Lokführerstreiks, Personalmangel, ausgefallene Züge wegen eingefrorener Weichen: Die Liste der Probleme, mit denen das Seehäsle zwischen Stockach und Radolfzell zu kämpfen hat, ist lang. Immer wieder erreichen Klagen von Fahrgästen daher auch den SÜDKURIER.

Seit geraumer Zeit gibt es auch Beschwerden über die Pünktlichkeit auf der Zugstrecke. „Seit ich in Stahringen wohne, beobachte ich, dass das Seehäsle morgens zu spät ist. Einzig die Abfahrtzeit um 5:49 ist pünktlich. Sonst ist eine Verspätung nicht die Ausnahme, sondern die Regel“, berichtet etwa Tobias Aufderheide. Eine Nachfrage bei der zuständigen Südwestdeutschen Landesverkehrs-GmbH (SWEG) zeigt, dass auch die Beschwerde eines Anwohners ein Grund dafür ist.

Sprint zum Seehas ist für ihn die Regel

Tobias Auferheide lebt mit seiner Familie in Stahringen und würde gerne regelmäßiger den Zug nutzen. Doch die Familie greift trotz Monatskarte für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) immer öfter auf das Auto zurück, wie der Familienvater erklärt. Denn Anschlusszüge in Radolfzell würden zu oft nicht erreicht.

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„Einige Male hat meine Frau bereits den Anschlusszug zum Seehas Richtung Konstanz verpasst“, schreibt Aufderheide. Auch er selbst habe den Seehas in Radolfzell des Öfteren nur noch dank eines Sprints von einem Bahnsteig zum anderen erreicht, berichtet er. Und das, obwohl die Umstiegszeit laut Fahrplan in den frühen Morgenstunden mehr als zehn Minuten beträgt. Wäre der Zug pünktlich, könnte man die Strecke von Bahngleis 1, auf dem das Seehäsle in Radolfzell ankommt, zu Gleis 6, auf dem der Seehas abfährt, eigentlich in aller Ruhe zurücklegen.

Anwohnerbeschwerde zwingt zu Langsamkeit

Doch warum sind die Züge so oft zu spät? Tobias Aufderheide hat bei der Betreibergesellschaft des Seehäsles nachgefragt. Der E-Mailverkehr zwischen ihm und der Südwestdeutschen Landesverkehrs-GmbH (SWEG) liegt dem SÜDKURIER vor.

Darin erklärt eine Mitarbeiterin des Unternehmens, dass die Verspätungsproblematik mit einer Langsamfahrstelle zusammenhänge, die das Eisenbahnbundesamt aufgrund einer Anwohnerbeschwerde eingerichtet habe. „Durch die Langsamfahrstelle muss über mehrere Kilometer mit 25 bis 30 Stundenkilometern (auf Sicht) gefahren werden“, so die Erläuterung von Seiten des Unternehmens gegenüber Tobias Aufderheide.

Auf Nachfrage bei der Pressestelle der SWEG bestätigt Unternehmenssprecherin Monika Eckenfels den Sachverhalt, der im genannten Mailverlauf zwischen Aufderheide und der Bahngesellschaft geschildert wird, gegenüber dem SÜDKURIER.

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Das Problem bezüglich einer Fahrplananpassung habe man an die zuständige Stelle weitergegeben. Diese werde sich auch mit dem Eisenbahnbundesamt in Verbindung setzen, das die Langsamfahrstelle angeordnet hat, kündigt die SWEG an.

Fahrplan kann nicht einfach angepasst werden

Doch warum wird der Fahrplan nicht einfach angepasst, wenn die angeordnete Höchstgeschwindigkeit auf einem Streckenabschnitt die bisherigen Fahrzeiten nicht mehr möglich macht? Auch dazu hat Tobias Aufderheide eine Antwort von der Bahngesellschaft bekommen.

Diese lässt allerdings keine großen Hoffnungen auf eine baldige Besserung aufkommen. „Fahrplanänderungen können nur zum kleinen und großen Fahrplanwechsel durchgeführt werden“, erklärt eine Mitarbeiterin des Unternehmens.

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Die Planungen zum kleinen Fahrplanwechsel, der im Juni 2023 stattfindet, seien bereits abgeschlossen, sodass die Änderungen vom Landkreis Konstanz als Betreiber des Seehäsles frühestens im Dezember 2023 zum Tragen kommen könnten, heißt es vonseiten der SWEG.

Taktung im Radolfzeller Bahnhof ist eng

„Zudem gestalten sich Änderungen schwierig, da der Bahnhof Radolfzell stark frequentiert ist und die Zeitfenster für Änderungen nicht gerade üppig sind“, heißt es weiter im Antwortschreiben der SWEG.

Alternativ will das Unternehmen die Langsamfahrstelle angehen – und das könnte eventuell schneller gehen als eine Fahrplananpassung. Doch: „Auch dies wird sicher nicht von heute auf morgen möglich sein“, so die Einschätzung des Unternehmens.

Landkreis zeigte sich zuletzt zufrieden

Ralf Bendl, der Leiter des Amts für Nahverkehr und Schülerbeförderung im Landkreis Konstanz, zeigte sich noch vor wenigen Monaten gegenüber dem SÜDKURIER zufrieden mit der Pünktlichkeit des Seehäsles. Auch wenn es schon damals, Anfang November, immer wieder Beschwerden über die Pünktlichkeit gegeben hat, wie er eingestand.

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„Wir sind mit dem langjährigen Betrieb sehr zufrieden, was sich an den steigenden Fahrgastzahlen (vor Corona) zeigt“, so Bendl damals. Die SWEG sei ein zuverlässiges Verkehrsunternehmen, betonte er und verwies darauf, dass die Pünktlichkeit im Mittel sehr hoch sei.