Ein VW Golf 4 ist der Star der Versteigerung. Eine Rarität. Während zwei Jaguar-Fahrzeuge vor Ort niemanden interessieren, überschlagen sich die Gebote beim Golf. Aus Rolf Molls Aufruf von 5000 Euro werden ruckzuck in 100er-Schritten 13.400 Euro. Für 50 Euro, also laut Moll „kleines Geld“, kann anschließend jemand eine nicht mehr fahrtüchtige Mercedes A-Klasse mitnehmen. Auch Autos ohne Papiere oder Schlüssel finden Absatz.

Die Halle bei der Firma Moll im Industriegebiet Hardt ist voll, als die Versteigerung beginnt. So sieht es drei oder vier Mal im Jahr aus, wenn diese Veranstaltung im Auftrag von Behörden, Polizei und Staatsanwaltschaft aus ganz Baden-Württemberg stattfindet.

Rolf Moll und sein Team kümmern sich seit Jahren um die von Polizei und Staatsanwaltschaft beschlagnahmten Waren aus Diebstählen oder Gegenstände aus Insolvenzen und Nachlässen. Dieses Staatseigentum kommt unter den Hammer. Bei jeder Versteigerung sind es rund 300 Positionen, sagt Heike Moll, bei der sich die Bieter im Büro registrieren und später bar bezahlen müssen.

Viele begutachten, was zur Versteigerung steht.
Viele begutachten, was zur Versteigerung steht. | Bild: Löffler, Ramona

Versteigerung zieht viele Interessierte an

Anfangs sitzen viel Autofans, Werkstattbesitzer oder Händler im Raum. Das Publikum und die Bieter wechseln dann aber laufend. „Die alte Art, etwas zu versteigern, hat etwas“, sagt Rolf Moll zum Besucherinteresse. Die Veranstaltung ist fast wie ein kleines Volksfest, denn die Leute kommen und gehen. Außerdem bewirten die Schalmeien Weibsen Stockach vor der Halle und viele Besucher stehen oder sitzen in Grüppchen herum.

Das Team zu Beginn der Versteigerung (von links): Lisa Reuther, Kathrin Reuter, Rolf Moll und Sigrid Bohl.
Das Team zu Beginn der Versteigerung (von links): Lisa Reuther, Kathrin Reuter, Rolf Moll und Sigrid Bohl. | Bild: Löffler, Ramona

Es gibt fast nichts, das es nicht gibt

Der Bieterkatalog zeigt, welche Posten es gibt, und eine erste Besichtigung ist vor der Versteigerung möglich. So wissen viele schon, was sie wollen. Das können Autohändler sein, die ein Schnäppchen anstreben, eine Mutter, die eine ganze Box Babykleidung ersteigert oder Lego-Fans, die hunderte Euro für originalverpackte Sammlerstücke hinblättern. Dazu kommen zum Beispiel auch Baustellenmaschinen oder ein Bolzenschneider „mit einer bewegten Vergangenheit“, wie Rolf Moll es ausdrückt. Ob er damit meinte, dass es Diebesgut oder sogar Diebeswerkzeug war, ließ er offen.

Die Waren und die Klientel decken ein breites Spektrum an. Die Wunderboxen mit gemischten Gegenständen zu Themen wie Werkzeug oder Haushalt bieten einen gewissen Kuriositätsfaktor. Einerseits kann man zwar sehen, was drin ist, andererseits ist es aber eine bunt gemischte Überraschungskiste.

Bieter schaukeln sich gegenseitig hoch

Oft setzt Moll mit „Zum Ersten, zum Zweiten...“ an, doch bis er „...und zum Dritten!“ rufen kann, dreht sich die Preisspirale noch nach oben. Er und Kathrin Reuther wechseln sich beim Versteigern ab. Sie haben stets die gelben Karten mit den Bieternummern im Blick.

Aber manchmal bleibt auch alles still und die Karten unten. Dann versucht Moll es erst, indem er niedriger ansetzt. Das kann aufgehen: Ein Aufruf von 100 Euro sinkt auf 50 Euro und der Bieter macht ein noch größeres Schnäppchen. Dann gibt es auch die Fälle, in denen der niedrigere Ansatz dann doch knapp oder sogar weit über den Mindest-Aufruf schnellt. So wollte erst scheinbar niemand hochwertige Mikroskope für 500 Euro. Ein Mann bot schließlich 200 Euro, die sich dann im Bieterduell in Zehnerschritten bis auf 580 Euro hochschaukelten.

Viele Interessierte verfolgen die Versteigerung. Manche bieten mit.
Viele Interessierte verfolgen die Versteigerung. Manche bieten mit. | Bild: Löffler, Ramona

Trotzdem: Nicht alles findet einen Käufer vor Ort. Moll erhält zum Teil schriftliche Gebote – diese können manchmal die einzigen sein oder sie überschreiten die Gebote vor Ort. Dann erhält der schriftliche Bieter den Zuschlag. Und was gar keinen Käufer findet, kommt später einem gute Zweck zugute.

Gerade bei Fahrrädern sei es manchmal schwierig, so Moll. Der Grund sei, dass viele lieber ein E-Bike hätten und kein normales Fahrrad. Dennoch sei es möglich, bei der Versteigerung ein günstiges Rad für 10 oder 20 Euro zu ergattern.

In einer Halle können alle Gegenstände der Versteigerung angeschaut werden.
In einer Halle können alle Gegenstände der Versteigerung angeschaut werden. | Bild: Löffler, Ramona

Riesige Schnäppchen sind möglich

Heike Moll erklärt, neue Artikel würden für die Hälfte des eigentlichen Ladenpreises angeboten, bei gebrauchten werde ein Viertel angesetzt. „Man kann ein gutes Schnäppchen machen“, sagt sie. Das bestätigt auch Rolf Moll, der in der Versteigerung regelmäßig darauf hinweist, wie viel mehr der Inhalt einer Kleidungsbox oder anderer Gegenstände wert ist.

Dieses Mal gab es mehrere Boxen mit neuer Kleidung zu ersteigern. Sie waren nach Mann/Frau/Kind und Größen sortiert.
Dieses Mal gab es mehrere Boxen mit neuer Kleidung zu ersteigern. Sie waren nach Mann/Frau/Kind und Größen sortiert. | Bild: Löffler, Ramona

Unter den Bietern sind laut Moll bekannte Gesichter, die immer wieder kommen. Aber auch die Neugier oder die Aussicht auf bestimmte Waren locke Leute an. Bei der jüngsten Versteigerung war mehr Kleidung als sonst dabei. Dementsprechend versuchten einige Familien, ein Schnäppchen zu machen. Ein Bieter, der extra aus Oberteuringen im Bodenseekreis nach Stockach kam, hat eine Kleiderbox für Frau und Kinder ersteigert: „Das macht Spaß und versüßt einem das Wochenende“, sagt er.

Bild 6: Skurrile Schnäppchen: Versteigerungen bei Firma Moll!
Bild: Löffler, Ramona

Rolf Moll ist sehr zufrieden mit den Versteigerungen. Auch die jüngste Veranstaltung sei wieder friedlich abgelaufen. Dieses Mal sei zwar viel übrig geblieben, aber bereits an einen Aufkäufer gegangen. Wann die nächste Versteigerung stattfindet, steht noch nicht fest – eventuell vor Weihnachten, vielleicht aber auch erst im neuen Jahr.