Bei Bioweinen und Äpfel vom Bodensee denken viele zunächst vor allem an regionale Produkte. Doch der Obstgroßhandel Grundler aus Espasingen war vom 8. bis 10. Februar als Teil der „Obst vom Bodensee-Vertriebsgesellschaft“ (OvB) auf der Fruit Logistica in Berlin, der weltweit größten Fachausstellung für Obst und Gemüse. Und der Bioweinhändler Riegel aus Orsingen präsentierte sich vom 14. bis 17. Februar auf der Biofach, der Weltleitmesse für Biolebensmittel, in Nürnberg. Warum nehmen sie Reise und Aufwand auf sich?
Ewald Grundler, der den Obstgroßhandel in Espasingen vor einigen Jahrzehnten von seinem Vater übernommen hat, sagt: „Wir verkaufen dort keine Äpfel, die Messe ist dafür da, um uns zu repräsentieren.“ Als ein Vermarkter mit drei Obstgroßmärkten am Bodensee war Grundler bei der OvB dabei, bei der sein Sohn Nico Grundler derzeit Geschäftsführer ist. „Dort zeigen wir: Wir sind der Bodensee, wir haben diese Sorten und diese Verpackungen anzubieten“, erklärt Grundler.
Eine Messe sei laut Grundler in erster Linie eine Kontaktbörse. Von den 60.000 Menschen auf der Fruit Logistica seien knapp 5000 an Äpfeln interessiert. Die großen fünf Lebensmittelmärkte unter den deutschen Abnehmern, also Aldi, Rewe, Lidl, Edeka und Kaufland, seien dort. „Die beliefern wir zwar täglich, aber man hat trotzdem nur am Telefon Kontakt“, sagt der Apfelhändler, der zum 25. Mal auf der Fruit Logistica war. Lediglich auf der Messe treffe man sich einmal im Jahr.
Ähnlich ist es beim Bioweinhändler Riegel aus Orsingen, der seit 35 Jahren Bioweine handelt und vertreibt. Dessen Kunden sind hauptsächlich Naturkostgroß- und Einzelhändler in Deutschland, Österreich und der Schweiz, sowie Weinhändler und Gastronomen, erklärt Claudia Stehle aus dem Marketing von Riegel. Auch für den Weinhändler würden Messen wie die Biofach in Nürnberg als Kontaktbörse zum Netzwerken dienen.
Neue Produkte vorstellen und verkaufen
Der Weinhändler könne auf Messen aber neue Produkte und Konzepte vorstellen und Wissen mit Branchenexperten austauschen, erklärt Stehle: „Wir nehmen einen Teil unseres Sortiments mit zur Messe, vor allem Neuheiten und Projektweine, und stellen Aktionen vor.“
Die Weine würden verkostet, aber auch verkauft. „Und unsere Großkunden wie Alnatura oder Dennree nutzen die Biofach, um Gespräche mit uns zu führen.“ In diesem Jahr besonders auffällig: Der große Anteil ausländischer Handelsinteressenten, so Stehle.
Internationale Bedeutung: „Für Russland eine Pflichtübung“
Zurück zu Apfelhändler Grundler. Obwohl 90 Prozent seiner Äpfel auf dem deutschen Markt verbleiben, sei die Fruit Logistica für ihn auch in internationaler Hinsicht wichtig – wenn auch nicht mehr so sehr, wie vor dem Ukrainekrieg. „Früher war der russische Markt für uns sehr wichtig“, sagt Grundler. In Moskau habe die OvB ein eigenes Kontaktbüro gehabt. Die Messe in Berlin sei der Hauptkontaktort gewesen mit Osteuropa.
„Die Russen haben uns ganz andere Sorten und Größen abgekauft als Deutsche. Äpfel mit 90 Millimeter Durchmesser und 200 Gramm Gewicht will in Deutschland keiner, die sind zu groß. Russland hat davon große Mengen gekauft, die Kontakte dafür haben wir auf der Messe geknüpft. Die Messe war für Russland eine Pflichtübung“, erklärt er. Seit dem Embargo wegen des russischen Angriffskrieges gehe das aber nicht mehr. Nun seien vor allem England und mit Abstrichen auch Frankreich und Spanien noch relevante Handelsorte.

Ein weiterer Grund, auf Messen vertreten zu sein: „Wir wollen sehen, was machen die Mitbewerber? Welche Sorten sind im Trend, eher rote oder zweifarbige, große oder kleine Äpfel? Und wie wird verpackt? Ein Kilo Foodtainer mit sechs Äpfeln oder größere Tüten? Es ist interessant zu wissen, was die anderen machen“, erklärt Ewald Grundler. Denn auf der Fruit Logistica seien alle großen deutschen Produktionsgebiete und Vermarkter vertreten, neben der Bodenseeregion zum Beispiel auch das Alte Land bei Hamburg.
Bedeutung der Messen wandelt sich
In ihren beiden Branchen seien jeweils die Fruit Logistica und die Biofach die wichtigsten Messen. Doch die Bedeutung der Messen wandelt sich – zumindest in der Bioweinbranche: Die Biofach sei zwar die wichtigste Messe für Riegel, so Claudia Stehle, doch kleinere Messen würden zunehmend wichtiger werden, da die Besucherzahlen der großen Messen seit Corona sinken. So seien auf der Biofach 2023 mit 2765 Ausstellern etwa 1000 weniger vertreten gewesen als noch 2020, der letzten Messe vor dem Ausbruch der Pandemie.