Die Liste der Vorwürfe wollte kein Ende nehmen: Rund eine Dreiviertelstunde lang verlas die Vertreterin der Staatsanwaltschaft die Anklageschrift gegen einen 44-Jährigen, der sich wegen der Verbreitung von pornografischen Schriften vor dem Amtsgericht Stockach verantworten musste.

Gleich mehrere Taten

Von Sommer 2019 bis Anfang 2020 soll er mit einer zunächst 14-Jährigen, die im Laufe der Unterhaltung 15 wurde, über einen Chat regelmäßig Kontakt gehabt haben. Dabei habe er ihr zahlreiche Fotos und Videos mit sexuellem Inhalt geschickt, zum Teil auch von sich selbst, so die Anklage. Er habe sie mehrfach mit Nachdruck dazu aufgefordert, ihm ebenfalls Nacktbilder zu schicken – obwohl er wusste, wie jung sie war. Tatsächlich habe sie sie ihm irgendwann Bilder zugeschickt, in einem Fall mit jugendpornografischem Inhalt. Zudem sei der Mann 2019 und 2020 zeitweise Mitglied in drei Chatgruppen gewesen, über die er pornografische Dateien heruntergeladen habe, die Kinder und Jugendliche zeigten.

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Polizisten hatten 2020 schließlich hunderte kinder- und jugendpornografische Inhalte auf Speichermedien in seinem Haus gefunden. Eine Vielzahl zeigte laut der Anklage sexuellen oder sogar schweren sexuellen Missbrauch. Des Weiteren habe der 44-Jährige Kontakt mit einem Chatpartner gehabt, der ihn explizit nach jugendpornografischen Dateien gefragt habe und dem der Angeklagte auch mindestens zwei davon zur Verfügung gestellt habe. Eine Zeugin berichtete vor Gericht zudem, er habe diesen Chatpartner im Gegenzug auch um jugendpornografische Dateien gebeten, jedoch keine erhalten.

„Irgendwann habe ich die Kontrolle verloren“

Der 44-Jährige, der sich seit Januar in einer Therapie befindet und in allen Anklagepunkten geständig war, erklärte vor Gericht, wie es zu seinen Taten gekommen war. So habe er schon 2015 begonnen, über Chatgruppen pornografische Dateien herunterzuladen. Dabei sei es ihm allerdings eigentlich zunächst um Nacktbilder von erwachsenen Frauen gegangen. Das Ganze habe sich zu einer Sucht entwickelt, die immer schlimmer wurde: „Irgendwann habe ich die Kontrolle komplett verloren.“

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So habe er alles heruntergeladen, was er finden können habe. Wenn der Speicher seines Handys voll gewesen sei, habe er die Dateien auf andere Speichermedien übertragen. Dabei habe er vorher aber nicht gesehen, was diese konkret zeigten. „Ich habe nicht immer kontrolliert, was ich heruntergeladen habe“, erklärte er. Zwar habe er versucht, Videos und Bilder herauszusuchen, die ihn interessieren und illegale Dateien zu löschen, „aber ich habe nicht alles geschafft“. Eine Polizistin, die das Handy des Angeklagten ausgewertet hatte, berichtete, er sei Mitglied in etwa 1000 Chatgruppen gewesen, die meisten davon mit pornografischem Inhalt. Zudem gab der Angeklagte zu, nach und nach habe er sich schließlich nicht nur für erwachsene Frauen, sondern auch für 15- bis 16-Jährige interessiert.

Auch ein Treffen war im Gespräch

Die 14- beziehungsweise 15-Jährige habe er über eine Gruppe kennengelernt und sie gefragt, ob sie Interesse habe, sich mit ihm auszutauschen. Dem habe sie zugestimmt. Laut der Anklage hatte er ihr daraufhin auch seine sexuellen Fantasien geschildert sowie Bilder und Videos geschickt, als sie ihm mitgeteilt hatte, wie jung sie war. „Das Alter war mir zur Tatzeit eigentlich egal“, sagte der 44-Jährige.

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Zudem sei auch darüber gesprochen worden, sich mit ihr zu treffen, aber das habe er dann immer herausgezögert, weil es ihm zum einen an Zeit gefehlt habe, er sich aber andererseits auch nicht für attraktiv genug gehalten habe. Sein Verteidiger ergänzte, der Angeklagte habe eigentlich gar kein Treffen vorgehabt, ihm sei es um die Bilder gegangen. Wie der 44-Jährige erklärte, seien die Fotos und Videos für ihn ein „Ausgleich“ im stressigen Berufsalltag gewesen. Laut seinem Anwalt spielte auch der Tod seiner Eltern eine Rolle, er habe sich immer weiter in die Welt der Pornos geflüchtet.

Angeklagter war kooperativ

Eine Polizistin berichtete, der Angeklagte sei sehr kooperativ und jederzeit freundlich gewesen. So habe er auch nach der Hausdurchsuchung noch auf technische Geräte aufmerksam gemacht, die die Ermittler nicht mitgenommen hatten, und sich gemeldet, um weitere Aussagen zu machen. In dem Haus des Angeklagten seien außerdem neben den kinder- und jugendpornografischen Inhalten überwiegend Erwachsenen-Pornografien gefunden worden. Allerdings sagte sie auch, im Handy des Mannes seien über 60 Kontakte von Frauen mit dem Vermerk „vielleicht versaut“ eingespeichert gewesen – zum Teil mit einer Altersangabe zwischen 14 und 16 Jahren.

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Der 44-Jährige gelobte in der Verhandlung vielfach Besserung. Der Tag, an dem die Polizei ihm auf die Schliche gekommen sei, sei ein Schlag ins Gesicht gewesen. Er sei kein Mitglied solcher pornografischer Chatgruppen mehr und versuche, sich komplett davon fernzuhalten. Auch suche er keinen Kontakt mehr zu Jugendlichen. „Ich möchte mich ändern. Ich will das nie wieder tun.“

„Solche Bilder kann man im Kopf nicht mehr löschen“

Richterin Julia Elsner verurteilte ihn zu einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung. Zudem muss er 4500 Euro an den Deutschen Kinderschutzbund zahlen und sich weiter therapieren lassen. Positiv wertete sie unter anderem, dass er vollumfänglich gestanden hatte und vorher nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten war und sie ihm glaube, dass er sein Leben ändern wolle. Zudem war Elsner der Überzeugung, dem Angeklagten sei es tatsächlich in erster Linie nicht um Kinderpornografie gegangen, er habe aber zumindest billigend in Kauf genommen, auch derartige Dateien herunterzuladen.

Bei der jugendlichen Chatpartnerin könne aber von einem direkten Vorsatz gesprochen werden, da habe er Nacktbilder erhalten wollen. Sie betonte, wie schwerwiegend die Folgen der Taten des Mannes seien. Das Mädchen könne sich durch die zugeschickten pornografischen Dateien in ihrer Sexualität nicht mehr unbeschadet entwickeln. „Solche Bilder, die man gesehen hat, kann man im Kopf nicht mehr löschen.“