Eine Liebeshochzeit war es in vielen Fällen nicht, als die bis dahin selbstständigen kleinen Gemeinden im Umland von Stockach zu einem Stadtgebiet zusammengeschlossen wurden. Das sei bei den Vorbereitungen für die Feierlichkeiten sehr deutlich geworden, erinnert sich Hauptamtsleiter Hubert Walk im Gespräch mit dem SÜDKURIER. Dabei war es im Zuge der Gemeindereform vom Land vorgeschrieben und vor genau 50 Jahren abgeschlossen.
Das Jubiläumsprogramm ist inzwischen komplett, auch wenn die letzten drei Ortsteile Hoppetenzell, Mahlspüren im Hegau und Wahlwies erst zum 1. Januar 1975 dazu gekommen waren. „Es hatte schon zum 25-jährigen Jubiläum Überlegungen für Feierlichkeiten gegeben“, berichtet Walk. Damals sei das Jubiläum allerdings mangels Rückmeldungen nicht groß gefeiert, sondern nur im Rahmen einer Bürgerversammlung gewürdigt worden. Im vergangenen Jahr konnte endlich groß gefeiert werden, mit einem Empfang in der Adler Post und zahlreichen Wander- und Radtouren in den Ortsteilen.
Wanderungen fanden großen Anklang
Die Organisatoren um Hubert Walk, Kulturamtsleiterin Corinna Bruggaier und Manfred Kehlert vom Schwarzwaldverein zeigen sich rückblickend äußerst zufrieden mit der Resonanz. „Die Wanderungen waren enorm. Wir hatten bis zu 50 Teilnehmer und mehr“, berichtet Kehlert.

Für ihn hat sich damit gezeigt, dass auch die Wogen der 1970er-Jahre geglättet sind. „Es gab nicht eine einzige negative Darstellung und ich hatte das Gefühl, die Ortsvorsteher fanden es gut, ihren Ort zeigen zu können“, so Kehlert.
„Dadurch wurden das alles auch sehr individuelle Veranstaltungen“, fügt Corinna Bruggaier hinzu. Seitens des Kulturamts kann sie die Veranstaltungsreihe „Museum auf Achse“ ebenfalls als Erfolg verbuchen. „Die Beteiligung an dem Format war toll. Das hat unsere Erwartungen übertroffen“, sagt sie.
Im Rahmen der Veranstaltung war das Museumsteam in den Ortsteilen unterwegs und hatte spannende Informationen sowie Fotos aus den jeweiligen Ortsteilen und der Stadt im Gepäck. Das Team wollte aber auch explizit zuhören, um zu erfahren, was den Menschen aus den Ortsteilen für die Neukonzeption des Stadtmuseums wichtig ist.

Ergebnisse des Museums auf Achse werden sichtbar
Nun soll das Erarbeitete schnell sichtbar werden und einen Platz im Museum bekommen – möglichst schon bevor das Museum erweitert wird. „Wir wollen gerne dauerhaft etwas aus den Ortsteilen zeigen“, sagt Bruggaier. Auch mit der Erweiterung der Ausflugsfahrten um ein Ziel im Raum Stockach, was bereits im Vorjahr Premiere hatte, zeigt sich die Kulturamtsleiterin zufrieden. Denn auch hier stehen die Ortsteile ganz besonders im Fokus. Dieser Programmpunkt im Kulturkalender soll auch künftig weiter erhalten bleiben.
Aus Sicht der drei ist die Stadt nach 50 Jahren gut zusammengewachsen. „Das merkt man auch im Gemeinderat. Ich freue mich immer, wenn ein Ratsmitglied, das für einen bestimmten Teilort gewählt wurde, sich auch zu Themen meldet, die einen anderen Teilort oder die Kernstadt betreffen“, sagt Hubert Walk.
Ortsteile spüren Wertschätzung
Manfred Kehler, der selbst eine Zeit lang im Ortschaftsrat von Winterspüren saß, betont, dass von Seiten der Stadt immer eine große Wertschätzung gegenüber den Ortsteilen zu spüren gewesen sei. „Wir haben uns im Ortschaftsrat immer ernst genommen gefühlt“, sagt Kehlert. Das habe er in anderen Kommunen auch schon anders erlebt, fügt er hinzu.

Für ihn sind es auch die kleinen Dinge, die zeigen, dass die Stadt gut zusammengewachsen ist: „Früher hätte man als Bewohner der Ortsteile in der Postanschrift nie ‚Stockach‘ geschrieben, sondern den Namen des jeweiligen Teilorts. Heute schreiben die meisten Leute Stockach“, sagt Kehlert schmunzelnd.
Unechte Teilortswahl bleibt wichtig
Wo sich in Stockach bis heute noch das Ortsbewusstsein zeigt, ist bei der unechten Teilortswahl. Dabei wird jedem Ortsteil entsprechend seiner Einwohnerzahl eine gewisse Anzahl an Sitzen im Gemeinderat garantiert. In anderen Kommunen wurde dieses Wahlsystem inzwischen abgeschafft, in Stockach ist es erhalten geblieben. „Wir hatten das Thema vor einigen Jahren mal im Gemeinderat zur Diskussion gestellt. Es wurde sehr emotional diskutiert“, erinnert sich Hubert Walk. Am Ende habe sich der Rat gegen die Abschaffung der unechten Teilortswahl entschieden.
„Das Schönste für mich wäre zu sehen, dass es gar keine Rolle mehr spielt, aus welchem Ortsteil ein Gemeinderatsmitglied kommt“, sagt Walk. Im Gemeinderatsalltag könne er dies aber auch schon regelmäßig beobachten. „Wir sind auf einem guten Weg“, betont er. Corinna Bruggaier ergänzt indes, dass es wichtig bleibe, dass sich jeder Ortsteil trotz aller Gemeinsamkeiten im Gefüge der Stadt auch seine Besonderheiten bewahrt und pflegt.