Eigentlich wollten die Stockacher Narren in diesem Jahr wieder durchstarten. Tatsächlich hatte es auch lange so ausgesehen, als stünden die Vorzeichen für die Fasnet 2022 besser als im vergangenen Jahr. Doch nun steht fest: Auch in diesem Jahr wird es an den Närrischen Tagen deutlich ruhiger zugehen als normal. Für Narrenrichter Jürgen Koterzyna und Laufnarrenvater Michael Zehnle ist das eine herbe Enttäuschung. Obwohl ein bisschen mehr möglich ist als im letzten Jahr, könne man nicht von einem Aufatmen sprechen. „Mit rechtzeitigen, konsequenten Maßnahmen gegen das Virus hätte die Situation jetzt viel entspannter sein können. Als Narr blutet einem hier einfach nur das Herz“, sagt Jürgen Koterzyna.

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Der Spätschoppen am 5. Februar sowie das Fasneteröffnen am 12. Februar sind die ersten Fasnachtsveranstaltungen, die nun definitiv abgesagt sind. Sie waren bereits von Anfang Januar auf Anfang Februar verschoben worden. Zwar erlaubt die neueste Corona-Verordnung unter gewissen Voraussetzungen auch wieder Großveranstaltungen, aber „die Hygienemaßnahmen würden dafür sorgen, dass keine Stimmung aufkommen würde. Das wäre nicht das Selbe“, begründet der Narrenrichter die Absage, die auch alle weiteren größeren Saalveranstaltungen in diesem Jahr trifft.

Närrischer Ehrengast beim Spätschoppen wäre der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer gewesen. Gerade für die Jugend sei der erneute Ausfall des Fasneteröffnens sehr schade. „Das ist eigentlich der Tag der jungen Narren, an dem sie sich auf der Bühne probieren können. Wir hoffen jetzt, dass sie nicht die Lust verlieren“, sagt Koterzyna.

Trotzdem mehr Fasnacht als 2021

Großes Unverständnis herrscht zudem bei den Narren darüber, dass die Landesregierung Umzügen und Veranstaltungen im Freien von vornherein eine Absage erteilt. „Wir dürften einen Umzug mit bis zu 2000 innerhalb der Jahnhalle veranstalten, das wäre laut der Verordnung erlaubt, aber im Freien nicht. Das ist eine Posse und ein Trauerspiel auf Kosten aller vernunftgeprägten Narren“, so Koterzyna. Ob die Narrengerichtsverhandlung stattfinden kann, steht noch nicht fest. Hierzu sei man gerade noch in Abstimmungen mit der beklagten Person, dem SWR und den Behörden.

Trotz aller Ärgernisse freuen sich die Narren auf die Fasnet 2022 und wollen sich nicht unterkriegen lassen. „Wir haben nämlich trotz allem eine bessere Ausgangslage als im letzten Jahr“, betont der Narrenrichter. Und so hat man sich beim Narrengericht vorgenommen, das bestmögliche aus der diesjährigen Fasnachtssaison zu machen. Zwar werde es keine öffentlichen Veranstaltungen mit Publikum, wie gewohnt beim Narrenbaumsetzen oder dem Hemdglonkervubrennen geben, dafür soll es aber einige zunftinterne Veranstaltungen geben, die den Mitgliedern die Gelegenheit geben sollen, möglichst oft ihr Häs anzuziehen und auf der Straße oder im Wirtshaus zeigen zu können.

Wirtshaus ist dabei ein wichtiges Stichwort, denn die klassische Wirtshausfasnet soll in diesem Jahr eine ganz besonders große Rolle spielen. Hier sehen die Narren die größte Chance, eine coronakonforme Fasnet zu machen. „Wir wollen bewusst in unsere Lokale gehen und uns tischweise treffen, etwas essen und trinken. Das ganze im Häs und unter Einhaltung der jeweils gültigen Regelungen für Gastronomiebetriebe und der dann geltenden Sperrstunde“, so Koterzyna. Das sei auch für die Gastronomie vor Ort sehr wichtig. Denkbar seien hier etwa Formate wie gemeinsames Schinkenessen, Kappenabende, Närrische Abende, Schnurren, oder der Uffwirmkaffee.

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„Besonders das Wirtshausschnurren am Fasnetsamschtig liegt uns dabei am Herzen“, betont Koterzyna. Zwar müsse der bunte Schnurrball im Bürgerhaus ausfallen, genauso wie das Pendeln zwischen den verschiedenen Lokalitäten im legendären Schnurrbus, trotzdem seien alle Schnurrgruppen eingeladen, sich im Häs einen Tisch in einem der Gasthäuser zu reservieren. Über die sozialen Medien können sich die Gruppen untereinander austauschen und Bilder miteinander Teilen. Das Narrengericht will dafür extra auch als Schnurrgruppe einkehren.

Neues Kunstwerk fürs Narrenbuch

Auch dieses Jahr gibt es ein neues Titelblatt für das Narrenbuch. Gestaltet hat es der Überlinger Künstler Njoschi Weber, den viel mit der Hans-Kuony-Stadt verbindet. „Als Ex-Stockacher wird mir damit eine schöne Ehre zuteil“, betont Weber, der ursprünglich aus Wuppertal stammt und Ende der 80er, Anfang der 90er Jahre eine Zeit lang in Stockach gelebt hat. Die Stockacher Fasnet hat er noch immer als etwas ganz besonderes in Erinnerung und das obwohl er den rheinischen Karneval gewohnt war. Beim Titelbild handelt es sich um eine Strichzeichnung, die mit Aquarellfarben aquarelliert ist.

Es zeigt Vertreter der verschiedenen Gruppierungen der Stockacher Fasnacht bei einem gemeinsamen Festmahl, wie es traditionell am Ende der Asterix und Obelix Comicbücher steht. Für den Künstler lag das nahe, denn „wenn ich Narrengericht höre denke ich als erstes an Essen und Trinken“, sagt Weber und muss lachen. Einige der abgebildeten Figuren haben dabei durchaus einen Widererkennungswert zu echten Persönlichkeiten aus der Stockacher Fasnacht, betont der Künstler.

Aktuell ist das Kunstwerk allerdings noch unvollendet. Den Titel „Mir derfed wider“ will der Künstler durch ein „eweng“ ergänzen. Schließlich sei entgegen der ersten Erwartungen nur ein Bisschen Fasnacht möglich.

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