Montagmorgen, 10 Uhr am Rathaus: Während Bürgermeister Rainer Stolz ganz oben seinen Amtsgeschäften nachgeht, kommt Susen Katter ganz unten um die Ecke des Säulengangs am Parkplatz. Den Haupteingang des Gebäudes hat sie dabei links liegen gelassen, auch wenn sie den gerne bald als neue Bürgermeisterin täglich benutzen würde.
„Hier ins Rathaus einzuziehen, das ist mein Ziel“, antwortet sie auf die Frage, warum sie diesen Treffpunkt vorgeschlagen hat. Währenddessen tickt schon die Uhr und für die angesetzten 90 Minuten hat sich Katter ein straffes Programm vorgenommen. Wie für den Rest des Wahlkampfs auch. Bis zu 20 Termine pro Woche nehme sie derzeit wahr. Deshalb geht es direkt los in Richtung Berufsschulzentrum.
Was sagt sie selbst zur Parteienunterstützung
Auf dem Weg ergibt sich die Gelegenheit, gleich über ein Thema zu sprechen, das immer wieder aufkommt: die Parteienunterstützung. Ist Susen Katter den Fraktionen, die sich hinter sie stellen, am Ende nicht etwas schuldig, falls sie gewählt wird?

„Nein“, sagt sie. „Zumal die Fraktionen auf kommunaler Ebene sowieso das gleiche Ziel haben. Da geht es in erster Linie um das Wohl der Kommune und nicht um Parteiinteressen“, erklärt Katter. Trotzdem sei es ihr wichtig zu allen ein gutes Verhältnis zu pflegen. Schließlich müssten Bürgermeister und Gemeinderat gut zusammenarbeiten können. „Im Gemeinderat geht es immer auch darum Brücken zu bauen“, betont sie.

Währenddessen ist der Themenspaziergang am Berufsschulzentrum angekommen. Diese Station war der Kandidatin vor allem wegen der Kreissporthalle wichtig. Zeitweise diente diese als Notunterkunft für geflüchtete Menschen. „Ich finde Stockach hat die Flüchtlingsunterbringung vorbildlich gemeistert“, sagt Katter. Das wolle sie beibehalten. „Allerdings braucht es für diese Mammutaufgabe mehr Unterstützung von Land und Bund.“
Apropos Mammutaufgabe: Warum will sie das Bürgermeisteramt überhaupt auf sich nehmen? „Ich bin ein Mensch der Herausforderungen braucht“, sagt sie auf dem Weg Richtung Grundschule. „Im Stockacher Rathaus gibt eine Vielzahl an Herausforderungen zu meistern, auch wenn die Stadt bereits gut aufgestellt ist“, erklärt Katter.
Wie sie die Jugend unterstützen will
Ein gutes Beispiel dafür, seien für sie die Schulen, sagt sie mit Blick auf das Grundschulgebäude. „Hier wird schon viel gemacht. Die Grundschule in Wahlwies ist aber ein Beispiel für eine Schule, die noch Sanierungsbedarf hat. Auch das muss man angehen“, betont sie. Zudem sei es wichtig grundsätzlich an dem Thema dran zu bleiben.
Auch sonst habe Stockach für Kinder und Jugendliche schon einiges zu bieten. „Im Jukuz haben die Jugendlichen schöne Räumlichkeiten.“ In den Ortsteilen gebe es einige selbstorganisierte Jugendtreffs, die sie weiter unterstützen wolle und auch viele Vereine und Kirchen in Stockach böten ihr zufolge eine gute Jugendarbeit. Unverzichtbar sei es für Katter aber auch die Jugendlichen bei der Neugestaltung der Oberstadt mit einbeziehen.

Die Strecke mit Susen Katter
Durch den Stadtgarten geht es derweil weiter zum Krankenhaus. An dessen Erhalt gibt es für Katter nichts zu rütteln. „Das Stockacher Krankenhaus ist wichtig für die Versorgung in der Fläche“, betont Katter. Zwar bleibe es spannend, was die Krankenhausreform des Bundes bringen werde, doch sie sei sich sicher: Auch als Standortfaktor für Betriebe und Schulen sei es sinnvoll, das Haus in Stockach zu erhalten.
Ein neues Konzept für den ÖPNV?
Ein wichtiger Standortfaktor ist auch der ÖPNV. Hier sieht Katter aber großen Nachholbedarf. So bräuchte es etwa eine gute Verbindung vom Bahnhof zum Industriegebiet Hardt. Des weiteren müsse eine Bestandsanalyse durchgeführt werden. Ein Konzept das für den Stockacher Raum interessant sein könnte, sei aus ihrer Sicht Mobility on Demand, also öffentlicher Nahverkehr der auf Bestellung der Nutzer fahre. Auch das Thema Carsharing liege ihr am Herzen. Hier könnte sie sich eine Zusammenarbeit mit dem Verein Klimakompetent Mobil gut vorstellen.

Gut vorstellen könnte sie sich auch eine verkehrsberuhigte Oberstadt, sagt sie auf dem Weg durch die Hauptstraße. Natürlich müsste dabei eine Lösung für die Anlieger und für den bisherigen Verkehrsfluss gefunden werden. Im Zuge der Sanierung der Oberstadt wünsche sie sich mehr Sitzgelegenheiten für gastronomische Angebote und möchte sich über das Thema Fassadenbegrünung Gedanken machen. Dies könnte ihr zufolge auch dazu beitragen, das Stadtklima im Sommer angenehmer zu machen. Dabei sei es wichtig, die Bürger einzubeziehen, denn in erster Linie solle die Oberstadt ein Ort für die Stockacher sein.
Diensträder statt Autos
Dringenden Nachbesserungsbedarf sieht Katter bei den Radwegen. Den Radverkehr attraktiver zu machen, helfe auch beim Klimaschutz. Hier sei die Stadtverwaltung gefordert, mit positivem Beispiel voranzugehen. So könnte sie sich etwa vorstellen, den ein oder anderen Dienstwagen der Verwaltung durch ein Dienstrad auszutauschen.
Neben der Verkehrswende werde die Energiewende eine wichtige Rolle spielen. „Die Stadtwerke sind da schon gut aufgestellt“, sagt Katter. Wenn es um die kommunale Wärmeplanung geht, muss man sicherstellen, dass die Grundstückseigentümer wissen, wo die Reise hin geht und die Stadt ihnen Planungssicherheit bieten könne. Beim Weg den Stadtwall hinunter öffnet sich der Ausblick über die Stockach. „Es ist wichtig, dass wir uns auch über den Flächenverbrauch Gedanken machen“, sagt Katter. Der Spagat zwischen Weiterentwicklung der Stadt und Flächenverbrauch müsse gemeistert werden.
Wie steht Familie Katter zur Kandidatur?
Entlang der Goethestraße geht es weiter Richtung Bahnhof, dem Dreh- und Angelpunkt für Pendler. Pendeln würde auch Susen Katter im Falle ihrer Wahl. „Vorerst“, wie sie betont. Denn sie möchte ihren fünfjährigen Zwillingen einen geschützten Raum, abseits der Öffentlichkeit bieten. Deshalb wolle sie mit ihrer Familie zunächst in Liggeringen bleiben. Doch „wenn die Kinder älter sind, kann ich mir durchaus vorstellen, nach Stockach zu ziehen“, betont sie.
In der Familie habe man sich intensiv mit dem Thema Bürgermeisterwahl auseinandergesetzt. „Ich habe das Glück, dass mein Mann mir den Rücken frei hält“, erklärt Katter. Er habe für ihre Kandidatur aufgehört zu Arbeiten, kümmere sich momentan in Vollzeit um die Familie. „Das wird auch erstmal so bleiben, falls ich gewählt werde“, sagt Katter. Denn wenn sie etwas mache, dann wolle sie das auch richtig machen, betont sie.
Das ist ihr Lieblingsplatz in Stockach
Der Spaziergang geht weiter über die Heinrich-Fahr-Straße in Richtung Nellenburg. Während Autos und Lastwagen auf der vielbefahrenen Straße vorbeirauschen, erklärt Katter, dass es dringend eine Lösung für das Stockacher Verkehrsproblem braucht. „Bei den Umfahrungen kann die Stadt zwar nicht allein tätig werden aber, hier ist es wichtig bei den zuständigen Stellen dran zu bleiben und mit den Abgeordneten ins Gespräch zu kommen, damit die Projekte möglichst schnell vorankommen.“
Zielstrebig steuert sie währenddessen einen ihrer Lieblingsorte in Stockach an. „Ich bin gerne in der Natur unterwegs und ich liebe die Aussicht, die man bei der Nellenburg hat. Als ich da das erste mal war, war ich gleich hin und weg“, sagt sie. Die Zeit, nach draußen zu gehen, werde sicherlich knapper, sollte sie gewählt werden.
„Ich weiß, was ich bisher geleistet habe“
„Ich bin aber optimistisch, dass das auch nach einem langen Arbeitstag noch klappt“, sagt die Regierungsdirektorin. Das sei sie auch aus ihrem bisherigen Berufsleben gewohnt. Sie habe eine gute Vorstellung davon, was auf sie zukomme. „Ich weiß, was ich bisher schon geleistet habe und traue es mir zu“, betont sie.
Auf dem Rückweg in die Innenstadt klingelt der Timer und die 90 Minuten sind um. Zeit über die Themen zu reden, die nicht mehr zur Sprache kommen konnten wird es unter anderem bei der Wahlarena des SÜDKURIER am Mittwoch, 27. September um 19 Uhr in der Jahnhalle geben.