Auf eine Reise zurück ins Mittelalter ging es für die Zuhörer des promovierten Historikers Fredy Meyer im Alten Forstamt. Dorthin nämlich hatte ihn die Volkshochschule (VHS) Stockach anlässlich ihres 50-jährigen Jubiläums eingeladen.

Der ehemalige Oberstudienrat und promovierte Historiker ist ein profunder Kenner der Regionalgeschichte und Autor einer Reihe von Aufsätzen und Büchern über die Landgrafschaft Nellenburg.

Zurück ins Jahr 1291

Den rund 70 Zuhörern präsentierte er ein Ereignis aus der sieben Jahrhunderte währenden Geschichte der Grafen von Nellenburg, welches – und das war nicht bekannt – in einer mittelhochdeutschen Reimchronik ausführlich beschrieben ist: die Belagerung und Zerstörung der Nellenburg im Jahre 1291.

In der „Steirischen Reimchronik des Ottokar aus der Gaal“ hatte Meyer die Verse gefunden, die die kriegerische Auseinandersetzung zwischen Manegold von Nellenburg und dem Habsburger Herzog Albrecht von Österreich beschreiben. „Auch wurde dort ein hochmütiger Graf zunichtegemacht, der sich von Nellenburg nannte, und sein Besitz verwüstet, weil er dem Herzog schweren Schaden zugefügt hatte“, übersetzte Meyer aus dem Mittelhochdeutschen.

Der Beginn der Stadt Stockach

Dieser „hochmütige Graf“ war Graf Manegold II. von Nellenburg. In zahlreichen Publikationen hat Meyer beschrieben, wie der Graf den Landesausbau durch Kulturlandgewinnung und vor allem die Entwicklung Stockachs beförderte. Durch seine planerischen Eingriffe entwickelte sich aus einer präurbanen Siedlung die Stadt.

Doch hatten sich der Graf und der schwäbische Adel in dieser Zeit der Territorialpolitik König Rudolfs von Habsburg und dann dessen Sohns, Herzog Albrecht I., gegenüber gesehen, die den Erwerb des vakanten Herzogtums Schwaben zum Ziel hatte. Ergebnis war die 14-tägige Belagerung der Nellenburg und der Stadt, die in Zerstörung und Eroberung endete.

Aussehen der Burg kaum bekannt

Chronist Ottokar, ein Anhänger des Habsburgers, findet in seinen Versen über das Ereignis nur bewundernde Worte für dessen Kriegskunst. Gewaltige Kriegsmaschinen ließ der Belagerer heranfahren und aufbauen. Gleichzeitig wurde die Burganlage untergraben mit dem Ziel, den Hauptturm zum Einstürzen zu bringen.

Wo könnten diese Geräte gestanden haben?“, überlegten die Zuhörer und der Vortragende. Nur spärliche Hinweise gebe es auf das Aussehen der Burg: „ein stattliches, trutziges Bauwerk mit hohem und starken Mauerwerk und mehreren Türmen“.

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So bleibe die Entstehung und bauliche Entwicklung der Nellenburg weiterhin ein Geheimnis, stellte Meyer am Ende seines lebendigen und fesselnden Vortrags bedauernd fest. Mit einer Bitte wandte er sich deshalb an Bürgermeister Stolz: Auszuloten, ob eine geophysikalische Untersuchung des Burgplateaus möglich sei. Die Antwort darauf steht noch aus.