Die Ernährung der stetig wachsenden Weltbevölkerung macht es notwendig, neue Proteinquellen zu erforschen und zu nutzen. Andrea Maier-Nöth, die in Hohenfels lebt und Professorin an der Hochschule Albstadt-Sigmaringen ist, leitet mit ihrem Team im neu eröffneten Innovationscampus Sigmaringen das Forschungsprojekt „Pflanzliche Proteine und ihre Nebenströme“.

Einer der fünf Verbundpartner im Projekt, das vom Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz gefördert wird, ist der Biolandhof Kelly-Warnke in Herdwangen. Es geht um die Entwicklung innovativer Produkte mit nachhaltigen, regionalen Lösungsansätzen. Dabei werden unter anderem Eiweißlieferanten wie Lupinen und Hanf untersucht. Weitere nachhaltige Proteinquellen sind Bohnen, Erbsen, Linsen und Sojabohnen sowie neue Richtungen wie Insekten, Algen oder Laborfleisch.

Schmackhaft und nicht teuer

Linda Kelly baut mit ihrer Familie seit 2013 Süßlupinen an. Teil des Forschungsprojekts zu sein, ermöglicht es ihr, an Analysen und Verbrauchermeinungen zu kommen, sich weiterzuentwickeln und ihr Wissen künftig auch an andere regionale Landwirte weiterzugeben. „Neue Produkte zu entwickeln ist gar nicht so einfach“, erklärt Andrea Maier-Nöth. „Ziel ist es, ein gesundes, klimaneutrales Produkt zu entwickeln, das schmeckt und nicht wesentlich teurer ist als Fleisch.“

Man müsse auch herausfinden, wie viel pflanzliches Protein gut für den Körper sei. „Tierisches Protein wird vom Körper ganz anders aufgenommen als pflanzliches.“ Die Idee hinter dem Forschungsprojekt sei also, nachhaltige Proteinquellen zu finden und dabei zu berücksichtigen, was die Konsumenten wollen und wie sie es in ihrem täglichen Leben über Mahlzeiten umsetzen können. Man müsse auch klären, wie diese neuen nachhaltigen Pflanzenproteine in großen Mengen vertragen werden und wie der Körper reagiert, wenn unterschiedliche Protein-Mischungen aufgenommen würden.

Unterschiedliche Wünsche

„Der Konsument von heute ist zwiegespalten,“ erklärt Wissenschaftlerin Andrea Maier-Nöth. Ein Teil stehe für Schnelllebigkeit und suche schnelle Befriedigung über die Ernährung beispielsweise mit Convenience-Produkten und Essen für unterwegs. Die andere Gruppe habe das Bedürfnis nach frischen, natürlichen und regionalen Produkten, wolle selber kochen und ihre Mahlzeiten genießen.

„Wir versuchen, beide Gruppen zu verstehen.“ Andrea Maier-Nöth sagt, Ernährung werde oft nicht mehr rational, sondern emotional kommuniziert. Sie betont: „Hier ist es wichtig, die richtige Ernährungsbildung wieder unter die Bevölkerung zu bringen.“

Lupinen-Anbau durch Zufall

Seit dem dritten Quartal 2021 arbeitet Linda Kelly in dem Projekt „Bioökonomie und nachhaltige Proteinquellen“ mit Andrea Maier-Nöth zusammen. Sie sagt: „Unser Hof ist ein schöner Treffpunkt für die Projektpartner. Bei diesem Zukunftsprojekt arbeiten wir an Werten für Mensch und Umwelt.“

Zum Anbau von Lupinen kam es durch einen Zufall, erinnert sich Linda Kelly. Der Weizen sei über den Winter erfroren. Sie habe damals etwas über Süßlupinen gelesen und gedacht, wenn die auch so blühten wie im Garten, könne man sie säen und später als Blumen pflücken. Allerdings entpuppten sich die Blüten als weiß und eher unscheinbar.

Nur gezüchtete Süßlupinen sind essbar

Jedoch können Lupinen in der nachhaltigen Ernährung einen wichtigen Platz einnehmen, denn sie sind hervorragende pflanzliche Eiweißquellen. Die begeisterte Biolandwirtin erklärte, dass die für den Verzehr gezüchteten Süßlupinen-Sorten gleich verwendet werden können, während die wilden beziehungsweise Garten-Lupinen giftig seien.

Familie Kelly-Warnke fing mit einem Hektar an, daraus wurden sechs und nun wollen sie die Lupinen-Anbaufläche auf zehn Hektar erweitern. In einer kleinen Manufaktur auf dem Hof entstehen verschiedene Lupinenprodukte. Aus den Hülsenfrüchten der Pflanzen, den Lupinensamen, werden Lupinenkerne, -schrot oder -mehl gewonnen.

Linda Kelly erzählt: „Mit dem Projekt planen wir einen Lupinen-Keimschrank zu entwickeln und zu bauen, in dem wir die Samen prozesssicher keimen lassen können. Durch den Keimvorgang werden weitere Nährstoffe aufgeschlossen und die Hülsenfrucht dadurch sehr wertvoll in der menschlichen Ernährung.“

Müsli, Nudeln und Kaffee

Lupinenflocken verfeinern das Müsli, Lupinenschrot kann wie Couscous gegart werden und Lupinenmehl kann etwa ein Fünftel herkömmlichen Mehls ersetzen. Auch Nudeln stellt Familie Kelly-Warnke her. Die Lupinenwürze wird sechs Monate traditionell gebraut, sie ist das Pendant zur Sojasauce.

Auch ihr Lupinenkaffee komme gut an. „Der Kaffee ist reizstoff-, koffein- und glutenfrei, also sehr magenfreundlich und gut verträglich. Nur Allergiker mit einer Überempfindlichkeit auf Hülsenfrüchte sollten sich an die Lupinen erst mal herantasten“, so die Landwirtin.

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„Wir entwickeln viele Konzepte rund um die Lupinen, kommen dabei von einem ins nächste, und überlegen immer, was man daraus noch machen könnte“, beschreibt Linda Kelly. An die zwei Konsumententypen, die Andrea Maier-Nöth erwähnt, hat sie ihren Kaffee schon angepasst: Es gibt ihn als ganze Bohnen oder gemahlen und bald auch als bereits aufgebrühtes, ausgepresstes Konzentrat in der Flasche, das nur noch mit heißem Wasser oder Milch aufgegossen werden muss.