Wie kamen die Verletzungen zustande? Der Ablauf eines Vorfalls konnte in einer Verhandlung wegen Körperverletzung vor dem Amtsgericht Stockach nicht vollkommen aufgeklärt werden. Richterin Julia Elsner verwarnte schließlich einen 20-Jährigen. er muss außerdem 500 Euro Schmerzensgeld an einen 18-Jährigen zahlen, den er verletzt hat.
Der 20-Jährige soll laut der Anklage der Staatsanwaltschaft im November 2019 bei einer Geburtstagsfeier in Bodman einen 18-Jährigen mit mehreren Faustschlägen verletzt haben. Dabei habe der Angeklagte billigend in Kauf genommen, den Geschädigten zu verletzen, so die Staatsanwältin. Mit den Schlägen habe der Beschuldigte dem Geschädigten das Nasenbein gebrochen und zwei Schneidezähne beschädigt. Die Anklage lautete daher auf Körperverletzung nach Paragraf 223 des Strafgesetzbuchs.
Angeklagter gesteht die Tat
Der Angeklagte, der ohne Verteidiger in der Verhandlung erschienen war, gab die Tat zu. In seiner Aussage gab er an, dass zunächst alle normal gefeiert hätten und alles gut gewesen sei. Auf dem Parkplatz habe der Geschädigte später bei seinem Auto mit ein paar anderen Streit gehabt. Laut dem 20-Jährigen habe er anschließend mit ihm gestritten und er habe ihn auf den Boden geschubst.
Der ältere Bruder des Gastgebers sei anschließend dazwischen gegangen und habe versucht, den Geschädigten und einen Freund nicht mehr in den Partyraum zu lassen. Als das Opfer den Angeklagten als „Hurensohn“ bezeichnet habe, habe er ihm auf die Nase geschlagen. „Ich hab danach ein schlechtes Gewissen gehabt. Ich bin schuldig, ganz klar“, sagte er.
Stimmung war sehr aggressiv
Vor Gericht waren eine Reihe von Partygästen als Zeugen geladen. Der Gastgeber bestätigte, dass sein älterer Bruder versucht hatte, die Tür „gewaltsam“ zuzuhalten und auch die Streithähne bereits am Parkplatz getrennt habe. Mehrere Partygäste hätten versucht, den Angeklagten nach der Beleidigung zurückzuhalten. Er wusste allerdings nicht, wie es zu dieser Auseinandersetzung gekommen war.
„Die aggressive Stimmung war auf einer Skala von eins bis zehn bei neun“, erklärte der Bruder in seiner Aussage. Auch er kannte die Ursache nicht. Ein weiterer Partygast bestätigte, dass zwei junge Männer in den Raum wollten und der Angeklagte nach der Beleidigung zugeschlagen habe.
Der 18-jährige Geschädigte sagte aus, dass er vom Angeklagten zuvor ebenfalls als „Hurensohn“ bezeichnet wurde und er ihn anschließend ebenfalls beleidigt habe. Zudem habe es bereits am Parkplatz Schläge vom Angeklagten gegeben, sodass er direkt dort geblutet habe. „Ich habe mich vom Angeklagten bedroht gefühlt“, sagte er. Als Folge dieser Verletzung müsse er demnächst seine beiden beschädigten Schneidezähne überkronen lassen und habe jede Nacht eine verstopfte Nase. Laut seiner Aussage wollte lediglich sein Freund ins Gebäude hinein: „Ich war k.o. und konnte nichts mehr machen.“
Erinnerungslücke plötzlich wieder weg
Zwei Frauen sagten aus, dass das Opfer bereits am Parkplatz in der Nähe des Autos geblutete habe. „Ich habe aber auch mitbekommen, wie die beiden öfter provoziert haben“, sagte die Ex-Freundin des Geschädigten. Eine andere Frau gab erst an, sich an nichts erinnern zu können. „Liegt es daran, dass sie nichts Negatives sagen wollen?“, fragte Richterin Julia Elsner. Kurz darauf räumte sie ein, dass ihr Freund an diesem Abend aggressiv war.
Ein Polizist erklärte in seiner Aussage, dass sich die Lage beim Eintreffen der Polizei bereits beruhigt hatte. Der Geschädigte habe bei einer ersten Befragung den Namen des Angeklagten genannt. Letzterer habe vor Ort nichts zum Geschehen sagen wollen. Zeugen hätten vor Ort berichtet, dass es Streit gegeben hatte.
Die Jugendgerichtshilfe sagte in ihrem Gutachten, dass der Angeklagte ziemlich zielstrebig sei: „Ich halte ihn für ziemlich intelligent. Er reflektiert viel über das Geschehene.“ Auch wenn der 20-Jährige bereits selbstständig sei, regte die Jugendgerichtshilfe eine Verurteilung nach dem Jugendstrafrecht an: „Das ist ein klassisches Beispiel für eine Jugendtat.“ Eine Geste der Wiedergutmachung sei angemessen.
Was die Staatsanwältin fordert
Die Staatsanwältin fasste in ihrem Plädoyer zusammen, dass man zwar verschiedene Zeugenaussagen gehört habe, aber sie dennoch glaube, dass die Nase des Geschädigten an der Tür verletzt wurde. „Wenn man aus dem Sicheren rausgeht und dem anderen einen Schlag versetzt, kann man nicht von einer Notwehr sprechen“, sagte sie. Sie folgte der Empfehlung der Jugendgerichtshilfe und beantragte eine Verwarnung und 500 Euro Schmerzensgeld.
Der Angeklagte hatte das letzte Wort vor der Urteilsfindung. „Zu 100 Prozent kommt so eine Reaktion nicht wieder. Ich war total besoffen und weiß nicht, wieso ich so aggressiv war“, sagte er.
Das Urteil und die Begründung
Die Richterin folgte dem Antrag der Staatsanwältin und verwarnte den 20-Jährigen. Dazu erhielt er als Auflage, 500 Euro Schmerzensgeld an den Geschädigten zu zahlen. Es sei schwierig gewesen, den Ablauf zu klären, sagte Julia Elsner.
„Was den vorderen Teil angeht, können wir das nicht klären“, sagte sie. „Ich halte die Aussagen vom Geschädigten und der Ex-Freundin für klar widerlegt. Die anderen Zeugenaussagen waren glaubhaft und es ist die einzige vernünftige Erklärung, wie das Geschehnis zum Ende kommen konnte.“ Unklar blieb nur, wie die Zähne beschädigt wurden.