Direkt an Landrätin Stefanie Bürkle als Vorsitzende des Aufsichtsrates der SRH Kliniken Landkreis Sigmaringen GmbH sowie den Kreistag wendet sich der Gemeinderat Bad Saulgau mit einer Resolution. Man sehe die dringliche Notwendigkeit, hier gegebenenfalls neuerlich zukunftsfähige Strukturen an allen Standorten des Klinikverbundes (Bad Saulgau, Pfullendorf und Sigmaringen, d.R.) zu überdenken und aufzubauen. Diese sollten neben rein wirtschaftlichen Ansätzen auch die notwendigen Bedürfnisse der Bevölkerung zur flächendeckenden Grundversorgung in den unterschiedlichen regionalen Teilbereichen des Landkreises berücksichtigen. Diese Vorgabe sei Grundlage des damaligen Zweckbündnisses mit dem SRH-Konzern gewesen, „das aus unserer Sicht leider dem damaligen Geist der Vereinbarungen nicht mehr gerecht wird.“
„Klares Versäumnis oder gar bewusste Untätigkeit“
Die SRH-Geschäftsleitung begründet die geplante Verlagerung mit Personalmangel, der ab 1. Juli einen medizinisch verantwortungsvollen Betrieb nicht mehr zulasse. Sobald wieder ausreichend Hebammen zur Verfügung stehen, soll die Geburtsstation Bad Saulgau wieder öffnen. Dies versicherten die SRH-Geschäftsführung und Landrätin Stefanie Bürkle bei einem Pressegespräch am Montag mehrfach. In seiner Resolution erklärt der Gemeinderat die eingetretenen Personalprobleme als absehbar und dauerhaft vorhersehbar gewesen sei: „Insoweit muss es als klares Versäumnis oder gar bewusste Untätigkeit der jeweiligen Geschäftsleitung der SRH-Kliniken angesehen werden, hier nicht nachhaltig und frühzeitig Personal bedarfsgerecht ausgebildet, neu eingestellt und/oder bestehendes Personal durch geeignete tarifliche Anreize und flexible Arbeitszeitmodelle an das Unternehmen langfristig gebunden zu haben.“
„Kein gesteigertes Interesse an einer Lösung des Problems“
Dies nähre die Vermutung in der Bürgerschaft, dass im Verbund mit dem Hinweis auf ein noch vorzulegendes medizinisches Konzept für die Kliniken ggf. seitens der Klinikleitung bzw. Klinikbetreiber kein gesteigertes Interesse an einer echten Lösung des Problems bestehe. Es gelte, dem öffentlichen Eindruck eines strategischen Prozesses von Abbau oder vermeintlicher Gesundschrumpfung als Vorstufe einer Klinikabwicklung durch eine klare politische Bestandsgarantie des Kreistages für den Standort Bad Saulgau als größte Stadt im Landkreis entgegen zu treten.
Wenn nötig, Vertragsverhältnis im SRH-Verbund in Frage stellen
Wörtlich heißt es in der Resolution: „Der Gemeinderat der Stadt Bad Saulgau ist zur Sicherung einer nachhaltigen Entwicklung des Schul-, Gesundheits- und Wirtschaftsstandortes Bad Saulgau nicht bereit, weitere Verlagerungen zentraler Daseinsvorsorge aus Bad Saulgau zu akzeptieren.“ Neben der schnellstmöglichen Inbetriebnahme der Geburtsstation wird auch der langfristige Erhalt des Klinikstandortes Bad Saulgau gefordert. Erforderlichenfalls müsse das Vertragsverhältnis im SRH-Verbund in Frage gestellt werden und die drei Kliniken wieder in eine gesicherte Zukunft in maßgeblicher Verantwortung und/oder Trägerschaft des Landkreises zu übernehmen.
Politiker und Parteien melden sich zu Wort
Die grüne Landtagsabgeordnete Andrea Bogner-Unden, findet die Entscheidung sehr schade und bedauerlich, will sich aber an Spekulationen, wer oder was an der Situation in Bad Saulgau Schuld trage, nicht beteiligen. Das Land könne nicht viel machen, verweist sie darauf, dass es den Stadt- und Landkreisen obliege, die Bevölkerung mit Krankenhausleistungen zu versorgen, wo man allerdings eine strukturelle Debatte führen müsse. „Mittelfristig werde ich mich für den Erhalt aller drei Klinikstandorte Bad Saulgau, Pfullendorf und Sigmaringen und für eine bestmögliche Gesundheitsversorgung aller Bürger im Landkreis Sigmaringen einsetzen.“
Klaus Burger: „Ich sehe die SRH in der Pflicht!“
Ihr CDU-Landtagskollege und Kreisrat Klaus Burger spricht von einem sensiblen Thema, auch weil Befürchtungen im Raum stünden, dass mit dieser ersten Schließung auch das Ende des Klinikstandorts Bad Saulgau insgesamt eingeläutet werden soll. Das Problem der Hebammenversorgung betreffe nicht nur den Standort Bad Saulgau, verweist Burger auf den Koalitionsvertrag, wo der Ausbau von Hebammengeführten Kreißsälen versprochen werde. „Diesen Strohhalm sollten wir zu ergreifen versuchen, was allerdings mehr als schwer werden dürfte!“ Als Kreisrat ergänzt der CDU-Politiker, dass er die SRH in der Pflicht sehe, diesen Zustand so schnell wie möglich zu beenden und die Geburtshilfe in Bad Saulgau so schnell wie möglich wieder aufzunehmen. An seiner Grundauffassung, alle drei Standorte in Sigmaringen, Bad Saulgau und Pfullendorf zu erhalten, halte er weiter fest.
Grüne unterstützen kommunale Trägerschaft der Krankenhäuser
Der Kreisverband Sigmaringen von Bündnis 90/Die Grünen bedauert in einer Pressemitteilung die Schließung der Geburtsstation und konstatieren, dass hier verschiedene Faktoren beigetragen hätten, wie strukturelle Vorgaben, die seit Jahren bekannt sind und auf Bundesebene dringend verändert werden müssten. „Aber es entspricht auch der Wahrheit, dass seit der Übernahme der Kliniken durch SRH die Berichte über Missmanagement und fehlende Wertschätzung des Personals nicht abreißen“, erklärt Kreisvorsitzender Klaus Harter. Wenn nun diskutiert werde, die Kliniken in die kommunale Trägerschaft zurückzuführen, unterstützten die Grünen diese Forderung unterstützen. „Warum Bereiche kommunaler Daseinsvorsorge und damit auch das Gesundheitswesen immer noch gewinnorientierten Unternehmen überlassen werden, lässt sich nur schwer erklären“, heißt es in der Pressemitteilung, dass auch ein kommunaler Träger denselben Mechanismen der Finanzierung unterliege. Deshalb müsse das Finanzierungssystem der deutschen Krankenhäuser erneuert werden.
FDP: „Keine Salamitaktik“
Auch der FDP-Kreisverband meldet sich zu Wort und nach Angaben des stellvertretende Vorsitzenden und Landtagskandidaten Dr. Björn Brenner zeige sich bei der Entscheidung wieder einmal die Qualitäten eines Managements dadurch, dass man Probleme nicht anpacke und im Sinne der Menschen innovativ bzw. bürgerorientiert, nachhaltig gelöst werden. Erst wenn es zu spät ist oder unternehmenspolitisch gewollt, scheint die einzige Lösung oftmals „Die Schließung“. Insbesondere mit Blick auf den entstehenden Umbau/Neubau in Sigmaringen wirke die Entscheidung doch tendenziös. „Fast könnte der Eindruck gewonnen werden, wirtschaftliche Faktoren spielten hier die Hauptrolle“, erklärt Brenner. Dass die schwierigen Arbeitsbedingungen und Abläufe in dem stiftungsgetragenen Krankenhaus kein neues Problem sind, zeige auch der Umstand, dass der Klinikvorstand für das vergangene Jahr nicht in Gänze entlastet wurde. Die FDP setze sich für Spitzenmedizin ein, was bedeute, dass alle drei Klinikstandorte erhalten bleiben müssen: „Es darf nicht in einer Salamitaktik versucht werden, Stück für Stück durch vermeintlich verantwortungsvolles Handeln einzelne Standorte zu schwächen und damit gleichzeitig die Gesundheitsvorsorge vor Ort zu gefährden.“
FDP macht Schließung der Geburtshilfe zum Thema im Landtag
Der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion Jochen Haußmann hat am 17. Juni bereits kleine Anfrage im Landtag eingebracht, informiert Björn Brenner. Er stelle die richtigen Fragen, um mehr Licht in das ganze Geschehen zu bringen, so der FDP-Kreispolitiker. Es müsse klar werden, wie es in Bad Saulgau weitergeht. Und vor allem bräuchten werdende Mütter gute Strukturen in der Geburtshilfe, die auch in dringenden und erst recht in Notfällen tragfähig seien: „Wir wollen keine Geburten auf dem Rücksitz eines Autos auf irgendeinem Feldweg. „