Im Rahmen des kreisweiten Kulturschwerpunkts „Freiheit Gleichheit Gerechtigkeit. 500 Jahre Bauernkrieg – Was bleibt?“ setzte die Gemeinde Herdwangen den Freiheitskämpfern des Bauernkriegs aus der Region ein nachhaltiges Denkmal. So wurde ein Gedenkstein direkt vor dem Rathaus enthüllt, der die Namen von fünf Männern trägt, die im Namen der Freiheit, Gerechtigkeit und Mitbestimmung starben. Gemeinderatsmitglied Frieder Kammerer eröffnete den Festakt, zu dem Bürgermeisterin Alexandra Kipp begrüßte und Schriftsteller Arnold Stadler sowie Überlingens Oberbürgermeister Jan Zeitler auf das Geschehen zurückblickten. Alle schlugen einen Bogen zu den aktuellen gesellschaftspolitischen Geschehnissen.

Überlinger Oberbürgermeister ist zu Besuch
Auf dem Gedenkstein stehen fünf Namen in Vertretung aller, die während des Bauernkriegs vor Ort ihr Leben lassen mussten. Frieder Kammerer vom Gemeinderat Herdwangen begrüßte am Sonntag die Gäste sowie die Landsknechts-Gruppe aus dem Schwarzwald, die in ihrem Gewand an die Zeit des Bauernkriegs erinnerte. Der eigentliche Anlass stimme nicht gerade festlich, denn es gehe ja um Krieg und Gewalt – auch zwischen den Nachbarn.
Rückblick auf Geschehen im 16. Jahrhundert
Deshalb freute Kammerer sich besonders, dass der Überlinger Oberbürgermeister gekommen war, um an die gemeinsame dramatische Geschichte zu erinnert, in der die aufständischen Bauern im Zwiespalt zwischen Loyalität und Überzeugung standen und dafür bereit waren zu sterben. „Gewalt ruft Gewalt! Gleich von welcher Seite“, betonte Kammerer im Rückblick auf das Geschehen im 16. Jahrhundert als auch auf das heutige. Die damaligen Geschehnisse in diesem Land sollten ein Mahnmal und Lehrstück des zivilen Friedens sein, so das Gemeinderatsmitglied.

Sichtbares Zeichen des Bleibens, Dauerns und Währens
Die aufständischen Bauern unterlagen vor 500 Jahren der Herrschaft. „Aber dass wir uns hier und heute versammelt haben, ist der schönste Beweis, dass sie nicht gescheitert sind“, bescheinigte Arnold Stadler. Die Männer hätten sich auch für diejenigen erhoben, die keine Stimme hatten. Der Schriftsteller halte deshalb das Wort „Held“ für das richtige Wort. Er begrüßte die Errichtung des Gedenksteins, er sei ein vielsagendes und sichtbares Zeichen des „Bleibens, Dauerns und Währens“. Ob die Namen auf dem Stein stimmen, könne man nicht mehr genau sagen, ebenso, was damals passiert sei, erklärte Bürgermeisterin Alexandra Kipp. Wichtig sei jedoch, dass die Männer ihre Unzufriedenheit in Aktion umsetzten, um für Gerechtigkeit, Freiheit und Mitbestimmung zu kämpfen und dafür ihren Tod in Kauf nahmen.
„Heute knirscht es an vielen Stellen.“Alexandra Kipp, Bürgermeisterin
Daraus seien erste demokratische Prozesse entstanden. „Heute knirscht es auch an vielen Stellen“, beschrieb sie. „Müssen wir warten, bis die Not so groß ist, dass wir alles riskieren“, stellte sie die rhetorische Frage und ermutigte gleichzeitig, schon vor einer Notlage Veränderungen anzugehen, zusammenzuarbeiten, Synergien zu nutzen und sich nicht im Kleinklein zu verlieren. „Veränderung geht von den Menschen aus, nicht von Systemen“, setzte sie sich für ein mutiges Engagieren und für Demokratie.

Im Zwiespalt zwischen Loyalität und Überzeugung
Überlingens Oberbürgermeister Jan Zeitler erinnerte in seiner Ansprache an den dramatischen Aufstand vor 500 Jahren, bei dem Zehntausende Menschen starben. „Der Preis war sehr hoch: Menschen wurden verhaftet, verurteilt und hingerichtet – unter denkbar zweifelhaften Umständen“, erläuterte er. Die Aufständischen seien meist im Zwiespalt zwischen Loyalität und Überzeugung gestanden, hätten gegen Brüder, Nachbarn und Freunde kämpfen müssen. Der Gedenkstein sei kein Grabstein und keine Anklage, sondern ermahne zum Innehalten, Gedenken und, was sein Wunsch sei, zum Verstehen.
Es sollte nicht nach der Schuld gesucht, sondern die große Verantwortung für die Gesellschaft gesehen werden. Dass Vertreterinnen und Vertreter der unterschiedlichen Städte und Gemeinden anwesend seien, „zeigt, wie weit wir heute gekommen sind“, betonte Zeitler. Der Freiheitsgedanke sollte präsent sein, wenn wir den Blick in die Welt werfen, die uns einiges abverlangen wird, schloss der Überlinger Oberbürgermeister seine Rede.