Zu einer Geldstrafe von 1500 Euro ist ein 27-Jähriger vor dem Amtsgericht Sigmaringen verurteilt worden. Richterin Kristina Selig sah es als erwiesen an, dass der Mann aus einer Kreisgemeinde den Tatbestand der Volksverhetzung, der Verbreitung von rassistischen und pornografischen Inhalten im Internet in mehreren Fällen erfüllte. Belangt wurde der 27-Jährige auch wegen des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln, die sich bei einer Hausdurchsuchung in seinem Besitz befanden.

Vorwurf: Diffamierende Bild- und Textmontagen in WhatsApp-Gruppen verbreitet

Die Staatsanwältin hatte in ihrem Strafantrag sogar eine sechsmonatige Freiheitsstrafe für den gelernten Koch gefordert, die für zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt werden sollten. Für sie sei es eindeutig erwiesen, dass der Angeklagte diskriminierende und diffamierende Bild- und Textmontagen von Personen oder Kindern mit dunkler Hautfarbe in diversen WhatsApp-Gruppen verbreitet habe. Sie würden eine gewisse Gesinnung zeigen, nämlich „nationalsozialistisches Gedankengut“. Dessen Kollagen mit pornografischen Inhalt hätten auch nichts mit Kunst zu tun. Darauf hatte der Verteidiger des Angeklagten, Rechtsanwalt Harald Müller, in seinen Belehrungen gegenüber dem Gericht stets gepocht und versucht, dessen Bilder als „schwarzen Humor“ zu kennzeichnen.

Verteidiger wirft Ermittlern schlampige Ermittlungen vor

„Ich bin entsetzt, das ist verfassungswidrig“, empörte sich der Verteidiger über das geforderte Strafmaß der Staatsanwältin und setzte zu einem großen Lamento über angebliche schlampige und fehlerhafte Ermittlungen seitens der Ermittlungsbehörden an. Er versuchte seinen Mandanten gar als deren „Verfolgungsopfer“ darzustellen.

Ermittlungsbeamter reist extra aus Chemnitz an

Dabei war der Rechtsanwalt in der nunmehr dritten fortgesetzten Hauptverhandlung schon mit seiner These gescheitert, dass die Polizei in Chemnitz bei der Auswertung des Handys einer Minderjährigen – deren Mutter hatte dort die Bilder des Angeklagten entdeckt und dies angezeigt – eine manipulierbare Software verwendet hätte.

Der extra aus Chemnitz angereiste, mit der Auswertung des Gerätes befasste Ermittlungsbeamte sagte nun vor dem Sigmaringer Gericht als Zeuge aus, dass es zwar eine Sicherheitslücke bei der Software gab, die bei einem Laborversuch entdeckt worden sei. Doch diese sei bei der Entsicherung jenes Handys gar nicht angewandt worden.

Verteidiger äußert sich zu jedem einzelnen Anklagepunkt

In seinem Plädoyer machte der Verteidiger zu jedem einzelnen Anklagepunkt ellenlange, ausufernde Einlassungen, die wie Monologe in einem schlechten Theaterstück wirkten. So behauptete er, dass eine abgebildete sexuelle Handlung mit dem aufmontierten Kopf von Angela Merkel wortwörtlich „nicht zur Masturbationsvorlage geeignet ist“ – es wäre allenfalls als eine Beleidigung zu betrachten. Doch da die Ex-Kanzlerin keinen Strafantrag gestellt hätte, ergäbe sich auch keine Straftat. Eine Schlussfolgerung, die die Richterin aufgrund der Verächtlichmachung von Merkel wie so vieles mehr absolut nicht teilen konnte.

Keine Bewegungen auf dem Konto des Beschuldigten

Auch an den ikonenhaften Schriftmontagen zu den Porträts von Adolf Hitler mochte der Verteidiger nichts Verwerfliches zu finden, da sie ohne Hakenkreuz und SS-Runen dargestellt worden seien. Die Krönung seiner Ausführungen aber war, dass sich sein Mandant womöglich im Ausland befunden hätte und somit gar nicht strafrechtlich aufgetreten und demzufolge in sämtlichen Punkten freizusprechen sei. Doch auch diese Nebelkerze des Anwalts verdunkelte nicht die Tatsache, dass die Richterin in Kontakt mit dem Bankhaus des Angeklagten herausfand, dass es keine nachvollziehbare Kontobewegungen von ihm gab, die zum Tatzeitpunkt vor zwei Jahren auf einen Aufenthalt des 27-Jährigen in Bayern schließen ließen.

Schwester erscheint als Entlastungszeugin nicht vor Gericht

Eigentlich sollte die Schwester des Angeklagten dafür als Entlastungszeugin dienen, die sich nach Mutmaßungen des Anwalts dort angeblich aufgehalten hätte. Doch sie war trotz polizeilich erfolgter Vorladung nicht vor Gericht erschienen.

Die Empfehlung des Verteidigers, das Gericht möge das Verfahren gegen seinen Mandanten wegen des Besitzes von 3,7 Gramm Marihuana einstellen, da die neue Bundesregierung eine Legalisierung plane, lehnte Richterin Selig als Bestandteil dieser Hauptverhandlung ab.

Schon 2018 Verfahren wegen unerlaubten Besitz einer Schusswaffe

Bei ihrem Urteil habe sie auch zu berücksichtigen, dass der Angeklagte schon 2018 vor Gericht in Bad Saulgau wegen des unerlaubten Besitzes einer Schusswaffe einschlägig vorbestraft war. Ihm zu Gute hielt sie, dass er ein Studium aufgenommen habe und wegen noch laufender Bafög-Anträge über wenig Salär verfüge. Der Verurteilte hatte sich in seinem Schlusswort zuvor nur dahingehend geäußert, dass er der Meinung gewesen sei, dass seine Handlungen mit der Meinungsfreiheit gedeckt gewesen seien.