Bei einem Blick auf die Zahlen der Kriminalstatistik hat Wolfgang Widmann, Leiter des Stockacher Polizeireviers, insgesamt gute Nachrichten zu verkünden: „Die Bevölkerung muss hier nicht beunruhigt sein.“

Die Stadt Stockach mit ihren Ortsteilen sowie die anderen Gemeinden des Verwaltungsgebiets seien sehr sichere Bereiche, besonders was Gewaltdelikte angehe. Und nachdem schon 2020 die Zahl der Straftaten im Raum Stockach zurückging, blieben sie auch 2021 niedrig. „Das bestätigt, dass das auf Corona zurückzuführen ist“, so Widmann.

Straftaten nehmen grundsätzlich weiter ab

1197 Straftaten wurden 2021 im Zuständigkeitsbereich des Polizeireviers Stockach verzeichnet – nur minimal mehr als 2020, damals waren es 1203. Beide Zahlen liegen allerdings deutlich unter dem Fünf-Jahres-Schnitt von 1396 Straftaten in dem Bereich. Die meisten Taten ereignen sich erwartungsgemäß in der Stadt Stockach: 755 waren es 2021, das ist eine leichte Zunahme um rund 3 Prozent im Vergleich zu 2020 (siehe Infokasten).

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Ebenfalls zugenommen hat die Zahl in Orsingen-Nenzingen, dort sogar um mehr als 18 Prozent. Mit 84 Straftaten wurden dort sogar nur etwas weniger Straftaten verzeichnet als im Fünf-Jahres-Schnitt, dieser liegt bei 88 Straftaten. In allen übrigen Gemeinden ist eine Abnahme gegenüber dem Vorjahr zu bemerken.

Wie sich Corona auf die Kriminalstatistik auswirken kann, hatte Wolfgang Widmann schon in der Vergangenheit berichtet: So führen etwa ausfallende Veranstaltungen, etwa der Schweizer Feiertag sowie die Fasnacht, dazu, dass es weniger Körperverletzungen gibt. Und Wohnungseinbrüche nehmen ab, weil sich etwa durch den Einsatz im Homeoffice vermehrt Personen zuhause aufhalten.

Bild 1: Straftaten nehmen ab, Gewalt gegen Polizisten nimmt zu
Bild: Steller, Jessica

Zudem seien wie auch schon 2020 die häuslichen Gewalttaten zurückgegangen – und das, obwohl die Hilfsorganisation Weißer Ring schon mehrfach berichtet hatte, dass häusliche Gewalt während der Corona-Pandemie besonders zugenommen hat. Zwar gebe es eine große Dunkelziffer, weil nicht jeder Fall angezeigt wird, so Widmann. „Die Problematik gibt es nach wie vor“, betont er deshalb. Aber es habe sich in der Vergangenheit schon einiges getan, um derartige Fälle zu verhindern. „Früher war es viel schwerer, einen Wohnungsverweis zu machen“, berichtet er. „Da gibt es jetzt viel bessere Konzepte.“ Zudem seien die Beratungsangebote besser geworden. Er habe die Hoffnung, dass sich das durchaus positiv auswirke.

Weniger Kontrollen bedeutet auch weniger Delikte, die entdeckt werden

Allerdings seien nicht überall die Straftaten wirklich gesunken, nur weil in der Statistik weniger Vorfälle auftauchen. Rauschgiftdelikte etwa, von denen 2021 im Raum Stockach 76 Fälle verzeichnet wurden – 29 weniger als im Vorjahr und 33 weniger als im Fünf-Jahres-Schnitt – seien Kontrolldelikte. Sie werden also bei Kontrollen festgestellt, finden davon weniger statt, wie es in der Pandemie der Fall war, gibt es auch weniger Verstöße.

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Trotz der insgesamt geringeren Zahlen gibt es im Raum Stockach vereinzelt aber auch Bereiche, in denen die Straftaten zugenommen haben – so wurden mehr Taten wie Sachbeschädigung verzeichnet. Und während die vergangenen Jahre keine einzige Straftaten gegen das Leben registriert wurde, waren es 2021 sogar drei.

Dazu zählen neben dem Tötungsdelikt in Liggersdorf im Frühjahr auch ein Verkehrsunfall, bei dem sich schlussendlich Hinweise auf eine derartige Tat nicht verhärtet hätten, der aber aufgrund der langwierigen Ermittlungen noch in der Statistik für 2021 enthalten sei. Beim dritten Fall sei ein Gastwirt in Bodman mit einem Messer angegriffen worden. Schlussendlich sei es zu keiner tödlichen Verletzung gekommen, der Fall werde aber als versuchtes Tötungsdelikt erfasst.

Wolfgang Widmann, Leiter des Stockacher Polizeireviers, sitzt vor der Verkehrsunfallstatistik für den Raum Stockach.
Wolfgang Widmann, Leiter des Stockacher Polizeireviers, sitzt vor der Verkehrsunfallstatistik für den Raum Stockach. | Bild: Marinovic, Laura

Und: „Mich besorgt, dass wir nach wie vor eine hohe Anzahl an Gewaltkriminalität gegen Polizeibeamte haben“, sagt Wolfgang Widmann. 17 derartiger Fälle sind in der Statistik erfasst, 2021 waren es 16. Darunter sind laut dem Revierleiter Taten, bei denen die Polizisten angespuckt werden, aber auch tätliche Angriffe. „Häufig passiert das in Zusammenhang mit Maßnahmen der Polizei“, berichtet Widmann – zum Beispiel, wenn Platzverweise ausgesprochen werden müssen.

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„Da ist häufiger zu beobachten, dass dann die Konfrontation gesucht wird.“ Oftmals komme es auch zu derartigen Vorfällen, wenn Alkohol im Spiel ist und die Täter betrunken sind. Das enthemme sie. Und nicht nur die Polizei sei von der Problematik betroffen: „Da bilden wir keine Ausnahme“, sagt Wolfgang Widmann. Auch Ärzte, der Rettungsdienst und Ambulanzen würden zum Teil angegangen werden. „Da ist leider eine Verrohung zu beobachten. Das muss man in den Griff kriegen.“

Null-Toleranz-Politik bei Angriffen auf Beamte

Dazu gebe es verschiedene Ansätze. „Wir versuchen durch verschiedene Maßnahmen, diese Zahlen nach unten zu drücken.“ Zum einen werde eine Null-Toleranz-Strategie gefahren, bei der die Taten auch schnell bestraft werden sollen. „Da muss man schauen, wie das in der nächsten Zeit greift“, so Widmann. Zum anderen sollen die Polizeibeamten konsequent geschult werden, damit sie wissen, wie sie mit einer solchen Situation umgehen und sie entschärfen können.

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Positiv fällt die Bilanz zur Durchsetzung der Corona-Maßnahmen aus, diese sei „recht unproblematisch“ verlaufen. Der Stockacher Revierleiter sich an keinen einzigen Fall in seinem Zuständigkeitsbereich erinnern, bei dem es zu Aggressionen gekommen sei. „Da gibt es vielleicht mal ein paar unschöne Worte, aber im Großen und Ganzen lief das gut ab.“ Besonders erfreut sei er über den Ablauf der Corona-Demonstrationen im vergangenen Jahr. Bei den sogenannten Montagsspaziergängen habe es keine aggressiven Personen gegeben. „Das gilt für beide Seiten“ – auch die Gegendemonstranten seien friedlich gewesen. „Das war eine schöne Sache, dass wir da keine Probleme hatten“, so Widmann.

Als Aufgabe der Polizei sieht es Wolfgang Widmann nun, dafür zu sorgen, dass die Anzahl der Straftaten im Raum Stockach nicht nur in Pandemie-Jahren, sondern bestenfalls auch danach nicht massiv ansteigen – „durch viel Prävention und Aufklärung“.