Das Team des Stadtmuseums hat ein neues Gesicht: Zum 1. April hat Philipp Güntert eine 50-Prozent-Stelle übernommen. Neben der Arbeit bereitet er seine Promotion über das Thema „Menschendarstellungen im frühen Mittelalter“ an der Universität Freiburg vor, wie er im Gespräch mit dem SÜDKURIER berichtet. Der Werdegang des 37-Jährigen war kurvenreich, wenngleich er seinen Traum nie aus den Augen verlor und diesen letztendlich in die Tat umsetzte.
Der Historiker kam, so erzählt er, in Stühlingen zur Welt und wuchs in einem Dorf im Landkreis Waldshut auf. Nach der Hauptschule absolvierte er eine Gärtnerausbildung. In ihm sei jedoch der Wunsch gereift, ein Studium aufzunehmen.
An der Gewerbeschule in Bad Säckingen machte er in der einjährigen Technischen Berufsaufbauschule seinen Realschulabschluss und besuchte danach die zweijährige Technische Oberschule, die er mit der allgemeinen Hochschulreife verließ. Er leistete Zivildienst in einer Kindertagesstätte und habe damit den pädagogischen Bereich kennengelernt.
Traum vom Archäologiestudium erfüllt
Obwohl er immer etwas Historisches wie Archäologie oder Geschichte habe studieren wollen, startete er an der Pädagogischen Hochschule Freiburg mit dem Studienfach Kindheitspädagogik, das er erfolgreich mit dem Bachelor abgeschlossen habe, erzählt er weiter. Dann habe er sich seinen Traum erfüllt: das Studium im Hauptfach Archäologie mit Geschichte im Nebenfach. Ein Semester habe er in Basel verbracht, den Master 2023 in Freiburg gemacht.
Anschließend habe er freiberuflich als Archäologe gearbeitet und nebenher auch archäologische Funde für Museen ausgewertet, etwa für das Stadtmuseum Ingolstadt. Forschung und Museum – beides habe ihn gereizt und sich gut verbinden lassen, da ein Museum auch einen Forschungsauftrag habe.
In drei Jahren ehrenamtlicher Arbeit für das Hegau-Museum in Singen habe er Praxiserfahrung gesammelt und schnell gemerkt, dass er in der Museumsarbeit sein historisches und archäologisches Wissen mit seinen Pädagogik-Kenntnissen verbinden kann.
Er hat zwei Aufgabenbereiche im Stadtmuseum
Philipp Güntert erzählt: „Das Stadtmuseum Stockach kannte ich durch mehrere Besuche. Die Dalí-Ausstellung im vergangenen Jahr hat mir sehr gut gefallen.“ Er sei sehr kunstinteressiert und male selbst Landschaften, Portraits und surrealistische Bilder in Öl. Güntert, der mit seiner Freundin in Hilzingen lebt, zeichnet und joggt gerne und spielt mit seinem Bruder und einem Schulfreund in einer Rockband. Er bekennt: „Meine Stelle hier ist für mich perfekt, weil ich nebenher meine Promotion vorantreiben kann.“
Im Stadtmuseum hat er zwei Aufgabenbereiche. Da ist zunächst die Sammlungsarbeit. Er nennt exemplarisch die große Kunstsammlung mit der Sammlung Wagner sowie die Zizenhausener Terrakotten. „Ich regele den Leihverkehr, wenn also andere Museen Dinge von uns ausleihen. Und ich werde unsere Objekte nach und nach digitalisieren und inventarisieren.“ Dafür gebe es seit einigen Jahren die Plattform „Museum digital“.
Er erklärt: „Da stellen Museen Objekte vor, indem sie Fotos und Informationen dazu hochladen.“ Das wird seine Hauptaufgabe sein, die ihn sehr reizt, weil das Stadtmuseum auch archäologische Objekte hat, die lange nicht oder sogar noch nie ausgestellt waren. „Stockach hat eine sehr bewegte Geschichte, die sehr früh anfängt. Ich freue mich darauf, dieses Thema aufzuarbeiten“, so Güntert.
Wissensvermittlung an Kinder und Erwachsene
Der zweite Teil seiner Tätigkeit ist die museumspädagogische Vermittlungsarbeit. Dabei geht es darum, Kindern und Erwachsenen das vorhandene Wissen über die Objekte verständlich zu vermitteln. Das geschieht durch Führungen und durch die Konzeption der Angebote.
Auch in der kommenden Ausstellung „Klick – Fotografien einer verlorenen Zeit“ gibt es beispielsweise Mitmachstationen. „Gerade Kinder lernen mit allen Sinnen“, so Güntert.
Dafür biete sich in der Ausstellung ein Blick in das Wohnzimmer an, das der damaligen Zeit nachempfunden ist. Dort steht eine Spielkiste aus der Zeit um 1900, deren Inhalt an die Lebenswelt der Kinder anknüpft. Mädchen spielten damals vorwiegend mit Puppen, Jungen mit Zinnsoldaten. Es gab aber auch schon Spielzeug für beide Geschlechter, etwa Holzbaukästen oder ein Nachziehpferdchen auf Rädern.
Beeindruckend sei auch das historische Fotoatelier, in dem sich Besucher historische Kleidung anziehen und selbst fotografieren können. Hier spricht der Pädagoge aus Philipp Güntert: „Das Angebot muss auch Spaß machen und das Interesse anregen.“