Herr Gök, Sie sind nun mehr als 100 Tage als Bürgermeister von Tengen im Amt. Wie verlief der Start?

Der Start war eine Herausforderung, die nicht jeder Bürgermeister hat. Ich musste nicht nur 280 Kilometer hin zur neuen Arbeitsstelle wechseln, sondern ich habe auch meinen Wohnort gewechselt. Tengen hat eine Menge Projekte, da reichen 24 Stunden am Tag als Bürgermeister fast nicht aus, es könnte auch die doppelte Anzahl sein. Eigene Projekte gibt es zwar noch nicht, aber es gibt die laufenden und da gehört es dazu, sich einen Überblick zu verschaffen.

Sie wohnen nun also in Tengen?

Ich bin seit dem ersten Tag meiner Dienstzeit auch in Tengen wohnhaft. Als Bürgermeister gehört sich dies einfach. Es war eine Umstellung, aber langsam hat sich das gut eingependelt.

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Wissen Sie noch, was Sie als Erstes als neuer Bürgermeister gemacht haben?

(lacht) Als ich mein neues Büro betreten habe, habe ich eine nette Karte der Kollegen gefunden. Darin stand eine Einladung zu einem kleinen Empfang im Bürgersaal. Das war sehr herzlich und es hat mich sehr gefreut.

Wo soll sich die Gemeinde hin entwickeln und was gilt es in den nächsten Jahren besonders zu meistern?

Auf die Tengener warten viele Projekte. Wir haben unter anderem das große Vorhaben mit dem Neubau des Feuerwehrgerätehauses. Dafür werden Gelder gebraucht, wir warten aktuell auf die Veröffentlichung der Förderprogramme – idealerweise noch in diesem Jahr. Weitere Pflichtaufgaben kommen mit den Ganztagesplätzen in der Kinderbetreuung ab 2026. Wir können nicht sagen, wir erweitern die Baugebiete etwa in Büßlingen und wollen attraktiv für junge Familien bleiben und haben nachher keine Plätze, wo wir die Kinder betreuen können. Zudem wollen wir die Einführung der Kurtaxe voranbringen.

Gibt es dort Probleme?

Ich möchte noch einmal betonen: Wir wollen die Kurtaxe nicht einführen, um den Haushalt aufzubessern. Das ist gar nicht möglich. Die Kurtaxe ist eine zweckgebundene Einnahme. Bisher wurde Geld dafür immer aus dem Haushalt genommen. Ich finde, dass es jetzt an der Zeit ist, wir nehmen die Kurtaxe und nutzen sie für touristische Zwecke. Man darf nicht vergessen: Tengen hat in der Höchstzeit 160.000 Übernachtungen im Jahr.

Steuert Tengen mit Blick auf 2026 auf ein Betreuungsproblem zu?

Nein, wir sind gut aufgestellt. Wir haben vier Einrichtungen in Prüfung, welche dafür geeignet wären, eine Krippe oder eine Kita für uns zu sein. Wir wollen aber auch andere Wege gehen. Die Stadt Tengen plant deshalb, 2024 einen Waldkindergarten zu errichten. Da sind wir gerade in Planung, wo dies sein könnte. Das ist keine Notlösung, der Waldkindergarten soll als zusätzliches Angebot kommen. Denn eines steht fest: Wir werden in Zukunft weitere Betreuungsplätze und Betreuungsformen brauchen.

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Sie wollen also agil in dieser Sache bleiben?

Wir breiten uns jetzt schon darauf vor, schnell reagieren zu können – immer vorausgesetzt, der Bedarf fordert es. Der Waldkindergarten soll aber so oder so kommen.

Wie sieht Ihr Plan für das weitere Vorgehen beim Espelsee und dem Hallenbad aus?

Wir sind im Austausch mit dem Campingplatzbetreiber. Wir wissen, was wir wollen und wie wir das hinkriegen. Wir werden für die Gesamtstadt ein gelungene Lösungen präsentieren können. Allerdings wird das kein Schnellschuss. Mir ist aber in diesem Punkt wichtig, zu sagen: Ohne den Campingplatz wäre Tengen nicht so attraktiv. Herr Anhorn wird oftmals in ein falsches Licht gerückt, aber auch für ihn steigen die Kosten seit Jahren. Nur weil man nach außen nichts mitbekommen, ist es nicht so, dass sich dort nichts tut. Wenn man, gerade mit Privatpersonen, Projekte voranbringen soll, dann braucht es aus der Bürgerschaft auch ein gewisses Maß an Vertrauen.

Wo sehen Sie den schnellsten Handlungsbedarf?

Ganz klar bei der Feuerwehr. Wir werden nächstes Jahr mit der Planung beginnen müssen. Idealerweise haben wir Ende 2023 noch einen Fahrplan. 2026 könnte der Neubau dann fertig sein.

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Welche Pläne haben Sie für das Schloss Blumenfeld?

Ich war für das Schloss bei vielen Besprechungen in Baden-Württemberg unterwegs. Unser Schloss sorgt deutschlandweit für Aufmerksamkeit. In Deutschland gibt es immer wieder Zwischennutzungen für vergleichbare Objekte. Als Zwischennutzung war auch unser Schloss gedacht. Aber wir werden es uns nun zur Aufgabe machen, eine dauerhafte Nutzung zu ermöglichen. Wir betreten damit Neuland. Aber bei allen Entscheidungen werden die Bürger mit einbezogen werden.

Wie wertvoll ist das Ärztehaus für Tengen?

Das Gesamtkonzept des Ärztehauses ist für die Stadt Tengen ein tolles Projekt. Die ärztliche Versorgung ist in Tengen nur durch das Ärztehaus gewährleistet. Eines ist klar, jetzt ist das Ärztehaus gut versorgt, aber was passiert, wenn wir eine Nachfolge brauchen? Junge Ärzte wollen oft nicht aufs Land. Da muss man als Bundes- und Landesregierung reagieren: Krankenhäuser sind überlastet. Können wir von einer 80-Jährigen erwarten, nach Konstanz ins Krankenhaus zu fahren?

Was schlagen Sie vor?

Ich fände es nicht abwegig, dass junge Ärzte sich für eine gewisse Zeit nach ihrem Studium verpflichten müssen, einen Standort im ländlichen Raum zu besetzen. Das soll kein Druck sein, aber viele haben Angst vor dem Unbekannten. Dabei ist das Ärztehaus top ausgestattet. Aber viele Ärztehäuser bekommen im ländlichenRaum keine Chance.

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Stichwort Kreistagswahl: In welchen Gremien wird Bürgermeister Gök nach der Kommunalwahl 2024 sitzen?

Tengen braucht eine Stimme im Kreistag. Deshalb werde ich für den Kreistag kandidieren.

Ihr erster Schätzlemarkt steht an. Welchen Gastredner wünschen Sie sich?

Von Karl Lauterbach gab es eine Absage – leider. Friedrich Merz oder Annalena Baerbock wären sehr interessant. Beide stehen aktuell im Fokus.