Der Fall hat weit über Stockach hinaus für Entsetzen gesorgt, jetzt wird er erneut vor dem Landgericht Konstanz verhandelt: Am Montag, 7. Oktober, begann der zweite Prozess gegen Marcel K. wegen der Tötung seiner Partnerin Sabrina P. Dem zur Tatzeit 22-jährigen Angeklagten Marcel K. wird vorgeworfen, im Januar 2023 seine damals 24-jährige Lebensgefährtin in deren Wohnung in Stockach aus Wut und Hass zuerst gewürgt und dann erdrosselt zu haben.
Die Mutter von zwei Kindern wurde damals zunächst als vermisst gemeldet und wenige Tage später tot im Gestrüpp unter einem Balkon am Stockacher Stadtwall gefunden. Sogar das Kätzchen der 24-Jährigen wurde getötet. Der Fall sorgte für viel Aufsehen. Ein trauriges Detail: Der Angeklagte ist der Vater eines gemeinsamen Kindes.
So lief der erste Prozess
Im ersten Prozess vor dem Landgericht gestand der Angeklagte die Tat direkt am ersten Tag ein, seine Freundin aus Wut und Hass mit dem Kabel einer Spielkonsole erdrosselt und ihren Leichnam über den Balkon in ein Gebüsch vor der Wohnung in Stockach geworfen zu haben.
Am zweiten und dritten Tag sagten mehrere Zeugen aus, unter anderem über das Verschwinden der jungen Frau und Verhältnis zwischen dem Angeklagten und der Getöteten. Am vierten Verhandlungstag sagten eine Gerichtsmedizinerin und ein psychologischer Gutachter aus. Marcel K. erklärte kurz vor dem Urteil, dass er den Tod von Sabrina P. weder geplant noch gewollt habe, Reue zeigte er hingegen zu keinem Zeitpunkt der Verhandlung.
Am 12. Juni verurteilte das Landgericht Konstanz Marcel K. wegen Totschlags zu einer Gefängnisstrafe von 13 Jahren. Damit folgte die vierte Strafkammer nicht der von Oberstaatsanwalt Ulrich Gerlach geforderten lebenslangen Haftstrafe. Dieser hatte dem Angeklagten Mord aus niederen Beweggründen ohne besondere Schwere der Schuld vorgeworfen. Stattdessen sprach sich das Gericht für Totschlag aus, wie es auch der Verteidiger von Marcel K. in seinem Plädoyer gefordert hatte.
Warum kein Mord?
Wie der Vorsitzende Richter Arno Hornstein in der Urteilsbegründung damals ausführte, habe er Verständnis dafür, wenn manch ein Laie dieses Urteil nicht verstehen könne. Doch der Bundesgerichtshof lege die Latte für eine Verurteilung wegen Mordes sehr hoch. „Es ist eine undankbare Aufgabe, in einem solchen Fall ein gerechtes Urteil zu fällen“, so Hornstein damals.
Die erforderlichen Merkmale für einen Mord, also niedere Beweggründe oder Heimtücke wie von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, sah das Gericht nicht als gegeben an. Vieles, so Hornstein in seinem Urteilsspruch, sei auch nach vier Verhandlungstagen im Dunkeln geblieben. Das Urteil sorgte bei vielen Prozessbeteiligten für Überraschung – und Unverständnis.
Bereits einen Tag nach dem Urteil vom 12. Juni 2023 kündigte die Staatsanwaltschaft an, Revision gegen das Urteil einzulegen. Als Grund nannte sie Rechtsfehler bei der Urteilsfindung. So seien Hinweise auf Mord nicht ausreichend geprüft worden. Auch Rechtsanwalt Gerhard Zahner, der die Schwester von Sabrina P. als Nebenklägerin vertrat, hatte unmittelbar nach der Urteilsverkündung gegenüber der Presse angekündigt, das Urteil durch den Bundesgerichtshof (BGH) prüfen lassen zu wollen.
Darum wird nun erneut verhandeln
Im Januar 2024 hob der Bundesgerichtshof (BGH) das Urteil der vierten Strafkammer des Landgerichts Konstanz auf. Wenig später folgte die Begründung des BHG. In dieser stand: „Die Begründung, mit der das Landgericht die Mordmerkmale der Heimtücke und der niedrigen Beweggründe verneint hat, hält jeweils rechtlicher Überprüfung nicht stand.“ Die Strafkammer in Konstanz habe nicht angemessen berücksichtigt, wie schnell sich die Situation vom Streit zu einer Körperverletzung zur Tötung entwickelte und wie wenig Zeit das Opfer hatte, sich zu verteidigen.
Auch wurde bemängelt, dass das Gericht die Motive des Angeklagten nicht ausreichend gewichtete, auch das Verhalten vor und nach der Tat sei nicht umfassend einbezogen worden. Daher entschied der BGH, das Urteil aufzuheben. Der Fall muss erneut verhandelt werden, um eine gründlichere Bewertung vorzunehmen. Marcel K. blieb seither weiterhin in Untersuchungshaft.
So läuft der zweite Prozess: Urteil lautet Mord
Für den erneuten Prozess vor dem Landgericht Konstanz sind fünf Verhandlungstage angesetzt. Geladen sind insgesamt 19 Zeugen sowie zwei Sachverständige. Auftakt war am Montag, 7. Oktober, im Sitzungssaal 1.60 im Landgericht Konstanz. Dabei äußerte sich Marcel K. unter anderem zur Tat und auch Polizisten sagten aus. Fortgesetzt wurde der Prozess am folgenden Dienstag, als unter anderem die Schwester und eine Freundin der Getöteten aussagten. Auch einen Tag später wurde verhandelt, dabei widersprach der Chefermittler der Darstellung des Angeklagten zum Tatablauf.
Bevor am Dienstag, 22. Oktober, das Urteil verkündet werden soll, ging es am vierten Prozesstag um die Einschätzung der Rechtsmedizinerin sowie des Gutachters. Knackpunkte waren Schuldfähigkeit sowie mögliche Mordmerkmale. Am Ende gehen die Plädoyers auseinander: Die Staatsanwaltschaft plädiert auf Mord, der Verteidiger sieht es als Totschlag. Das Schwurgericht folgt letztlich Staatsanwaltschaft und Nebenklage und verurteilt Marcel K. wegen Mordes zu einer lebenslangen Haftstrafe. Zwei Mordmerkmale werden festgestellt.