Die letzte Woche vor der Bürgermeisterwahl in Tengen ist angebrochen – am kommenden Sonntag, 5. März, sind etwa 3800 Bürger der Gemeinde zur Wahl aufgerufen. Die Woche begann mit der kommunalen Kandidatenvorstellung in der Tengener Randenhalle. Mehr als 700 Zuschauer waren dabei. Auf der Bühne standen nur noch vier Kandidaten, nachdem André Schmal seine Bewerbung am Freitag, 24. Februar, aus persönlichen Gründen zurückgezogen hatte.
Im Anschluss an die Vorträge konnte das Publikum Fragen stellen, was die Tengener auch ausführlich nutzten. Dabei kamen trockenste Kernthemen der Kommunalpolitik wie die unechte Teilortswahl und der Gemeindehaushalt ebenso zur Sprache wie der Schätzelemarkt. So richtig zufrieden waren die versammelten Tengener indes nicht mit dem, was sie zu hören bekamen – das ließ sich aus vielen der Wortmeldungen heraushören. So präsentierten sich die Kandidaten in der Reihenfolge der Bewerbungen.
Sven Müller: Er will Prozesse in der Verwaltung optimieren
Das kommunalpolitische Gen habe er wohl von seinem Großvater Kaspar Kohler geerbt, sagte Sven Müller. Der 27-Jährige, der aus Welschingen stammt und parteiunabhängig antritt, verwies auf seine kommunalpolitischen Erfahrung im Engener Jugendgemeinderat und im baden-württembergischen Jugendlandtag.
Nach einem Studium im Bereich Wirtschaftskybernetik – das Fremdwort steht für die Wissenschaft von der Steuerung wirtschaftlicher Prozesse – arbeite er nun als Prozessoptimierer bei einem Unternehmen im Kreis Rastatt, wo er auch lebt: „Auch in einer Verwaltung kann man Prozesse optimieren“, sagte er. In Tengen möchte er Zukunftsperspektiven für Jung und Alt schaffen – etwa durch vorausschauendes Planen, mehr Umweltschutz oder Unterstützung für Vereine. Wichtige Themen seien Ausbau des schnellen Internets und des Mobilfunks sowie Verkehr.
Heiko Strauß: Er will wissen, was der Bürger will
Er wolle lieber kleine Probleme beseitigen, ehe sie zu großen Problemen werden, sagte der 49-jährige Heiko Strauß, der in Hagen in Nordrhein-Westfalen wohnt. Er sei gelernter Einzelhandelskaufmann im Bereich Möbel und seit zehn Jahren habe er einen eigenen Betrieb, in dem er Möbel im Auftrag von Kunden herstelle, berichtete Strauß. Er wolle die Arbeit des scheidenden Bürgermeisters Marian Schreier fortsetzen, sich aber stärker um die Frage kümmern, was der Bürger wolle. Er wolle sofort mit den Ortsvorstehern ins Gespräch kommen und Tengen ohne neue Kredite auskommen lassen. Mehr als vier Minuten seiner Vorstellungszeit ließ er ungenutzt.
Markus Bauermeister: Er schlägt eine App vor
Der 34 Jahre alte Software-Entwickler Markus Bauermeister aus Lottstetten stellte seine Idee vor, eine App für alle Kontakte zur Tengener Stadtverwaltung zu schaffen. Zehn Prozent seines Jahresgehalts werde er an Umwelt- und Sozialorganisationen spenden. Seit seiner Jugend sei er politisch aktiv, was er auch mit seiner verstorbenen Verlobten gemeinsam habe. Er trage auch die Glücksschuhe, die er bei seiner Verlobung getragen habe.
Als weiteres Schlagwort nannte Markus Bauermeister Barrierefreiheit und Kultur. Und er wolle wieder die Person werden, die er einmal gewesen sei, sagte er und zeigte ein Handyfoto von sich aus früheren Tagen. Auch er ließ am Ende etwa vier Minuten ungenutzt.
Katja Wosiewicz: Sie gibt ausführliche Infos zu ihrem Lebenslauf
Die 45 Jahre alte Katja Wosiewicz aus Konstanz gab in ihrer Vorstellung einen ausführlichen Überblick über ihre Erwerbsbiografie, zu der unter anderem Stationen in der Systemgastronomie und als Filialleiterin bei einer Kaffeehandelskette gehörten. Auch ein Landgasthaus und ein Trainingscenter für Verkäufer habe sie einmal betrieben beziehungsweise geleitet. Für Heiterkeit im Saal sorgte ein Plüsch-Einhorn, das sie als Glücksbringer mitgebracht hatte.
Ihre Bewerbung gehe eigentlich darauf zurück, dass ihre Mutter gefragt habe, ob die Bürgermeisterstelle nicht etwas für sie wäre. Derzeit studiere sie Psychologie an der Universität Konstanz und schreibe ihre Abschlussarbeit. Als Ziele nannte sie, die Stadt langfristig nach außen bekannter machen zu wollen, mittelfristig wolle sie die 5000-Einwohner-Marke überschreiten.
Die Fragerunde: Im Großen und Ganzen blieben die Bürger unzufrieden
Die Fragerunde nach den Vorstellungen war ausführlich. Der scheidende Bürgermeister Marian Schreier, der als Vorsitzender des Gemeindewahlausschusses die Veranstaltung leitete, räumte jedem Besucher die Gelegenheit ein, eine Frage zu stellen. Doch das Publikum wir in den allermeisten Fällen nicht zufrieden mit den Antworten. Drei Schlaglichter verdeutlichen das.
Warum wollen sie Bürgermeister werden?
Theresia Zendler wollte drei Gründe hören, warum die Kandidaten Bürgermeister in Tengen werden wollen. Heiko Strauß antwortete, dass er in einer Kleinstadt mit den Bürgern zusammenarbeiten und seine Persönlichkeit mit ihnen teilen wolle. Markus Bauermeister verwies auf das Konzept der offenen Regierungsarbeit, das es seiner Meinung nach in Tengen gebe. In einer Kleinstadt könne man leichter mit Bürgern zusammenarbeiten als in einer Großstadt.
Katja Wosiewicz wollte das Engagement der Bürger unterstützen, damit auch junge Menschen in der Stadt bleiben können. Und Sven Müller führte die schöne Landschaft und die vielen netten Menschen sowie die gute Luft im Luftkurort an.
Welche Ziele und Visionen haben sie?
Karlheinz Hofgärtner, Gemeinderat der Freien Wähler aus dem Ortsteil Uttenhofen, fragte nach Zielen und Visionen für Tengen in acht Jahren. Wosiewicz antwortete mit der Gegenfrage, ob man so viele neue Ideen überhaupt wolle. Müller sagte, er strebe einen ausgeglichenen Haushalt an und wolle die Stadt durch Liquidität handlungsfähig halten. Strauß wolle Arbeitsplätze schaffen und die Abwanderung junger Leute verhindern. Und Bauermeister sagte, er wolle aus Tengen eine Modellkommune machen, auf die man auch in Hamburg oder München schaue.

Baden oder nicht im Binninger Baggersee?
Adelbert Zeller, Gemeinderat der Freien Wähler aus Tengen, warf die Frage nach dem Badeverbot im Binninger Baggersee auf, aus dem sich immerhin die Wasserversorgung von Tengen speist, wo aber trotzdem regelmäßig gebadet und Müll hinterlassen werde. Strauß wollte dagegen rigoros mit Bußgeldern vorgehen. Bauermeister schlug Überwachung und eine bessere Aufbereitung des Trinkwassers vor. Wosiewicz wollte von anderen Gemeinden lernen, wie das effektiv verhindert werden könne, denn es brauche schließlich sauberes Wasser.
Und Müller sinnierte ungeachtet des Badeverbots und der Trinkwasserversorgung darüber, dass die Zahl der Badegäste ja noch in Ordnung, aber der Müll das Problem sei – was für hörbares Gemurmel im Saal sorgte.
Am Mittwoch, 1. März, stehen die gleichen Kandidaten an gleicher Stelle auf dem SÜDKURIER-Podium und werden sich dann einigen Fragen mehr stellen.