Die Bildhauerin Gudrun Krüger hätte dieses Jahr ihren 100. Geburtstag begehen können. Sie wurde in Tübingen geboren, studierte an den Staatlichen Akademien der Bildenden Künste in Stuttgart und Wien, verbrachte einen vierjährigen Studienaufenthalt in London und lebte ab 1945 als freischaffende Künstlerin in Eningen unter Achalm, bis sie im Jahr 2004 verstarb. Sie zählt zum festen Künstlerkreis, dessen Arbeiten die Galerie Wohlhüter in Thalheim seit ihrer Anfangszeit ausstellt. Insofern ist der Galerie dieser runde Geburtstag ein schöner Anlass, eine kleine Retrospektive zu zeigen. Um Krügers Schaffen in das Kunstgeschehen ihrer Zeit einzuordnen, lässt die Galerie die Skulpturen und Zeichnungen in Dialog treten mit den Kunstwerken von Gerda Bier, Franz Bucher, Kurt Frank, Ingrid Hartlieb, Romuald Hengstler, Emil Kiess, Wilhelm Loth, Rudolf Wachter und Herbert Zangs.

Werner Wohlhüter erläutert den Entwurf von Gudrun Krüger, auf dem genau beschrieben ist, wie die Umsetzung erfolgen soll.
Werner Wohlhüter erläutert den Entwurf von Gudrun Krüger, auf dem genau beschrieben ist, wie die Umsetzung erfolgen soll. | Bild: Isabell Michelberger

Kein leichter Weg

Geboren im Jahr 1922 hatte es Gudrun Krüger nicht leicht, den Weg der freischaffenden Künstlerin einzuschlagen. Frauen fanden in jener Zeit kaum Beachtung als Künstlerinnen. Ihr Schaffen wurde nicht ernstgenommen, und wenn es tatsächlich der ein oder anderen gelang, sich einen Namen zu machen, führte man dies beispielsweise auf enge und auch intime Beziehungen zu Professoren zurück. Wie Uwe Degreif bereits in der Ausstellung „Künstlerinnen im Landkreis Sigmaringen im 20. Jahrhundert“ in der Kreisgalerie im Meßkircher Schloss die Situation beschrieb: „Künstlerinnen galten als Ehefrauen mit einer künstlerischen Neigung.“ Gudrun Krüger hatte das Glück, dass sie einer wohlhabenden Familie entstammte und die Akademien in Stuttgart und Wien besuchen durfte. Allerdings kostete es sie Kraft, sich von ihren männlichen Mentoren zu emanzipieren und eine eigene Formsprache zu finden.

Das könnte Sie auch interessieren

Kreativste Phase in den 80er Jahren

Die Holzskulpturen sind geprägt von symbolhaften, floralen und geometrischen Elementen.
Die Holzskulpturen sind geprägt von symbolhaften, floralen und geometrischen Elementen. | Bild: Isabell Michelberger

In den 80er Jahren hatte die Künstlerin ihre kreativste Phase. Es entstanden die für sie typischen Holzskulpturen, die sich durch Formstrenge auszeichnen. Florale Elemente treten in Verbindung mit Symbolen, die aus der Kunst der Azteken bekannt sind: Augen, Sichel, Sterne. Zumeist sind die Arbeiten achsensymmetrisch ausgerichtet, die Linienführung ist streng geometrisch. Während die symmetrischen Arbeiten starr wirken, bekommen die schräg ausgerichteten Arbeiten mit wellenförmigen Linien Dynamik und Leichtigkeit. Bei extremer Schräge geraten die Skulpturen sogar in ein fragiles Gleichgewicht. Deren Oberflächen sind meist farbig. Sie betonen den geometrischen Aufbau. Die Reliefs in der Spätphase sind ganz in Weiß gehalten, nehmen aber das Formenrepertoire der Skulpturen auf. Die frühen Plastiken aus den 50er und 60er Jahren zeigen weiche, biomorphe Formen und bereits die Freude am Pflanzlichen.

Interessanter Kontrast

Die Arbeiten von Ingrid Hartlieb sind nahezu abstrakt.
Die Arbeiten von Ingrid Hartlieb sind nahezu abstrakt. | Bild: Isabell Michelberger

In der Galerie Wohlhüter ist der interessante Kontrast zwischen den Arbeiten von Gudrun Krüger und ihren Zeitgenossinnen und Zeitgenossen zu betrachten. Manches wirkt geradezu frech und frei im Vergleich zu Krügers strenger Geometrie. Vitalität steckt im großzügigen Malduktus von Romuald Hengstlers Spätwerk. Auch die Bildhauerin Ingrid Hartlieb experimentiert mit Form und Farbe, fast frei von Gegenständlichem. Herbert Zangs platziert Würfel in einer Kiste als Wandobjekt oder arrangierte Papiere zu einer Collage. Emil Kies lässt Farbflächen miteinander korrespondieren. Der künstlerische Dialog ermöglicht einen Vergleich der unterschiedlichen Ansätze und Themen.

Viel Schwung ist in diesem Spätwerk von Romuald Hengstler.
Viel Schwung ist in diesem Spätwerk von Romuald Hengstler. | Bild: Isabell Michelberger

Die Ausstellung ist bis zum 12. Juni zu sehen. Öffnungszeiten: freitags von 13 bis 18 Uhr, samstags von 10 bis 16 Uhr, sonntags von 11 bis 16 Uhr sowie nach Vereinbarung. Weitere Informationen:
www.galerie-wohlhueter.de