Unter dem Titel „Hierbleiben… Spuren nach Grafeneck“ thematisiert das Straßentheater „Die Tonne“ aus Reutlingen das „Euthanasie“-Verbrechen, und zwar mit einer Aufführung am Montag, 14. Juni, ab 11 Uhr auf dem Rathausplatz in Sigmaringen. Durch die Begegnung mit den Darstellern mit Behinderung im öffentlichen Raum wird den Besuchern auch die heutige Situation der Menschen mit Handicap aufgezeigt.
Nazis ermordeten systematisch Menschen mit Behinderungen
Während ihrer zwölfjährigen Herrschaft frönten die Nazi-Verbrecher auch ihrem Wahn von der Rassengesellschaft und verübten eines ihrer schrecklichsten Verbrechen – systematisch wurden Menschen mit Behinderung umgebracht. Die berüchtigten „Grauen Busse“ kamen auch in das damalige Fürst-Carl-Landeskrankenhaus in Sigmaringen und deportierten Menschen mit Einschränkungen nach Grafeneck, die dort am Tag der Ankunft ermordet wurden. Insgesamt wurden im Jahr 1940 in der Zeit des Nationalsozialismus 10 654 Menschen mit Behinderungen oder geistigen Erkrankungen in Grafeneck ermordet, weil Sie den Nationalsozialisten als „lebensunwert“ galten.
25 Orte wurden Straßentheaterprojekt ausgewählt
In Anspielung an diese „Grauen Busse“, die damals zur Deportation dienten, wurden 25 Herkunftsorte der Menschen mit Einschränkungen in Baden-Württemberg für das Straßentheaterprojekt ausgewählt. Grafeneck ist Teil dieser 25 Orte, ebenso Sigmaringen. Der Theaterbus fährt mit dem inklusiven Ensemble, Requisiten, Bühnenbild, Kunstobjekten, etc. direkt vor Ort, um die performative Aufführung unter der Regie von Theaterintendant Enrico Urbanek umzusetzen.

Auseinandersetzung zwischen Ensemble und Publikum
Bei diesem Projekt verbinden sich nach Angaben der Veranstalter Choreografie, Musik, bildender Kunst, Medienkunst und dokumentarischen Elementen. Über die Auseinandersetzung zwischen Ensemble und Publikum werden zudem Denkanstöße gegeben, die weit über Betroffenheit und Information hinausgehen. Durch den Einsatz historischer Fakten in Zusammenarbeit mit dem Dokumentationszentrum Gedenkstätte Grafeneck, dem Kreisarchiv Sigmaringen sowie den SRH Kliniken wird bei der Aufführung am 14. Juni in Sigmaringen zudem ein direkter regionaler und gesellschaftlicher Bezug hergestellt.
Begegnungen zwischen Publikum und Ensemble sind möglich und erwünscht
Der Bus verweilt etwa zwei Stunden auf dem Rathausplatz und bietet verschiedene Begegnungen mit dem Ensemble. Die Interaktionen mit dem Publikum können aufgrund der Corona-Pandemie nur mit gebührendem Abstand stattfinden. Um die nötigen Abstände zwischen den Zuschauer einzuhalten, wird auf dem Rathausplatz eine Theatersituation aufgebaut, sodass Sitzplätze in einem abgesperrten Bereich vor der Bühne vorhanden sind. Der Eintritt ist frei, jederzeit kann man noch dazu stoßen und wieder weiterziehen. Am Einlass muss ein Nachweis über einen tagesaktuellen negativen Schnelltest, die Genesung oder über den vollständigen Impfschutz vorgezeigt werden.