Seit drei Jahren sei das Thema Motorradlärm im Oberen Donautal nun intensiv in der Öffentlichkeit diskutiert worden, aber passiert sei wenig, meint Beurons Bürgermeister Raphael Osmakowski-Miller. Seine Gemeinde ist vom Krach besonders betroffen, denn sie erstreckt sich über einen Großteil des Tals entlang der Landesstraße 277. Bei schönem Wetter kommen an den Wochenenden hunderte Motorradfahrer ins Tal, um hier ihre Runden zu drehen. Der Krach nervt nicht nur direkte Anwohner der Straße, das Aufdrehen der Maschinen dringt bis in die Seitentäler, wie Wanderer berichten, die sich ebenfalls gestört fühlen. Zum Lärmproblem kommen zahlreiche Verkehrsunfälle unter Beteiligung von Motorradfahrern in der Region – oft verursacht durch eine unvernünftige Fahrweise. Bund, Land und Kreis haben zwar schon verschiedentlich reagiert, aber offenbar zu zaghaft, um das Problem wirklich in den Griff zu bekommen. „Wenn fünf Vögel brüten, dann wird eine Straße umgeleitet. Wenn wir Menschen durch den Lärm krank werden, dann interessiert das keinen“, klagt Osmakowski-Miller.

Viele unvernünftige Fahrer

Susanne Lermer wohnt direkt an der L 277 im Beuroner Ortsteil Hausen im Tal. Besonders laut seien die Quads. Die vierräderigen Motorräder fahren teilweise in ganzen Gruppen an ihrem Haus vorbei. Direkt nach der Kurve beschleunigten viele Motorradfahrer lautstark, berichtet sie. Die unvernünftigen Fahrer seien leider nicht in der Minderheit. Sie habe den Eindruck, dass die eine Hälfte der Fahrer leise fahren und die andere Hälfte unverhältnismäßig aufdrehen würde.

Fast alle Motorradfahrer ersetzen beim Kauf ihrer Räder die originale, leisere Auspuffanlage durch eine lautere, erzählt Marc Selig.
Fast alle Motorradfahrer ersetzen beim Kauf ihrer Räder die originale, leisere Auspuffanlage durch eine lautere, erzählt Marc Selig. | Bild: Sturm, Heinrich

Zum Spaß am Motorradfahren gehört es offenbar, dass die Maschinen eine gewisse Lautstärke entwickeln. Fast alle Motorradfahrer würden beim Kauf ihrer Räder die originale, leisere Auspuffanlage durch eine lautere ersetzen, erzählt Marc Selig. Der Balinger kommt gerne zum Motorradfahren ins Donautal. Auch er hat seinen originalen Auspuff ersetzt. Er sei aber auch Wanderer und habe das Lärmproblem am eigenen Leib erlebt, als er kürzlich zum ersten Mal zu Fuß im Donautal unterwegs gewesen sei. Seither bemühe er sich um eine leisere Fahrweise, meint Selig.

Motorenlärm statt Vogelgezwitscher

„Sonst wird man hier vom Vogel-Getwitscher geweckt, der Lärm am Wochenende hat uns schon überrascht“, meint eine Karlsruherin, die mit ihrer Familie auf dem Gutshof Käppeler in Beuron-Thiergarten Urlaub macht. Hier schallt es an den Wochenenden besonders laut, weil die große Felswand den Motorradlärm noch verstärkt. Sie würde aber trotzdem wieder kommen, weil es hier so schön sei, sagt die Urlauberin.

Kein Gewinn für den Tourismus

Nicht nur, dass ein Großteil des Krachs für das Fortbewegen der Motorräder offenbar unnötig ist, die Motorradfahrer lassen auch kaum Geld in der Region. „Sicher, der ein oder andere trinkt einen Kaffee“, meint Bürgermeister Raphael Osmakowski-Miller. Wer aber in Beuron einkehre, gut esse und übernachten würde, das seien die Wanderer, fügt er an. Der Tourismus in der Region würde von den Motorradfahrern kaum profitieren.

Halterhaftung gefordert

Wenn wir Menschen durch den Lärm krank werden, dann interessiert das keinen, klagt Osmakowski-Miller.
Wenn wir Menschen durch den Lärm krank werden, dann interessiert das keinen, klagt Osmakowski-Miller. | Bild: Sturm, Heinrich

Die Raser im Donautal kommen eigentlich immer ohne Strafe davon, denn es gibt fast keine Kontrollen durch die Polizei. Dazu werden die Fahrer von Blitzern meistens nicht erwischt, weil sie aufgrund des Helms und fehlendem Frontkennzeichen nicht zu ermitteln sind. Osmakowski-Miller fordert deshalb, dass in Zukunft bei Vergehen von Motorradfahrern der Halter haftet und nicht wie bisher der Fahrer. Er findet auch, dass die Polizei im Donautal zu wenig kontrolliere: „Das bringt halt nichts, wenn man das einmal im Jahr macht, das muss man öfters machen“, sagt der Beuroner Bürgermeister. Zumeist würde die Polizei nur in der Woche kontrollieren und nicht an den Wochenenden.

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Unterstützung verspricht sich Osmakowski-Miller von der „Initiative Motorradlärm“, einem Zusammenschluss von mittlerweile über 80 Kommunen und Kreisen im Land, dem auch die Gemeinde Beuron angehört. Die Initiative konnte immerhin einen Beschluss des Bundesrats bewirken, dass die Bundesregierung sich für weniger Motorradlärm einsetzen soll. In diesem Beschluss fordert das Gremium auch, dass die Bundesregierung eine Lösung dafür finden solle, dass Motorradfahrer bei Verkehrsvergehen häufig einer Strafe entgingen. Doch dazu hieß es von der Bundesregierung bisweilen nur, dass sie die Halterhaftung „wegen des verfassungsrechtlich verankerten Schuldprinzips“ für bedenklich halte.

Rüttelstreifen bringen gegen den Lärm nichts

Rüttelstreifen sollen die Motorradfahrer abbremsen.
Rüttelstreifen sollen die Motorradfahrer abbremsen. | Bild: Sturm, Heinrich

Die L 197 zwischen Beuron-Thiergarten und Stetten am kalten Markt ist wegen ihrer Kurven ein Hotspot für Motorrad-Raser, an dem es immer wieder zu Unfällen kommt. In einem Pilotprojekt haben Land und Kreis im April sogenannte Rüttelstreifen angebracht, die die Fahrer zwingen sollen, ihre Geschwindigkeit zu verringern. Für die Verkehrssicherheit würde das etwas bringen, aber die Geräuschkulisse bleibe, auch weil die Fahrer nach dem Abbremsen an den Rüttelstreifen wieder stark beschleunigen würden, meint Osmakowski-Miller. Er kann sich vorstellen, dass man die L 197 für Motorradfahrer in Richtung Tal zur Einbahnstraße macht. Das könnte aus seiner Sicht den Lärm reduzieren, weil bergauf mehr Gas gegeben würde. Außerdem müssten die Fahrer, die die Strecke immer nur rauf und runter fahren, sich einen anderen Rückweg suchen.

Keine wirkliche Lösung in Sicht

Bis ein wirklicher Politikwechsel stattfindet, der unvernünftiges Motorradfahren wirklich sanktioniert, wird man im Oberen Donautal wohl weiterhin nur punktuell am Lärmproblem „rumdoktern“ können. Osmakowski-Miller hat Schilder bestellt, die die Fahrer zu einer leisen Fahrweise auffordern. Doch viel verspricht er sich nicht davon. Vielleicht muss der Protest lauter werden, damit sich etwas ändert? In der Gesamtgemeinde Beuron gibt es bisher keine Bürgerinitiative gegen Motorradlärm.