Als „Hidden Champion“ werden Firmen bezeichnet, die vornehmlich in der ländlichen Region beheimatet sind und dennoch in einem bestimmten Wirtschaftssektor gegen weltweite Konkurrenz bestehen. Am Ortseingang von Herdwangen ist der Sitz eines solchen „Hidden Champions“ – die Firma Prinoth. Im Gewerbegebiet Branden sind von der Landesstraße aus die auffällig lackierten Kettenfahrzeuge und mächtige Anbauteile zu sehen, die nach Sibirien, Peru, Brasilien, USA, Australien, Kanada oder Afrika transportiert werden. Dort werden sie zum Roden, Fräsen und Mulchen eingesetzt, beseitigen Dornengestrüpp und zermahlen Baumstümpfe, um landwirtschaftlich nutzbare Flächen zu schaffen.
Fahrzeuge aus Herdwangen-Schönach machen Land urbar
Auf Kuba sind beispielsweise aktuell 17 selbstfahrende Prinoth-Kettenfahrzeuge im Einsatz, um hunderttausende Hektar brachliegende Zuckerrohrflächen zu rekultivieren. „Das Unkraut wuchert dort extrem und riesige Dornenbüsche machen den Einsatz von bereiften Fahrzeugen oder gar Menschen unmöglich“, berichtet Geschäftsführer Michel van Wees über das Projekt. Und das gemulchte Material wird in ein Biomassekraftwerk transportiert und dann zur Energieerzeugung vor Ort genutzt.
Neue Produktionshalle wird 1200 Quadratmeter groß
Der große Erfolg hat zur Folge, dass Prinoth derzeit seinen Standort in Herdwangen erweitert. Eine neue Produktionshalle mit 1200 Quadratmetern wird gebaut und soll im Juni 2022 bezugsfertig sein. Aufgestockt wird auch der Personalbestand von derzeit 130 Mitarbeitern um zehn neue Beschäftigte und mittelfristig sollen 30 zusätzliche Arbeitsplätze entstehen, wie Kai Fetscher erklärt, der sich mit Michel van Wees die Geschäftsführung teilt. Die Produktionskapazität mitsamt der Betriebsfläche hat sich binnen fünf Jahren verdoppelt.
Prinoth-Vorstandschef sieht viel Potenzial
Auch der oberste Chef Vorstandsvorsitzende der Prinoth Gruppe, Klaus Tonhäuser, ist vom Konzernsitz Stammsitz in Sterzing in Südtirol zum SÜDKURIER-Gespräch virtuell zugeschalten und lobt die Arbeit in Herdwangen, einem von weltweit vier Prionth-Standorten. Etwa 60 Kettenfahrzeuge und 1000 Anbaugeräte werden dort aktuell zusammengebaut, wobei die enorme Typenvielfalt, kombiniert mit zahlreichen Variationen dafür sorgt, dass die Beschäftigten keine monotone Fließbandarbeit verrichten. Höchst erfolgreich agiert Prinoth auf dem US-Markt, wo Klaus Tonhäuser noch viel Potenzial sieht und mit der Übernahme der Firma Jarraff Industries vor wenigen Wochen, sich noch besser positionierte.
Unternehmen in USA ist neue Tochtergesellschaft
Jarraff hat sich auf die Entwicklung, Herstellung und Kommerzialisierung von qualitativ hochwertigen Geräten für Trassenpflege, Flächenräumung sowie Baumpflege spezialisiert. Mit dem Baum-Schneidefahrzeug können Bäume entastet oder gestutzt werden, die sich beispielsweise in gefährlicher Nähe zu Stromleitungen befinden, ohne dass Mitarbeiter gefährdet werden. Im Vegetationssektor sieht Klaus Tonhäuser einen großen Wachstumsmarkt für Prinoth und die Fahrzeuge aus Herdwangen, die bei gleicher Power weniger Tonnage als die Konkurrenz haben. „Das vermindert den Bodendruck enorm, was der nachhaltigen Bodenbewirtschaftung zugute kommt“, erklärt der Prinoth-Chef und ergänzt, dass das Unternehmen nicht in der Landwirtschaft tätig ist.
In Russland mulchen „Raptoren“
Aus Herdwangen stammen auch Fahrzeuge, die beim Forstmulchen in einem Arbeitsgang beispielsweise Wurfholz, Wurzelstöcken und ähnliches Material entfernt, zerkleinert, und dem Ökosystem in zerkleinerter Form zurückgeführt. Die Nachfrage nach diesen Innovationsprodukten erhöht sich stetig. „Das ungenutzte Land freimachen für landwirtschaftliche Bearbeitung ist unser Business“, bringt Michel van Wees das Geschäftsmodell auf den Punkt. So mulchen in Russland Fahrzeuge der Reihe „Raptoren“ Baumstümpfe bis in der Erde, errichten Feuerschneisen, um die Ausbreitung von Waldbränden zu verhindern oder machen den Weg frei für kilometerlange Hochspannungsleitungstrassen oder andere Infrastrukturprojekte.
Teamarbeit als Leitmotiv
Im Gespräch mit der Geschäftsführung wird deutlich, dass Prinoth, so wie viele Unternehmen der Region, neben dem mangelhaften Breitbandausbau vor allem ein Problem hat – den akuten Personalmangel. „Das ist wirklich der Flaschenhals“, sagt Kai Fetscher. Ob Logistik, Montage oder Mechatroniker – gesucht werden Auszubildende und Fachkräfte, die Teamarbeit und flache Hierarchien schätzen, und die neugierig auf Weiterentwicklung sind. Dazu gibt es im Prinzip eine Jobgarantie, denn die Firma übernimmt jeden Azubi. „Wir suchen keine Arbeiter, sondern Mit-Arbeiter“, bringt Geschäftsführer Fetscher die Firmenphilosophie auf den Punkt.
Prinoth ist eine Tochtergesellschaft von HTI
Die Firma ist eine der weltweit führenden Hersteller von Pistenfahrzeugen, Raupenfahrzeugen sowie Fahrzeugen und Geräten für das Vegetationsmanagement. Prinoth ist Teil der High Technology Industries (HTI-Gruppe), die weltweit auf den Märkten für Seilbahnen, Pistenfahrzeugen und Raupenfahrzeugen, Windenergie und Beschneiungsanlagen tätig ist. Der Jahresumsatz von HTI betrug 2019 rund 1,05 Milliarden Euro und rutschte im Corona-Jahr 2020 unter die Milliardengrenze. Die Gruppe hat mehr als 70 Tochtergesellschaften, mehr als 130 Verkaufs- und Servicestellen und beschäftigt weltweit 3800 Mitarbeiter. Die Tochterfirma Prinoth beschäftigt rund 800 Mitarbeiter, darunter 130 Arbeitnehmer am Standort Herdwangen.
Stammsitz der Unternehmensgruppe ist in Südtirol
Die Unternehmensgruppe High Technology Industries (HTI) hat ihren Hauptsitz in Sterzing in Südtirol und wurde im Jahr 1888 gegründet. Tochtergesellschaften sind die Leitner AG, Prinoth, Pomagalski, Leitwind GmbH und im Oktober 2021 wurde die im US-Bundesstaat Minnesota gegründete Jarraff Industries übernommen, die sich auf die Entwicklung, Herstellung und Kommerzialisierung von qualitativ hochwertigen Spezialgeräten für Trassenpflege, Flächenräumung sowie Baumpflege spezialisiert hat.