Die Thermometer zeigten in den vergangen Tagen rekordverdächtige Temperaturen und obwohl der Winter in einer solchen Situation gedanklich ganz weit weg ist, drehen sich momentan viele Gespräche um die kalte Jahreszeit. Vor dem Hintergrund der gedrosselten Gaslieferungen aus Russland stellt sich für viele die Frage, ob der Bedarf an Gas im Winter noch gedeckt werden kann und wie es mit der Preisentwicklung weiter geht.

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„Eine Gasmangellage im Winter ist ein durchaus realistisches Szenario und es gibt dafür keine Blaupause. Deshalb müssen wir uns rechtzeitig überlegen, was grundsätzlich zu tun ist“, erklärt Bürgermeister Rainer Stolz mit Blick auf die aktuelle Lage. Aus diesem Grund wolle man zusammen mit den anderen Gemeinden der Verwaltungsgemeinschaft, sowie den Blaulichtorganisationen über den Sommer einen Krisenstab bilden.

Termin mit dem Landrat ist angesetzt

Zusätzlich sei für die kommenden Tage ein gemeinsamer Termin mit Landrat Zeno Danner und allen Bürgermeistern aus dem Landkreis anberaumt, in dessen Rahmen über Strategien für den Winter gesprochen werden soll, berichtet Stolz.

Direkt vom aktuellen Geschehen betroffen, sind bereits die Stadtwerke Stockach. „Was jetzt passiert, habe ich in 20 Jahren Energiewirtschaft noch nicht erlebt“, sagt Stadtwerke-Geschäftsführer Jürgen Fürst. Während Corona für das Unternehmen noch gut bezwingbar war, sei 2023 noch komplett im Dunkeln.

„Wir bereiten uns seit März in regelmäßigen Sitzungen unseres Krisenstabes auf einen kompletten Ausfall vor und sind bereits mit ...
„Wir bereiten uns seit März in regelmäßigen Sitzungen unseres Krisenstabes auf einen kompletten Ausfall vor und sind bereits mit anderen Netzbetreibern, unseren großen Industriekunden und Installateuren in Kontakt“ – Jürgen Fürst, Geschäftsführer der Stadtwerke Stockach | Bild: Stadtwerke

„Auch wenn wir in den vergangenen Jahren sehr gut gewirtschaftet haben, tragen auch wir deshalb große Sorge, wie es weitergeht“, so Fürst gegenüber dem SÜDKURIER. Neben extrem teureren Großhandelspreisen an der Strom- und Gasbörse bekommen auch die Stadtwerke die Inflation, die Verteuerung beim Material sowie insgesamt auch die mangelnde Verfügbarkeit von Material, zu spüren.

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Was passiert, wenn das Gas doch ausgeht?

Zwar sind die Gas-Lieferungen aus Russland nach den Wartungsarbeiten an der Pipeline Nordstream 2 Medienberichten zufolge wieder angelaufen, dennoch spielt das Szenario einer Gasmangellage im Winter eine Rolle bei den Planungen der Stadtwerke. „Wir bereiten uns seit März in regelmäßigen Sitzungen unseres Krisenstabes auf einen kompletten Ausfall vor und sind bereits mit anderen Netzbetreibern, unseren großen Industriekunden und Installateuren in Kontakt“, erklärt Fürst.

Sollte der Druck im Gasnetz im aller schlimmsten vorstellbaren Fall komplett abfallen, dann wären wohl am Ende auch die geschützten Kunden betroffen und alle Gasheizungen bei den Endkunden würden auf Störung schalten. Diese können dann nur von Installateuren wieder in Betrieb genommen werden, was mit einem enormen Aufwand verbunden wäre, erklärt Fürst und fügt hinzu: „Das ist aber das absolute Worst-Case Szenario und es laufen bereits viele Maßnahmen um das abzuwenden.“

Preissteigerungen kommen zeitverzögert

Für die Gasbeschaffung fahren die Stadtwerke eine Zeit- und risikogesteuerte Strategie. Das bedeutet, dass über einen längeren Zeitraum der Bedarf immer zu Teilen gedeckt wird. „Daher kommen die aktuell sehr teuren Gasgroßhandelspreise erst mit Zeitverzögerung zum Tragen“, so Fürst gegenüber dem SÜDKURIER.

Bei Kunden mit langfristigen Verträgen werden die Preise nach Ablauf der Preisgarantie nachkalkuliert und angepasst, so die Ankündigung der Stadtwerke. Wie hoch die Preissteigerungen sind, mit denen Stadtwerke-Kunden rechnen müssen, könne indes noch nicht abgeschätzt werden.

Was auf die Gas-Kunden zukommt

„Einen großen Teil der Beschaffungsmengen für 2023 haben wir im Rahmen unserer zeit- und risikogesteuerten Strategie beschafft, mussten aber hier auch schon teils deutliche Steigerungen für Teilmengen hinnehmen“, erklärt Fürst.

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In den nächsten Monaten werden die Stadtwerke nach der Beschaffung der restlichen Mengen die Gesamtsteigerung der Bezugskosten ermitteln können. Eines ist laut Fürst aber auf jeden Fall sicher: „Gas wird im nächsten Jahr deutlich teurer.“

Wo bereits Energie gespart wird

Wie Bürgermeister Rainer Stolz erklärt, habe die Stadt Stockach bereits verschiedene Maßnahmen zur Sicherung der Energieversorgung ergriffen. So seien etwa die Lagerbestände an Heizöl und Holzpellets erhöht und verschiedene Sparmaßnahmen angestoßen worden.

Dazu gehört die Absenkung der Wassertemperatur im Freibad, beziehungsweise im Herbst auch im Hallenbad um jeweils zwei Grad. Auch werden zwei der insgesamt vier Gewächshäuser der Stadtgärtnerei nicht mehr in Betrieb genommen. Die Raumtemperatur in öffentlichen Gebäuden werde um zwei Grad gesenkt und nachts sollen keine öffentlichen Gebäude mehr angestrahlt werden. Zudem werde über längere Abschaltzeiten bei der Straßenbeleuchtung und schnellere Umrüstung auf LED-Technik beraten.

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Wie Jürgen Fürst gegenüber dem SÜDKURIER betont tun die Stadtwerke zudem auch schon einiges dafür um unabhängiger von Energieimporten zu werden. So habe man bereits zwei Nahwärmenetze in Stockach umgesetzt und beliefere Groß- und Kleinkunden überwiegend mit regenerativen Holzpellets. Weitere Projekte seien in Planung. des Weiteren habe die Stadt Stockach eine kommunale Wärmeplanung beauftragt, bei der sich die Stadtwerke stark einbringen werden.