bild: Dominique Hahn

Ob Karl Lauterbach seine Strafe am Ende einlöst und neben der Weinlieferung an das Gericht auch persönlich Schokoladeneis im Stockacher Krankenhaus verteilt, hält Stolz für fraglich und ist gespannt darauf, was das Narrengericht tun will, wenn der Beklagte in diesem Punkt säumig bleibt. Natürlich kam auch die amtierende Bürgermeisterin zu Wort. Auch wenn sie noch nicht ganz so närrisch sei, bedanke sie sich schon jetzt für die tolle Fasnacht, „und ich freue mich auch schon wieder auf nächstes Jahr“, betonte sie.

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Zimmerer sollen nicht intelligent sein?

Mit dem Gerücht, dass Zimmerer nicht gerade die hellsten sind, wollte Ralf Mayer von der althistorischen Zimmerergilde ein für alle Mal aufräumen: „Es ist wahr“, betonte er, „wir sind wirklich nicht die hellsten Kerzen auf der Stockacher Fasnachtstorte.“ Die speziell entwickelte Holz-her-Rest-weg-Entspannungstasche, die er im Gepäck hatte, soll intellektuell zu gut ausgestatteten Zunftmitgliedern zukünftig helfen, nicht den Anschein von Intelligenz zu erwecken. Denn sie wird in vier Stufen um den Kopf geschnallt und kann sicherstellen, dass der Träger nichts hört, nichts sieht, nichts riecht oder nicht sprechen kann.

Karl Bosch und Michael Zehnle bei einer Gesangseinlage.
Karl Bosch und Michael Zehnle bei einer Gesangseinlage. | Bild: Dominique Hahn

Den Abschluss der launigen Vorträge, die durch die musikalischen Beiträge des ehemaligen Narrenrichters Karl Bosch mit seinem Akkordeon bereichert wurden, machte der jüngste Alt-Gerichtsnarr Siegfried Endres. Zunächst sei er enttäuscht gewesen, dass sein Beitrag ganz hinten im Programm gelandet sei, „aber dann dachte ich, bei den diesjährigen Sicherheitsvorkehrungen ist wenigstens jeder drinnen, bis ich an der Reihe bin„.