Wer ist die Frau, die als erste ihre Bewerbung fürs Stockacher Rathaus eingeworfen hat? Am Samstag hat sich Yurdagül Coşkun bei einer selbst organisierten Veranstaltung einem größeren Publikum präsentiert. Rund 50 Gäste haben am späten Samstagnachmittag im Biergarten der Nellenburger Talstation Platz genommen, um zu hören, was Coşkun ihren potenziellen Wählern zu sagen hatte. Diese zeigte sich erfreut über die Teilnehmerzahl, wenngleich sie betonte, dass es sie noch immer etwas nervös mache, vor so vielen Menschen zu sprechen. Trotz allem führte sie souverän durch das Programm des Abends.
So funktioniert Kommunalpolitik
Neben der Vorstellung ihres Lebenslaufs und beruflichen Werdegangs legte die 53-jährige Wuppertalerin großen Wert darauf darzulegen, was die Aufgaben eines Bürgermeisters in der Stadtverwaltung ist und welche Rolle der Gemeinderat spielt. Ihr Fazit: „Das wichtigste Organ ist der Gemeinderat. Hier werden die Entscheidungen für die Zukunft der Stadt getroffen“, so Coşkun mit Verweis auf die Baden-Württembergische Gemeindeordnung. Der Bürgermeister müsse in erster Linie die Entscheidungen des Gremiums umsetzen und die Stadt repräsentieren.
Auf die große Frage dieses Wahlkampfs, ob Verwaltungskenntnisse notwendig sind, um Bürgermeister werden zu können, hat sie deshalb eine klare Antwort: „Ja, natürlich sind Verwaltungskenntnisse wichtig, aber sie sind nicht zwingend erforderlich.“ Wichtiger seien politische Führungsfähigkeit, Visionen, Kommunikationsgeschick und die Fähigkeit, die Bedürfnisse der Gemeinde zu verstehen und zu vertreten, so Coşkuns Standpunkt. Fehlende Verwaltungskenntnisse könnten durch Weiterbildungen ergänzt werden, fügt sie hinzu.

Warum ausgerechnet Stockach
Eine Frage, die der Wuppertalerin immer wieder gestellt werde, ist, warum sie ausgerechnet in Stockach Bürgermeisterin werden will. Auch zu dieser Frage hat Coşkun eine klare und offene Antwort: „Wir hatten in der Familie überlegt, in den Süden zu ziehen, weil wir hier später einmal unsere Rentenzeit verbringen wollen.“
Aufgrund verschiedener Kriterien, wie der Nähe zum Wasser, der guten Erreichbarkeit eines Flughafens und der medizinischen Versorgung habe es die Bodenseeregion in die Endauswahl geschafft. Stockach hatte sie zunächst gar nicht auf dem Schirm. „Ich bin dann durch die Bezeichnung „Tor zum Bodensee“ auf die Stadt gekommen“, erzählt Coşkun.
Beim Stöbern durch die Stellenanzeigen sei sie auf den Posten des Bürgermeisters bekommen. Sie habe sich viele Gedanken über ihre Qualifikation für diesen Beruf gemacht und festgestellt, dass das gut passen würde. Am Ende stand die Entscheidung, sich hier zu bewerben.
Das sind Coşkuns Visionen
Doch es ging nicht nur um ihre Person, sondern auch um ihre Themen und Ziele. „Ich lege großen Wert auf soziale Gerechtigkeit“, betont Coskun. So fange Bildung schon in der Kita an und es sei problematisch, dass es in Stockach noch immer Bürgersteige gebe, die zu hoch sind für Rollstuhlfahrer. Daneben will sie sich für bezahlbaren Wohnraum einsetzen.

Im Hinblick auf die Zukunft der Finanzierung des Krankenhauses müsse man sich über das Sammeln von Spenden oder sonstige Aktionen Gedanken machen. Ein wichtiger Punkt ist für sie eine Sanierung des Jugendhauses.
Programm für die ersten 100 Tage
„Wenn ich gewählt werde, möchte ich die ersten 100 Tage nutzen, um eine Bestandsaufnahme zu machen, welche Probleme vorliegen, welche Projekte schon gestartet wurden und was noch aussteht“, kündigt Coşkun an. Zudem habe sie bereits viele Seiten Gemeinderatsprotokolle durchgearbeitet, wie sie anhand einiger Beispiele deutlich machte.
Konkrete Projekte wolle sie nicht versprechen. Schließlich sei es am Ende der Gemeinderat, der die Entscheidungen treffe und diese beschließen müsse, betont Coşkun. Auf die Nachfrage eines Teilnehmers, ob sie sich als Bürgermeisterin auf Repräsentationsaufgaben beschränken wollte, verwies Coşkun erneut auf die Gemeindeordnung, die den Gemeinderat als Hauptorgan der Gemeinde benenne. Darüber hinaus sehe sie es als Aufgabe des Bürgermeisters, Vorschläge in das Gremium einzubringen, diese zu diskutieren und zur Abstimmung zu bringen und anschließend die Beschlüsse des Gemeinderats umzusetzen.
Auch Susen Katter wurde zum Thema
Eine weitere Frage aus dem Publikum bezog sich auf die breite Unterstützung für Susen Katter durch mehrere Parteien aus dem Gemeinderat. „Ich werde nicht über meine Mitbewerber sprechen. Das hat sicherlich seine Gründe, aber da müssten sie die Parteien fragen“, so Coşkun.
Christoph Stetter, Vorsitzender der Stockacher CDU, der gemeinsam mit weiteren CDU-Mitgliedern vor Ort war, erklärte sich bereit, dazu Stellung zu nehmen. Wie er betonte, habe er zunächst mit allen Bewerbern telefoniert. Danach habe man sich intern beraten.

„Frau Katter hat sich unserer Meinung nach unter den vier Bewerbern als diejenige herausgestellt, von der wir glauben, dass sie fachlich und persönlich die Kandidatin ist, die Stockach am besten vertritt“, so Stetter. Er wehrte sich zudem gegen den Vorwurf, dass die Parteien unrechtmäßige Wählerbeeinflussung betreiben.
Jeder Bürger soll sich selbst eine Meinung bilden
„Wir haben uns nicht gemeinsam positioniert. Die CDU hat als erstes ihre Unterstützung angekündigt, dann folgten später SPD und Freie Wähler. Es ist legitim, dass wir Frau Katter für die Beste halten. Jeder Bürger kann sich von den Kandidaten ein Bild machen und seine eigene Entscheidung treffen“, so Stetter.
Wann es erneut eine Möglichkeit gibt, sich von Yurdagül Coşkun ein eigenes Bild zu machen, steht momentan noch nicht fest. Im Gespräch mit dem SÜDKURIER hat sie aber bereits angekündigt, spätestens ab dem 27. September wieder einige Tage in Stockach anwesend sein zu wollen.