Thomas Bareiß ist einer von zwei Bundestagsabgeordneten, die die Bürgerinnen und Bürger im Wahlkreis Zollernalb-Sigmaringen in Berlin vertreten. Der 47-jährige CDU-Politiker ist bei der Bundestagswahl im vergangenen September zum fünften Mal in Folge in das Gremium gewählt worden. Als Parlamentarischer Staatssekretär gehörte er von 2018 bis 2021 der Bundesregierung an. Aktuell ist er Obmann seiner Fraktion im Verkehrsausschuss. Der SÜDKURIER hat mit Thomas Bareiß ein Gespräch in Berlin geführt, um unter anderem zu erfahren, was sich an seiner Arbeit als Abgeordneter verändert hat, seit er der Opposition angehört und was ihn aktuell politisch beschäftigt.

Viele Fotos – ein Bild zeigt CDU-Gründer Konrad Adenauer – zieren das Büro von Thomas Bareiß.
Viele Fotos – ein Bild zeigt CDU-Gründer Konrad Adenauer – zieren das Büro von Thomas Bareiß. | Bild: Heinrich Sturm

Herr Bareiß, was bedeutet es für Sie, nicht mehr der Regierung anzugehören?

Opposition ist etwas Neues für mich. Die letzten vier Jahre in der Regierung waren eine unheimlich spannende, aufregende und arbeitsreiche Zeit. Aufgrund meiner Zuständigkeit für den Mittelstand, für Tourismus und für die Energiepolitik war ich direkt eingebunden in alle Corona-Hilfspakete und war mit einer der ersten Ansprechpartner für viele Unternehmen, auch aus unserer Region. Diese große Gestaltungsmöglichkeit hat man in der Opposition nicht mehr. Andererseits kann ich mich jetzt umso intensiver wieder als Abgeordneter einbringen und um die Anliegen aus meinen Wahlkreis kümmern. Jeder in der Politik muss sich immer im Klaren sein, dass Macht immer nur auf Zeit vergeben wird. Zur Demokratie gehört auch der Wechsel. Für unsere CDU ist es auch eine Chance, wieder mehr inhaltlich zu arbeiten und Grundsätze neu zu definieren.

Sie haben rund 15 Prozentpunkte verloren gegenüber der vorangegangen Bundestageswahl, wie erklären Sie Ihr Ergebnis?

Ja, trotz aller Freude über die Wiederwahl kann man nach so einem Ergebnis nicht zufrieden sein. Die Gründe dafür sind vielschichtig. Zum einen hat die CDU insgesamt stark verloren, zum anderen konnte ich persönlich im Wahlkampf und die eineinhalb Jahre davor wegen der Corona-Pandemie nicht viel vor Ort im Wahlkreis sein. Ich musste damals viel im Ministerium in Berlin sein. Dazu hatte ich sicherlich einen der härtesten Wahlkämpfe nicht nur in Baden-Württemberg, sondern bundesweit. Das war ein ganz hartes Rennen gegen Johannes Kretschmann, der ja als Star der Grünen von FAZ bis Süddeutsche Zeitung hochgespielt wurde. Dazu kam eine ganz neue Form von Wahlkampf, in dem Kampagnenorganisationen aus Berlin ganz gezielt gegen mich Wahlkampf gemacht haben. Ich finde es sehr bedenklich, dass Kampagnentruppen aus Berlin, mit Geldern, deren Herkunft man nicht kennt, ganz gezielt gegen eine Person Wahlkampf machen können. Letztendlich war das alles aber nicht erfolgreich und ich hatte am Ende immer noch zehn Prozentpunkte mehr als meine beiden Mitbewerber der SPD und den Grünen. Das von den Medien vorhergesagte Kopf-an-Kopfrennen hat also nicht stattgefunden.

Ihnen wurde nicht nur im Wahlkampf vorgeworfen, der sogenannten Aserbaidschan-Connection nahe gestanden oder gar angehört zu haben?

Alle Vorwürfe und Unterstellungen haben sich am Ende alle als unwahr herausgestellt oder konnten anstandslos aufgeklärt werden. In meiner damaligen Funktion im Europaausschuss und als zuständiger Energiekoordinator hab ich diese Reisen gemacht. Alles war transparent und ich hab zu keiner Zeit gegen eine Regel verstoßen. Bei den damaligen Reisen war das Thema Gasversorgung auch immer auf der Tagesordnung. Das wurde beispielsweise von den Grünen damals kritisiert. Heute verhandelt Habeck mit Katar und Aserbaidschan um mögliche Gaslieferungen. Das ist die Ironie der Geschichte.

Was beschäftigt Sie politisch, was auch die Bürgerinnen und Bürger in Ihrem Wahlkreis und besonders im Landkreis Sigmaringen betrifft?

Was in den nächsten Monaten mit den Energiepreisen passiert, ist natürlich ein ganz großes Thema. Wir haben erst heute Morgen in der Arbeitsgruppe Verkehr darüber gesprochen, was man tun kann, um die Menschen bei Benzin- und Dieselkosten zu entlasten. Die Leute bei uns sind einfach angewiesen auf ihr Auto, um zum Einkaufen zu fahren oder die Oma zu besuchen. Ich setze mich außerdem momentan dafür ein, dass die geplanten Verkehrsinvestitionen jetzt auch wirklich angepackt werden. So die neue B 311 in der Variante der Nordtrasse oder auch die Elektrifizierung und damit bessere Anbindung unserer Bahn. Wenn Straßenprojekte gestrichen werden sollen, wie es die Grünen ankündigen, oder das Geld massiv zusammengestrichen wird, müssen wir uns umso mehr für unsere Interessen einsetzen.

Wie oft sind Sie denn in Berlin und wie oft im Wahlkreis? Wie reisen Sie von Ihrem Wohnort Balingen an?

Grob gesagt so halb und halb. Oft fahre ich mit dem Auto nach Stuttgart und fliege von dort aus. Ich fahre auch ab und an mit dem Zug. Das ist zwar ein etwas größerer Aufwand, aber man kann auch im Zug einiges wegarbeiten.

Haben Sie ein 9-Euro-Ticket?

Nein, denn als Abgeordneter habe ich die Bahncard 100. Meine Frau hingegen hat sich sofort ein 9-Euro-Ticket gekauft und nutzt es sehr häufig. Allerdings ist das Angebot bei uns in den kleineren Gemeinden immer noch sehr eingeschränkt. Kurzfristig gesehen ist das Ticket eine tolle Sache, nach den drei Monaten wird sich aber nicht wirklich was nachhaltig verändert haben. Außer die Kosten von 2,5 Milliarden Euro, die bleiben und das Geld fehlt jetzt beim weiteren Ausbau. Für das Geld hätte man dreißig Bahnstrecken – wie die Verbindung von Sigmaringen nach Tübingen – elektrifizieren können.

Sie hatten kürzlich Besuch aus Sigmaringen in Berlin von Schülern der Bertha-Benz-Schule. Was stellen die für Fragen?

Die Fragen sind ganz unterschiedlich. Manchmal sehr politisch über inhaltliche Themen wie zum Beispiel Klimaschutz, oft aber auch unpolitische Dinge wie, was fahre ich für ein Auto oder wie viel ich verdiene.

Konnten Sie die Jugendlichen überzeugen, dass die CDU genug gegen den Klimawandel getan hat?

Wir haben den Anteil an Erneuerbaren Energien in den letzten sechzehn Jahren auf über vierzig Prozent gebracht. Deshalb finde ich es einfach nur ärgerlich, wenn manche behaupten, mit der CDU/CSU gab es kein Fortschritt in all den wichtigen Fragen. Wir haben mehr gemacht, als Bündnis90/Die Grünen vor sechzehn Jahren noch als Ziel ausgerufen haben.

Vermissen Sie etwas, wenn Sie in Berlin sind?

Ich vermisse das Grün und die Ruhe. Daheim weiß ich, dass es die Leute ehrlich mit mir meinen, da bin ich halt einfach der Thomas. In Berlin ist mein Tag immer komplett durchgetaktet und obwohl ich die Hauptstadt Berlin auch sehr schätze, bin ich oft froh, wenn ich am Freitag wieder nach Hause fahren darf.

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